Entscheidungsstichwort (Thema)

Räumung und Herausgabe

 

Leitsatz (amtlich)

Als Veräußerung im Sinne des § 564 b Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 BGB ist auch die Übertragung von Wohnungseigentum in Erfüllung eines Vermächtnisses anzusehen.

 

Normenkette

BGB § 564b Abs. 2 Nr. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 14 S 11450/00)

AG München (Aktenzeichen 431 C 330/00)

 

Tenor

Als Veräußerung im Sinne des § 564 b Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 BGB ist auch die Übertragung von Wohnungseigentum in Erfüllung eines Vermächtnisses anzusehen.

 

Gründe

I.

Die Beklagten sind Mieter einer 3-Zimmer-Wohnung mit Gartenanteil in München. Sie haben die Wohnung auf unbestimmte Zeit mit schriftlichem Vertrag vom 23.9.1992 von A, vertreten durch eine Grundstücksverwaltungsgesellschaft, angemietet und am 1.11.1992 bezogen; die monatliche Kaltmiete beträgt seit 1.1.1998 DM 2.148. Die Wohnung und das gesamte fünf weitere Wohnungen umfassende Anwesen standen je zur Hälfte im ungeteilten Miteigentum der Vermieterin A und ihrer Schwester B; die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, daß auch letztere auf Vermieterseite Partei des Mietvertrages geworden ist. Am 17.3.1993 veräußerte A ihren Anteil an C, der am 9.5.1994 als Miteigentümer im Grundbuch eingetragen wurde.

Mit notariellem Testament vom 14.10.1993 setzte B als Alleinerbin D ein und verfügte als Vermächtnis, daß die Klägerin den Miteigentumsanteil an dem Wohnanwesen erhalten soll. Mit notarieller Erklärung vom 6.6.1995 teilten die Miteigentümer C und B, letzterer vertreten durch die Klägerin, das Anwesen nach Wohnungseigentumsrecht (§ 3 WEG) auf. Hierbei wurde der Miteigentümerin B unter anderem die an die Beklagten vermietete Wohnung Nr. 1 als Sondereigentum zugewiesen. Die Eintragung im Grundbuch erfolgte am 12.6.1996.

Am 23.12.1998 verstarb B, für die die Klägerin als Betreuerin bestellt war. Mit notarieller Urkunde vom 3.3.1999 übertrug die Erbin an die Klägerin in Vollzug des Vermächtnisses vom 14.10.1993 den Miteigentumsanteil mit Sondereigentum an der von den Beklagten gemieteten Wohnung Nr. 1. Die Eintragung der Klägerin als Eigentümerin ins Grundbuch erfolgte am 26.4.1999.

Mit Schriftsatz ihrer Prozeßbevollmächtigten vom 11.5.1999 ließ die Klägerin gegenüber den Beklagten eine Kündigung zum 31.12.1999 wegen Eigenbedarfs aussprechen. Die Beklagten widersprachen durch Schreiben ihrer Prozeßbevollmächtigten vom 14.6.1999.

Die Klägerin hat Räumungsklage erhoben und den Eigenbedarf damit begründet, daß die von ihr angemietete Wohnung durch einen derzeit stattfindenden U-Bahn-Bau lärm- und staubbelastet sei und – im Gegensatz zur Wohnung der Beklagten – keinen Gartenanteil habe. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, das Nutzungsinteresse der Klägerin an dem zur Wohnung gehörenden Garten sei ein ausreichender Grund für die Eigenbedarfskündigung. Der Wirksamkeit der Kündigung stehe die Wartefrist des § 564 b Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 BGB nicht entgegen. Der Eigentumserwerb aufgrund eines Vermächtnisses sei keine Veräußerung im Sinne dieser Vorschrift, weil hierbei der Zeitpunkt des Eigentumsübergangs unbestimmt sei und dem Eigentumserwerb das Element der Freiwilligkeit fehle, das für eine Veräußerung wesentlich sei.

Gegen diese Entscheidung haben die Beklagten Berufung eingelegt. Das Landgericht hat am 14.2.2001 beschlossen, einen Rechtsentscheid zu folgender Frage einzuholen:

Darf der Eigentümer einer Wohnung sich als Vermieter auf ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses i. S. des § 564 b Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 BGB (Eigenbedarf) ohne Rücksicht auf die Sperrfrist des Art. 14 Satz 2 Nr. 1 Sozialklauselgesetz, § 564 b Abs. 2 Nr. 2 Sätze 2 und 4 BGB berufen, wenn

  1. erst nach Überlassung der Wohnung an den Mieter die Miteigentümer (in Bruchteilsgemeinschaft) des Hausgrundstücks das Miteigentum gemäß § 3 WEG in der Weise beschränkt haben, daß jedem Miteigentümer abweichend von § 93 BGB Sondereigentum eingeräumt wurde,
  2. wenn der frühere vermietende Miteigentümer, der auf diese Weise im Jahr 1996 Wohnungseigentum an der Wohnung erlangt, nachfolgend verstorben ist, und
  3. wenn dessen Erbe in Erfüllung eines Vermächtnisses zu seinen Gunsten das Wohnungseigentum an ihn veräußert hat.

Es hält den von der Klägerin geltend gemachten Eigenbedarf für gegeben und ist der Auffassung, daß B aufgrund der Aufteilung gemäß § 3 WEG und Zuweisung der streitgegenständlichen Wohnung als Sondereigentum in die Vermieterstellung eingerückt sei. Dies habe die Sperrfrist des § 564 b Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 BGB noch nicht ausgelöst. Als erstmalige Veräußerung an einen Erwerber der Wohnung komme deshalb die Übertragung des Wohnungseigentums durch die Alleinerbin D der am 28.12.1998 verstorbenen B an die Klägerin in Betracht. Es komme streitentscheidend darauf an, ob sich die Beklagten gegenüber der Eigenbedarfskündigung der Klägerin auf die Wartefrist des § 564 b Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 BGB i.V.m. Art. 14 Satz 2 Nr. 1 Sozialklauselgesetz berufen können. Das Landgericht möchte ...

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