Leitsatz (amtlich)

1. Wird ein Eigentümerbeschluss, der eine Mehrzahl von einzelnen Instandsetzungsmaßnahmen an funktionell und räumlich eng verbundenen Gegenständen des Gemeinschaftseigentums zum Gegenstand hat, angefochten, handelt es sich um einen einheitlichen Verfahrensgegenstand. Es ist grundsätzlich ermessensfehlerhaft, das Verfahren entsprechend der Zahl der Einzelmaßnahmen in eine Vielzahl von Verfahren zu zerlegen.

2. Ein Eigentümerbeschluss, der einen Wohnungseigentümer verpflichtet, zwei Mülltonnenboxen wieder "auf einheitliches Niveau" zu bringen, ist mangels hinreichender Bestimmtheit für ungültig zu erklären.

3. Die Instandhaltung und Instandsetzung von Gemeinschaftseigentum obliegt mangels abweichender Regelung in der Gemeinschaftsordnung den Wohnungseigentümern gemeinsam. Ist jedoch nach der Gemeinschaftsordnung ein Wohnungseigentümer verpflichtet, die seiner alleinigen Nutzung unterliegenden Gebäudeteile ordnungsgemäß instand zu halten und instand zu setzen, so kann die Durchführung einer Instandhaltungsmaßnahme durch die Gemeinschaft nicht mehrheitlich beschlossen werden.

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 29.10.2003; Aktenzeichen 1 T 18613/02, 1 T 18615/02, 1 T 18694/02, 1 T 18696/02, 1 T 21869/02)

AG München (Beschluss vom 27.09.2002; Aktenzeichen 484 UR II 50/02, 484 UR II 51/02, 484 UR II 52/02, 484 UR II 53/02, 484 UR II 54/02)

 

Tenor

I. Die Verfahren 2Z BR 246/03 (1 T 18615/02 LG München I), 2Z BR 248/03 (1 T 18694/02 LG München I), 2Z BR 250/03 (1 T 18696/02 LG München I) und 2)Z BR 251/03 (1 T 21869/02 LG München I) werden zur gemeinsamen Behandlung und Entscheidung zum führenden Verfahren 2Z BR 245/03 (1 T 18613/02 LG München I) hin zu verbunden.

II. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners werden die Beschlüsse des LG München I vom 29.10.2003 sowie die Beschlüsse des AG München vom 27.9.2002, 30.9.2002 und 19.11.2002 aufgehoben.

III. Der Eigentümerbeschluss vom 17.7.2001 zu Tagesordnungspunkt 4.3 (Reparaturarbeiten an den Aschentonnentüren, Schließbarkeit, an der Garteneingangssäule mit Türangel, an der Garteneingangssäule mit Klingeltableau) wird mit Ausnahme des Beschlussteils, dass der Antragsteller das an der Garteneingangssäule installierte Klingeltableau wieder instand zu setzen hat, für ungültig erklärt.

Im Übrigen wird der Antrag auf Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses vom 17.7.2001 zu Tagesordnungspunkt 4.3 abgewiesen.

IV. Von den Gerichtskosten sämtlicher Rechtszüge haben der Antragsteller 1/10 und der Antragsgegner 9/10 zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind in keinem Rechtszug zu erstatten.

V. Der Geschäftswert wird für sämtliche Rechtszüge auf 5.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller und der Antragsgegner sind die beiden Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Diese besteht aus zwei freistehenden Einfamilienhäusern auf einem größeren Grundstück. Mit dem Sondereigentum des Antragstellers sind 36/100 Miteigentumsanteile und mit dem des Antragsgegners 64/100 Miteigentumsanteile verbunden. Das Stimmrecht bemisst sich nach der Größe der Miteigentumsanteile.

Nach § 4 der Gemeinschaftsordnung (GO) hat der Eigentümer des jeweiligen Sondereigentums das alleinige Nutzungsrecht an denjenigen Teilen, Anlagen und Einrichtungen der zu seinem Wohnungseigentum gehörenden Gebäude, die nicht Gegenstand des Sondereigentums sind. Er hat sie allein zu unterhalten und die damit verbundenen Kosten zu tragen. § 7 GO bestimmt, dass jeder Wohnungseigentümer verpflichtet ist, die seiner alleinigen Nutzung unterliegenden Teile, Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes und des Grundstücks ordnungsgemäß instand zu halten und instand zu setzen.

Das dem Antragsteller zur Nutzung zugewiesene Gebäude grenzt an die Straße an. Im Bereich der gemeinsamen Zufahrt zum Grundstück befindet sich eine mit Blech abgedeckte Mauer, in die zwei Mülltonnenboxen eingelassen sind (sog. Tonnenhäuschen). Zur Straße wie zum Grundstück hin schließt diese Mauer jeweils mit einem Betonpfeiler ab. In dem der Straße zugewandten Betonpfeiler befindet sich das Klingeltableau für das vom Antragsteller genutzte Wohnanwesen. In einem weiteren Betonpfeiler, in dem die äußere Eingangstüre angebracht ist, befindet sich die Briefkastenanlage für das Gebäude des Antragstellers.

Der Antragsgegner war im Jahr 2001 Verwalter der Wohnanlage. Der Antragsteller hat seine Wohnung vermietet.

In ihrer Versammlung am 17.7.2001 fassten die Wohnungseigentümer zahlreiche Beschlüsse, darunter zu verschiedenen Reparaturarbeiten unter TOP 4.3 mit den Stimmen des Antragsgegners folgenden Beschluss:

(Der Antragsteller) wird verpflichtet, die beiden Tonnenhäuschen wieder auf einheitliches Niveau zu bringen mit einheitlichen Schließeinrichtungen. Statt des Kupferdaches ist ein Weißblechdach zu installieren. Im Übrigen hat (der Antragsteller) alle Mängel, die durch die Reparaturarbeiten der Firma W. entstanden sind, zu beseitigen (z.B. Cu-Blech an den Torpfeilern nur angeklebt, vorgesetzte Betonschale bricht auf, größere Flächen...

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