Leitsatz (amtlich)

1. Der durch Eigentümerbeschluss vorgesehene dauerhafte deutliche Rückschnitt einer Hecke kann im Einzelfall, etwa dann, wenn die Hecke erkennbar Sichtschutzfunktion hat, eine bauliche Veränderung darstellen. Dies aufzuklären ist Sache des Tatrichters.

2. Heckenrückschnitt als Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung.

3. Die Verpflichtung eines Wohnungseigentümers zur anteiligen Zahlung einer Sonderumlage setzt die betragsmäßige Festlegung sowohl der Sonderumlage insgesamt als auch des auf den einzelnen Wohnungseigentümer entfallenden Anteils voraus.

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 29.10.2003; Aktenzeichen 1 T 18695/02)

AG München (Aktenzeichen 484 UR II 62/02)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des LG München I vom 29.10.2003 aufgehoben.

II. Der Eigentümerbeschluss vom 17.7.2001 zu Tagesordnungspunkt 7 wird insoweit für ungültig erklärt, als Gegenstand die Erhebung einer Sonderumlage ist.

Im Übrigen wird die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das LG zurückverwiesen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 3.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller und der Antragsgegner sind die beiden Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Diese besteht aus zwei freistehenden Einfamilienhäusern auf einem größeren Grundstück. Mit dem Sondereigentum des Antragstellers sind 36/100 Miteigentumsanteile und mit dem des Antragsgegners 64/100 Miteigentumsanteile verbunden. Das Stimmrecht bemisst sich nach der Größe der Miteigentumsanteile. Der Antragsteller hat seine Wohnung vermietet. Der Antragsgegner war im Jahr 2001 zugleich Verwalter der Anlage.

Am 17.7.2001 wurde zu Tagesordnungspunkt (TOP) 7 mit den Stimmen des Antragsgegners gegen die des Antragstellers beschlossen:

Die Hecke zwischen den beiden Gartensondernutzungsflächen ist auf eine Höhe von höchstens 80 cm zurückzuschneiden. Sie ist auf Dauer jeweils in dieser Höhe zu belassen. Der Verwalter wird beauftragt und bevollmächtigt, den Rückschnitt und den jeweils erforderlichen Nachschnitt namens aller Wohnungseigentümer auf Kosten der Gemeinschaft in Auftrag zu geben ...

Auch diese Maßnahme (Rückschnitt) wird durch Sonderumlage finanziert. Der Verwalter ist befugt, diese bei Bedarf von den Wohnungseigentümern anzufordern. Die Kosten werden laut notariellem Kaufvertrag von beiden Eigentümern zu gleichen Teilen getragen.

Der Antragsteller hat beantragt, die in der Versammlung vom 17.7.2001 gefassten Eigentümerbeschlüsse für ungültig zu erklären. Das AG hat das Verfahren abgetrennt, soweit es den Beschluss zu TOP 7 betrifft. Es hat am 27.9.2002 den Antrag abgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das LG mit Beschluss vom 29.10.2003 den Beschluss des AG aufgehoben und dem Antrag stattgegeben. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners.

II. Das zulässige Rechtsmittel hat teilweise Erfolg; insoweit führt es zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses und zur Zurückverweisung an das LG zur erneuten Behandlung und Entscheidung.

1. Das LG hat ausgeführt:

Der Beschluss widerspreche ordnungsmäßiger Verwaltung. Der Antragsgegner setze sich mit dem Beschluss, der seine Forderung auf einen Heckenrückschnitt durchsetzen solle, in rechtsmissbräuchlicher Weie in Widerspruch zu einem früheren Schreiben vom 8.12.1992, in dem er von den Rechtsvorgängern des Antragstellers eine Heckenhöhe von maximal 2 m verlangt habe.

Abgesehen davon sei der Beschluss schon deshalb unwirksam, weil er verlange, dass die Hecke "auf Dauer" auf der Höhe von 80 cm zu belassen sei. Das sei bei einer lebenden Hecke nicht möglich; allenfalls lasse sich ein Rückschnitt auf 80 cm in bestimmten längeren Zeitabschnitten festlegen. Eine Teilunwirksamkeit komme nicht in Betracht; vielmehr sei die ganze Regelung ungültig.

2. Die Entscheidung des LG hält einer rechtlichen Nachprüfung nur teilweise stand.

a) Der Antrag auf Ungültigerklärung des maßgeblichen Eigentümerbeschlusses ist fristgerecht nach § 23 Abs. 4 S. 2 WEG gestellt worden. In ihm ist hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass Beschlüsse der Eigentümerversammlung angefochten würden. Unerheblich ist, dass der Antragsteller in diesem Zusammenhang keine nähere Begründung für die Anfechtung gerade dieses Beschlusses gegeben hat. Ergänzend verweist der Senat noch auf seinen den Beteiligten bekannten Beschluss vom 4.3.2003 (BayObLG, Beschl. v. 4.3.2003 - 2Z BR 244/03, unter II 2a).

b) Im Ergebnis zu Recht für ungültig erklärt hat das LG den Beschluss, soweit er die Finanzierung der Maßnahme durch eine Sonderumlage regelt. Der Beschluss enthält zwar einen Verteilungsschlüssel für die Umlage, nicht jedoch deren Höhe. Danach hätte es der Verwalter, zum Zeitpunkt der Beschlussfassung also der Antragsgegner, in der Hand, die Höhe der Sonderumlage festzulegen, die der Antragsteller zu erbringen hätte. Die Verpflichtung eines Wohnungseigentümers zur anteiligen...

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