Leitsatz

Die Befristung eines Unterhaltsanspruchs wegen Krankheit macht in der Praxis immer wieder erhebliche Probleme. Lassen sich ehebedingte Nachteile feststellen, kann sich die Befristungsentscheidung daran orientieren, ob und ggf. wie lange der unterhaltsberechtigte Ehegatte benötigt, seinen angemessenen Bedarf wieder in vollem Umfang selbst sicherzustellen. Beim Fehlen ehebedingter Nachteile ist fraglich, wie weit die sog. nacheheliche Solidarität des unterhaltspflichtigen Ehegatten reicht.

 

Sachverhalt

Die Parteien heirateten im Jahre 1991. Aus ihrer Ehe waren zwei in den Jahren 1992 und 1996 geborene Kinder hervorgegangen. Im Jahr 2004 trennten sich die Parteien zunächst innerhalb der Wohnung und schließlich im Februar 2005 auch räumlich durch den Auszug des Antragstellers. Die gemeinsamen Kinder blieben auch weiterhin in dem Haushalt ihrer Mutter.

Der Antragsteller war von Beruf Zahntechniker, die Antragsgegnerin gelernte Arzthelferin. Nach ihrer Ausbildung arbeitete sie in diesem Beruf von 1981 bis 1992. Danach widmete sie sich der Kindesbetreuung. Im April 2007 absolvierte sie ein einmonatiges Praktikum als Arzthelferin. In den Jahren 2007 und 2008 bewarb sie sich um eine Stelle in diesem Beruf. Seit Dezember 2007 war sie 12 Stunden wöchentlich als Arzthelferin beschäftigt und erhielt hierfür monatlich 400,00 EUR. Ein eingeholtes Sachverständigengutachten ergab, dass sie aus medizinischer Sicht wegen einer Bandscheibenerkrankung lediglich bis zu 20 Stunden wöchentlich eine Tätigkeit als Arzthelferin ausüben könne. Hierbei sollten jedoch schweres Heben sowie Tragen vermieden werden. Ob zukünftig die wöchentliche Stundenarbeitszeit erhöht werden könne, sei aus medizinischer Sicht nicht zu beantworten, da dies von dem weiteren Verlauf der Erkrankung abhänge.

Durch Verbundurteil vom 23.5.2008 wurde der Antragsteller u.a. verurteilt, an die Antragsgegnerin nachehelichen Unterhalt von 328,00 EUR zu zahlen, wobei 268,00 EUR auf den Elementarunterhalt und 60,00 EUR auf den Vorsorgeunterhalt entfielen. Das erstinstanzliche Gericht hat den Unterhalt bis zum Ablauf des Monats Dezember 2010 befristet.

Hiergegen haben beide Parteien Berufung eingelegt. Der Antragsteller vertrat die Auffassung, die Antragsgegnerin habe ihren Unterhaltsanspruch verwirkt, da die Ehe der Parteien an der Aufnahme der Beziehung zu ihrem neuen Partner zerbrochen sei. Im Übrigen müsse die Antragsgegnerin vollschichtig erwerbstätig sein.

Die Antragsgegnerin begehrte monatlichen nachehelichen Unterhalt von ca. 869,00 EUR unbefristet, wovon 149,00 EUR auf den Altersvorsorgeunterhalt entfielen. Mehr als im versicherungsfreien Bereich könne sie krankheitsbedingt nicht arbeiten. Eine Befristung des Unterhaltsanspruchs sei nicht vorzunehmen. Sie habe erhebliche ehebedingte Nachteile hinnehmen müssen, in dem sie seit 1992 aufgrund der Kinderbetreuung nicht mehr als Arzthelferin gearbeitet habe. In ihrem Alter habe sie auch keine Möglichkeit mehr, im Beruf aufzusteigen oder sich zu qualifizieren.

Die Berufung der Antragsgegnerin erwies sich als überwiegend begründet. Die Berufung des Antragstellers blieb ohne Erfolg.

 

Entscheidung

Das OLG kam zu dem Ergebnis, die Antragsgegnerin habe gegen den Antragsteller für die Zeit ab Rechtskraft der Scheidung einen Anspruch auf Zahlung nachehelichen Krankheits- und Aufstockungsunterhalts gemäß den §§ 1572, 1573 Abs. 2 BGB i.H.v. monatlich 681,00 EUR (Elementarunterhalt) und 169,00 EUR (Altersvorsorgeunterhalt).

Die Antragsgegnerin sei aufgrund eines Bandscheibenvorfalls an der Ausübung einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit gehindert. Hiervon sei nach dem Ergebnis des nachvollziehbaren Sachverständigengutachtens auszugehen. Aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkung sei es ihr lediglich zuzumuten, für 20 Stunden wöchentlich als Arzthelferin zu arbeiten.

Sie könne sich allerdings nicht darauf zurückziehen, lediglich monatlich 400,00 EUR aus einer geringfügigen Tätigkeit als Arzthelferin erzielen zu können. Ihr sei ein fiktives Einkommen aus halbschichtiger Erwerbstätigkeit i.H.v. 701,00 EUR monatlich netto zuzurechnen. Ihre bisherigen Bemühungen um die Erlangung einer Halbtagsstelle seien unzureichend.

Sie könne sich auch nicht darauf berufen, dass es für Arzthelferinnen keine Halbtagsstellen gebe, zumal sie sich selbst auf zwei ausgeschriebene Halbtagsstellen beworben habe.

Den Antragsteller hielt das OLG für leistungsfähig und legte bei ihm für die Unterhaltsberechnung ein monatliches Nettoeinkommen von 2.716,36 EUR zugrunde. Diesem Einkommen sei die Steuererstattung von monatlich 376,22 EUR zu addieren. Diese sei für das Jahr 2008 auch fortzuschreiben, da der Antragsteller im Termin mitgeteilt habe, im Jahre 2008 für 2007 eine Steuerstattung in ähnlicher Höhe erhalten zu haben.

Ebenso wie das erstinstanzliche Gericht vertrat auch das OLG die Auffassung, die von dem Antragsteller entrichteten Beiträge zum Sportverein für die Kinder seien bei ihm nicht leistungsmindernd zu berücksichtigen, da diese Kosten keinen M...

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