Leitsatz

  1. Geruchsstörende Nutzung eines Teileigentums als Pizzeria (Anschluss der Abluftanlage am gemeinschaftlichen Schornstein)
  2. In Nutzungsfragen eines Teileigentums sind auch nachbarschützende bauordnungsrechtliche Vorschriften zu berücksichtigen
 

Normenkette

§ 15 Abs. 3 WEG

 

Kommentar

  1. Ein Teileigentum im Erdgeschoss wurde in der Teilungserklärung mit "gewerblichen Räumen" umschrieben, im Aufteilungsplan als "Laden" gekennzeichnet mit dem zusätzlichen handschriftlichen Vermerk "Imbiss". Nach jahrelanger Führung von Gastronomiebetrieben in diesem Teileigentum wird dort im Augenblick ein Restaurant geführt. Dabei wurde eine Küchenabluftanlage installiert und an einen bis dahin unbenutzten Schornstein angeschlossen, der auf dem Dach der Eigentumsanlage endet. Ein Dachgeschosswohnungseigentümer beschwerte sich zunehmend über störende Küchendünste, die aus dem Schornstein austraten. Er berief sich darauf, dass dieser Schornstein für Kohleöfen mit der Abluftanlage eines Restaurants nicht kompatibel sei.
  2. Jeder Eigentümer ist zunächst für solche Abwehransprüche gegen Störungen antragsbefugt (h.M.). Sondereigentum darf nur im Rahmen der getroffenen Vereinbarungen genutzt werden, Änderungen und Überschreitungen einer allein berechtigten Nutzung führen zu Unterlassungsansprüchen (vgl. Wenzel in Bärmann/Pick/Merle, 10. Aufl., § 15 Rn. 45).

    Vorliegend durfte nach den getroffenen Vereinbarungen in der Einheit ein Restaurant in Form einer Pizzeria geführt werden. Übliche Geruchsbelästigungen im Rahmen eines solchen Betriebs müssen die Eigentümer hinnehmen. Somit kann auch nicht das Unterlassen jeglicher Störungen durch die Abluft eines solchen Speiselokals beantragt werden.

  3. Im vorliegenden Fall kann es allerdings zutreffen, dass der vorhandene Schornsteinzug bauordnungsrechtlich nicht dafür zugelassen ist, durch ihn auch von einer Lüftungsanlage angesaugte Abluft aus dem Speiselokal abzuführen. Bestätigt sich dies, besteht ein Anspruch auf Unterlassung der Nutzung des Schornsteinzugs für den Anschluss und den Betrieb einer solchen Abluftanlage auf der Grundlage der §§ 1004 BGB, 15 Abs. 3 WEG, weil sich bauordnungsrechtliche Beschränkungen im Gemeinschaftsverhältnis der Eigentümer dahin auswirken, dass dann eine solche Nutzung gemeinschaftlicher Bauteile bzw. Einrichtungen unzulässig ist. Bauordnungsrechtliche Vorschriften prägen und beschränken die Nutzungsbefugnisse der Sondereigentümer im Verhältnis zueinander jedenfalls dann, wenn diese Vorschriften nachbarschützenden Charakter haben. Bei der Beurteilung der Zulässigkeit baulicher Veränderungen ist dies bereits von der Rechtsprechung anerkannt (BayObLG, NZM 2001, 769; NZM 2001, 815; OLG München, ZMR 2008, 566). Vorliegend müsste deshalb geprüft werden, ob es sich um eine Lüftungsanlage handelt, die den Anforderungen des § 42 Abs. 3 und 4 der Bauordnung NRW entspricht. Lüftungsanlagen sind nach Abs. 3 dieser Vorschrift so herzustellen, dass sie Gerüche und Staub nicht in andere Räume übertragen. Die Vorschriften haben ersichtlich im Hinblick auf den Brandschutz sowie die Vermeidung von Geruchsimmissionen nachbarschützenden Charakter. Diese Grundsätze gelten auch bei wohnungseigentumsrechtlich zulässiger gewerblicher Nutzung eines Teileigentums. Daraus ergibt sich nur die Zulässigkeit der Nutzungsart als solcher, jedoch kein Anspruch darauf, vorhandene bauliche Anlagen über den vorgegebenen bauordnungsrechtlichen Rahmen hinaus nutzen zu können, um eine bestimmte Form gewerblicher Nutzung des Sondereigentums realisieren zu können (vgl. auch BayObLG, OLGR 2006, 812). Die Entscheidung OLG München (ZMR 2007, 215) ging i. Ü. von einem anderen Sachverhalt aus.
  4. Aufgrund erforderlicher weiterer tatsächlicher Ermittlungen musste hier das Verfahren an das Amtsgericht zurückverwiesen werden, da bislang erforderliche Feststellungen insgesamt noch nicht getroffen wurden und die tatsächlichen Ermittlungen im Verfahren erster Instanz durchgeführt werden sollten.
 

Link zur Entscheidung

OLG Hamm, Beschluss v. 9.1.2009, 15 Wx 142/08

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