Leitsatz (amtlich)

1. Mit der Beendigung der genehmigten Unterbringung ist die Genehmigung gegenstandslos und die Hauptsache des Genehmigungsverfahrens erledigt.

2. Wird die Unterbringung für eine bestimmte Zeit genehmigt und diese Genehmigung vor Ablauf der Frist gegenstandslos, weil die Unterbringung vorzeitig beendet wird, dann ist die Unterbringungsgenehmigung zur Beseitigung des von ihr ausgehenden Rechtsscheins aufzuheben.

 

Normenkette

BGB § 1906 Abs. 1-2; FGG §§ 19, 13a

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 15.11.1994; Aktenzeichen 13 T 8412/94)

AG Nürnberg (Beschluss vom 29.08.1994; Aktenzeichen XVII 480/93)

AG Nürnberg (Beschluss vom 28.03.1994; Aktenzeichen UV 238/94)

 

Tenor

I. Der Beschluß des Amtsgerichts Nürnberg vom 29. August 1994 wird aufgehoben.

II. Der Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 15. November 1994 wird aufgehoben und die Sache, soweit die Beschwerde gegen den Beschluß des Amtsgerichts Nürnberg vom 28. März 1994 zurückgewiesen wurde, zu anderer Behandlung und neuer Entscheidung an das Landgericht Nürnberg-Fürth zurückverwiesen.

 

Tatbestand

I.

Für den Betroffenen wurde mit Beschluß des Amtsgerichts vom 28.3.1994 ein Betreuer mit den Aufgabenkreisen Sorge für die Gesundheit, Aufenthaltsbestimmung, Vermögenssorge sowie Wahrnehmung der Rentenangelegenheiten bestellt und in bezug auf die Rentenangelegenheiten ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet.

Mit Beschluß des Amtsgerichts vom 9.6.1994 wurde der Betroffene wegen Verweigerung der Nahrungsaufnahme nach öffentlichem Recht im Bezirkskrankenhaus untergebracht. Nach Genehmigung der vorläufigen Unterbringung des Betroffenen in einer geschlossenen Anstalt bis zum 22.9.1994 genehmigte das Amtsgericht mit Beschluß vom 29.8.1994 die Unterbringung des Betroffenen durch den Betreuer vormundschaftsgerichtlich bis zum 1.9.1995.

Der Betroffene hat gegen den Beschluß des Amtsgerichts vom 28.3.1994 Beschwerde, und gegen den vom 29.8.1994 sofortige Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat diese Rechtsmittel mit Beschluß vom 15.11.1994 zurückgewiesen. Am 12.12.1994 ist der Betroffene aus der Anstalt, in der er untergebracht war, entlassen worden. Am 16.12.1994 hat er gegen Beschluß des Landgerichts vom 15.11.1994 zu Protokoll des Urkundsbeamten des Bayerischen Obersten Landesgerichts weitere und sofortige weitere Beschwerde eingelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig und führt zur Aufhebung der vom Amtsgericht mit Beschluß vom 29.8.1994 erteilten Unterbringungsgenehmigung, obwohl diese mit der Beendigung der Unterbringung gegenstandslos geworden ist und die Hauptsache damit an sich erledigt wäre.

Diese Rechtsfolge läßt sich dem Beschluß des Amtsgerichts über die Unterbringungsgenehmigung nicht entnehmen. Mit ihm hat das Amtsgericht die Unterbringung bis zum 1.9.1995 genehmigt. Seinem Inhalt nach erweckt der Beschluß den Anschein, als wirke er bis zum 1.9.1995 weiter. Aufgrund des von ihm ausgehenden Rechtsscheins ist er geeignet, Rechte des Betroffenen zu beeinträchtigen. Dieser bleibt deshalb beschwerdeberechtigt (§ 20 Abs. 1 FGG). Die Unterbringungsgenehmigung ist trotz ihrer Unwirksamkeit zur Beseitigung des von ihr ausgehenden Rechtsscheins aufzuheben (vgl. BVerfG NJW 1985, 788; BayObLGZ 1968, 228/229; Jansen FGG 2. Aufl. § 19 Rn. 39; Keidel/Kahl FGG 13. Aufl. § 7 Rn. 28 und § 19 Rn. 37).

Die Unterbringungsgenehmigung ist hier unwirksam geworden.

Die verfassungsrechtlich erforderliche (vgl. Art. 104 Abs. 2 GG; BVerfGE 10, 302) richterliche Entscheidung über eine freiheitsentziehende Unterbringung im Betreuungsrecht ist als Genehmigung einer im Rahmen des Aufenthaltsbestimmungsrechts beabsichtigten oder (in Ausnahmefällen) bereits veranlaßten Maßnahme des Betreuers ausgestaltet (§ 1906 BGB). Die Genehmigung ist nur für eine konkrete, in der Entscheidung zu bezeichnende (§ 70 f. Abs. 1 Nr. 2 FGG) Unterbringungsmaßnahme und im Regelfall vor dem Vollzug der Unterbringung zu erteilen (vgl. 1906 Abs. 2 BGB). Die Unterbringungsgenehmigung ist nur eine Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Unterbringung des Betreuten durch den Betreuer. Daraus folgt, daß die Unterbringungsgenehmigung mit der Unterbringungsmaßnahme des Betreuers steht und fällt, ihre Bedeutung also verliert, sobald die Unterbringung, deren Zulässigkeit sie herbeigeführt hat, beendet ist. Mit der Beendigung der genehmigten Unterbringung wird die Genehmigung gegenstandslos (Jansen FGG 2. Aufl. § 55a Rn. 15; Keidel/Kuntze FGG 13. Aufl. § 70g Rn. 14).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor, denn der Betroffene wurde auf Veranlassung des Betreuers aus der geschlossenen Anstalt nicht nur kurzfristig, sondern endgültig entlassen. Der Betreuer hat mitgeteilt, er werde für den Fall, daß eine Unterbringung nochmals erforderlich werden sollte, erneut um Genehmigung nachsuchen. Die mit Beschluß vom 29.8.1994 erteilte Genehmigung ist damit wirkungslos. Sie ist deshalb, wie dargelegt, aufzuheben.

III.

Die weitere Beschwerde richtet sich gegen den Beschluß des Landg...

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