Leitsatz

Auch bei Beschlussfassung über eine Verwalterbestellung gilt ein etwa abweichend vom Kopfprinzip vereinbartes Stimmrechtsprinzip (vorliegend: das Objektprinzip)

 

Normenkette

§§ 26, 43, 46 und 49 Abs. 2 WEG

 

Kommentar

  1. Die Beschlussfassung zur Wirksamkeit einer Verwalterbestellung beurteilt sich ausschließlich nach der in der Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung vereinbarten Abstimmungsregelung. Sinn und Zweck der Regelung in § 26 Abs. 1 Satz 5 (nicht Satz 4) WEG ist nach der Gesetzesbegründung zur Reform dieser Vorschrift ausschließlich die Verhinderung einer Bevormundung der Wohnungseigentümer durch Außenstehende. Ein anderes vereinbartes Stimmrecht als das Kopfprinzip kann nicht als Beschränkung einer Bestellung (oder Abberufung) des Verwalters angesehen werden. Ob eine Bestellung durch Mehrheitsbeschluss nach dem Kopfprinzip oder etwa nach dem hier vereinbarten Objektprinzip erfolgt, hat per se keinen Einfluss auf die Entscheidungsfreiheit der Eigentümer; Gesetzeszweck ist es auch nicht, Minderheiten zu privilegieren und Eigentümer, welche Anteilsmehrheiten besitzen sowie das Gros der Kosten tragen, quasi zu entrechten. Eine Verwalterbestellung ist auch nicht auf Biegen und Brechen zu simplifizieren, was sich bereits daraus ergibt, dass das Gesetz nirgendwo vorschreibt, dass überhaupt ein Verwalter zwingend bestellt werden muss; nur gegen die unberechtigte Beeinflussung von außen sollte insoweit eine Schranke gezogen werden. Keinesfalls wollte der Gesetzgeber, dass ein Verwalter durch entsprechendes Taktieren mit einigen wenigen "Köpfen" die wirklich tragenden Mitglieder der Gemeinschaft "ausbooten" kann, um möglicherweise das fehlende Vertrauen von Hauptanteilseigentümern, welches als Grundbasis für eine gedeihliche Zusammenarbeit und damit für das Wohlergehen der Gemeinschaft unabdingbar ist, einfach zu umgehen. Gerade dies wäre ein Eingriff von außen auf die Gemeinschaft. Die gesetzliche Bestimmung kann deshalb nicht als Ausschluss anderer Abstimmungsgrundsätze des Kopfprinzips interpretiert werden, also auch nicht als Verbot einer Abstimmung nach vereinbartem Objektprinzip.
  2. Im vorliegenden Fall stimmte der Verwalter als Vertreter des Mehrheitseigentümers bei der Abstimmung über seine Wiederbestellung weisungsgemäß mit "Nein". Nach vereinbartem Objektprinzip wären allerdings 27 Stimmen des Mehrheitseigentümers von insgesamt 45 Stimmen mit "Nein" zu zählen gewesen, sodass entgegen seiner Verkündung der Beschluss abgelehnt worden wäre. Bei seiner Anwendung des Kopfprinzips verkündete er allerdings mehrheitliche Wiederbestellung. Auf Anfechtung hin musste deshalb der Beschluss für ungültig erklärt werden.
  3. Der Verwalter wurde auch nach § 49 Abs. 2 WEG verurteilt, die Kosten des Anfechtungsverfahrens zu tragen, da seine unangekündigte Abkehr von der bisher praktizierten und in der Teilungserklärung vereinbarten Stimmbewertungsregelung als grobes Verschulden angesehen wurde.
  4. Unter Berücksichtigung der Verwaltervergütung für den beschlossenen Zeitraum und Reduzierung auf 50 % des Interesses der Parteien wurde der Streitwert nach § 49a GKG festgesetzt.
Anmerkung

In gleicher Weise entschied jüngst auch das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg mit Urteil vom 7.4.2010, 72 C 7/10, vgl. Gruppe 2, S. 7682. Allerdings verwundert mich doch vorliegend die "strenge" Kostenentscheidung zulasten des Verwalters nach § 49 Abs. 2 WEG, zumal Merle in neuer, 11. Auflage des Bärmann-Kommentars zu dieser Frage offensichtlich zurzeit eine gegenteilige Auffassung vertritt (vgl. § 26 Rz. 39 und § 25 Rz. 31), auch unter Berufung auf Häublein, ZMR 2007, S. 409, 410, und behaupteter h.M. zu den neu begründeten Beschlusskompetenzen nach der WEG-Reform. Herrschende Meinung ist m.E. im Augenblick allein vorrangig gebotene Kopfprinzipsabstimmung bei den neuerlich normierten Beschlusskompetenzen mit gebotener Doppelqualifizierung in § 16 Abs. 4 und § 22 Abs. 2 WEG. Hinsichtlich der weiteren neuen gesetzlichen Öffnungsklauseln nach §§ 12 Abs. 4, 16 Abs. 3 und 21 Abs. 7 WEG ist wohl nach augenblicklich vorherrschender Meinung nach wie vor vorrangig von einem vereinbarten, etwa vom Kopfprinzip abweichenden Stimmrechtsprinzip auszugehen. Dies war bis zuletzt auch – wohl unbestritten – die Meinung zu § 26 Abs. 1 WEG noch in alter Fassung, wohl auch die frühere Auffassung von Merle in ZWE 2009, S. 15, 22.

 

Link zur Entscheidung

AG Dresden, Urteil vom 05.05.2010, 151 C 5545/09

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