Leitsatz

Waren Eheleute bei Eheschließung bereits im vorgeschrittenen Alter, handelt es sich um eine sog. "Altersehe". Das OLG Koblenz hatte sich in seiner Entscheidung damit auseinanderzusetzen, ob ein Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau nach § 1571 Nr. 1 BGB nach einer angemessenen Übergangsfrist auf den angemessenen Lebensbedarf herabgesetzt werden kann.

 

Sachverhalt

Die zum Zeitpunkt der Entscheidung des OLG Koblenz im Jahre 2008 72 bzw. 68 Jahre alten Parteien hatten im Jahre 1995 geheiratet. Der Scheidungsantrag des Ehemannes war der Ehefrau am 12.10.2007 zugestellt worden. Der Ehemann war seit August 1996 Rentner und bezog mehrere Renten. Die Ehefrau war während der Ehe nicht erwerbstätig, seit dem 1.9.2000 bezog sie ebenfalls Rente. Während des Zusammenlebens hatte sie rund 15.000,00 EUR an ihre Kinder aus einer früheren Ehe verschenkt. Der Ehemann hatte in dieser Zeit mit ihrer Zustimmung sein vorhandenes Grundvermögen, bestehend aus mit Mehrfamilienhäusern bebauten zwei Grundstücken, ebenfalls auf seine Kinder aus einer früheren Ehe übertragen, sich aber den Nießbrauch vorbehalten. Aufgrund dessen erzielte er Mieteinnahmen aus mehreren vermieteten Wohnungen; im Gegenzug hatte er die Unterhaltskosten zu tragen. In einer der zu diesem Besitz gehörenden Wohnungen wohnte er selbst mietfrei. Die Ehefrau war Eigentümerin einer unbelasteten Wohnung, die früher vermietet war und in der sie seit der Trennung selbst lebte.

Das FamG hat die Ehe der Parteien mit Urteil vom 16.5.2008 geschieden, den Versorgungsausgleich i.H.v. insgesamt 43,20 EUR zugunsten der Ehefrau durchgeführt und den Ehemann zur Zahlung nachehelichen Unterhalts i.H.v. monatlich 542,80 EUR ab Rechtskraft der Ehescheidung verurteilt. Dabei hat es den Bedarf der Ehefrau ohne Übergangsfrist auf den angemessenen Lebensbedarfs i.S.d. § 1578b BGB begrenzt und diesen mit 1.200,00 EUR bemessen.

Der Ehemann legte gegen die Entscheidung zum nachehelichen Unterhalt Berufung ein, mit der er das Ziel verfolgte, keinen höheren Unterhalt als monatlich 100,00 EUR zahlen zu müssen. Die Ehefrau hat sich dem Rechtsmittel des Ehemannes angeschlossen und forderte eheangemessenen Unterhalt.

Die Berufung des Ehemannes und die Anschlussberufung der Ehefrau führten beide teilweise zum Erfolg.

 

Entscheidung

Auch das OLG kam zu dem Ergebnis, dass die Ehefrau ab Rechtskraft der Scheidung Unterhalt verlangen könne, da von ihr aufgrund ihres Alters von 68 Jahren im Zeitpunkt der Ehescheidung eine Erwerbstätigkeit nicht mehr erwartet werden könne. Das Maß des Unterhalts bestimme sich gemäß § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Diese seien geprägt gewesen durch die beiderseitigen Renteneinkünfte, das beiderseitige mietfreie Wohnen im lastenfreien Eigentum sowie die Mieteinnahmen des Ehemannes.

Ebenso wie das FamG vertrat auch das OLG die Auffassung, dass der den ehelichen Lebensverhältnissen entsprechende Unterhaltsanspruch der Ehefrau nach § 1578b Abs. 1 BGB zu begrenzen sei. Anders als das erstinstanzliche Gericht hielt er allerdings eine sofortige Herabsetzung auf den angemessenen Lebensbedarf nicht für gerechtfertigt. Vielmehr sei der Ehefrau eine Übergangszeit von rund zwei Jahren zuzubilligen.

Nach § 1578b Abs. 1 BGB sei der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung unbillig wäre. Maßgebend bei der Billigkeitsprüfung sei, ob erhebliche ehebedingte Nachteile vorlägen (vgl. Gerhard in Gerhardt/v. Heinschel-Heinegg/Klein, Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 6. Aufl., 6. Kapitel Rz. 420d).

Die Parteien seien bis zur Zustellung des Scheidungsantrages 12,5 Jahre miteinander verheiratet gewesen. Dies sei zwar keine kurze Dauer i.S.d. § 1579 Nr. 1 BGB, habe andererseits aber auch nicht den Bereich einer sehr langen Dauer erreicht. Zudem sei es für beide Parteien nicht die erste Ehe gewesen, beide seien bei Eingehung der Ehe bereits in fortgeschrittenem Alter (58 Jahre der Ehemann und 54 Jahre die Ehefrau) gewesen und hätten zu diesem Zeitpunkt weitgehend das Ergebnis ihrer Lebensarbeit erreicht. Der Ehemann sei ca. 1,5 Jahre, die Ehefrau ca. 5,5 Jahre nach der Eheschließung verrentet worden. Soweit die Ehefrau, die schon vor Eingehung der Ehe längere Zeit arbeitslos gewesen sei, während des Zusammenlebens der Parteien nicht erwerbstätig gewesen sei, habe dies offensichtlich der gemeinsamen Lebensplanung der Parteien entsprochen, zumal der Ehemann seinerseits schon kurz nach der Eheschließung einen Rentenantrag gestellt habe. Die durch die Gestaltung der Ehe erlittenen Nachteile der Ehefrau seien allerdings schon wegen der relativen Kürze der Zeit, in der auf eine Berufstätigkeit verzichtet worden sei, nicht so schwerwiegend, dass eine Begrenzung aus Billigkeitsgründen ausgeschlossen werden müsste, auch wenn aufgrund der früheren Verrentung des Ehemannes ein voller Ausgleich der Nachteile durch den Versorgungsausgleich nicht hab...

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