Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachlaßsache

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Würdigung eines in der Form des § 2267 BGB abgefaßten Testaments von Nichtehegatten als Einzeltestament.

2. Zur Auslegung eines Testaments, das die Formulierung „Sollte uns beiden ein Unglück zustoßen” enthält.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 140, 2247, 2265, 2267

 

Verfahrensgang

LG Weiden i.d.OPf. (Aktenzeichen 2 T 748/00)

AG Weiden i.d. OPf. (Aktenzeichen VI 0482/00)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Weiden i.d. OPf. vom 23. August 2000 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Geschäftswert für das Beschwerde verfahren auf 20.000 DM festgesetzt wird.

II. Der Beteiligte zu 1 hat die der Beteiligten zu 2 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 20.000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der am 11.6.2000 im Alter von 64 Jahren verstorbene Erblasser war seit 1975 geschieden und hinterließ den Beteiligten zu 1 als einziges Kind. Seine langjährige Lebensgefährtin, die Mutter der Beteiligten zu 2, verstarb fünf Tage vor dem Erblasser an ihrem 86. Geburtstag.

Ein handschriftliches Testament vom 27.4.1989 hat folgenden Wortlaut:

„Mein letzter Wille.

Ich (Erblasser) bestimme, daß meine Lebensgefährtin M. Alleinerbin meines Ganzen Nachlasses ist, bei meinem Ableben. Solte uns beiden ein Unglück mit tödlichem Ausgang zustoßen, so setzen wir die Tochter W. (Beteiligte zu 2) ein. Des gesamten Nachlasses einschließlich des ganzen Inventars der Sparbücher, Sparverträge, Versicherung und Bankonto (…). Sie ist auch für meine Feuer Bestattung zuständig.

(Name des Erblassers)

(Name der Lebensgefährtin).”

Das Testament wurde von beiden Beteiligten bei ihrer jeweiligen Anhörung am 23. und 30.6.2000 vor dem Nachlaßgericht als vom Erblasser eigenhändig geschrieben und unterschrieben und von seiner Lebensgefährtin eigenhändig unterschrieben anerkannt.

Die Beteiligten haben gegensätzliche Erbscheinsanträge gestellt; sie behaupten jeweils, Alleinerbe zu sein. Die Beteiligte zu 2 leitet ihr Erbrecht aus dem Testament vom 27.4.1989 her. Der Beteiligte zu 1 beruft sich auf die gesetzliche Erbfolge, weil durch das Vorversterben der Lebensgefährtin des Erblassers das Testament gegenstandslos geworden und die im Testament angesprochene Konstellation des gemeinsamen Versterbens des Erblassers und seiner Lebensgefährtin durch ein „Unglück” nicht eingetreten sei.

Mit Beschluß vom 24.7.2000 kündigte das Amtsgericht an, der Beteiligten zu 2 den beantragten Erbschein zu erteilen. Gegen diesen Vorbescheid legte der Beteiligte zu 1 Beschwerde ein, die das Landgericht am 23.8.2000 zurückwies. Daraufhin erteilte das Amtsgericht am 6.9.2000 den angekündigten Erbschein, der die Beteiligte zu 2 als Alleinerbin ausweist. Mit der weiteren Beschwerde verfolgt der Beteiligte zu 1 seinen Erbscheinsantrag weiter.

II.

Die nicht fristgebundene und formgerecht eingelegte weitere Beschwerde ist zulässig (§§ 20, 27 Abs. 1, § 29 Abs. 1 und 4 FGG). Zwar ist der Vorbescheid vom 24.7.2000 mit der Erteilung des Erbscheins überholt und das auf seine Aufhebung gerichtete Verfahren damit gegenstandslos geworden. Gleichwohl kann die weitere Beschwerde mit dem Ziel der Einziehung des erteilten Erbscheins (§ 2361 BGB) fortgeführt werden (vgl. BayObLGZ 1982, 236/239 m.w.N.). Entsprechend dem vom Rechtsbeschwerdeführer erstrebten Ziel kann und muß sein Antrag in diesem Sinn ausgelegt werden (vgl. BayObLG aaO).

Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet. Der landgerichtliche Beschluß hält der rechtlichen Überprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) stand.

1. Das Landgericht hat im wesentlichen ausgeführt: Die letztwillige Verfügung vom 27.4.1989 sei ein rechtswirksames Testament des Erblassers. Soweit in dieser Urkunde durch Unterschrift bestätigte Willenserklärungen der Lebensgefährtin enthalten sind, seien diese Erklärungen rechtsunwirksam, weil der Erblasser und seine Lebensgefährtin kein gemeinschaftliches Testament hätten errichten können. Diese Teilunwirksamkeit führe aber nicht zur Unwirksamkeit der in der Urkunde enthaltenen Verfügungen insgesamt (§ 2085 BGB). Es sei weder ersichtlich noch dargetan, daß der Erblasser, hätte er die Teilunwirksamkeit gekannt, nicht letztwillig verfügt hätte. Die Auslegung ergebe, daß der Erblasser in erster Linie seine Lebensgefährtin und als Letztversterbender die Beteiligte zu 2 zur Alleinerbin habe einsetzen wollen. Dem Testament sei zu entnehmen, daß auf jeden Fall auch eine Regelung für den Fall habe getroffen werden sollen, daß keiner von beiden Partnern mehr lebe. Dem Testament könne aber nicht entnommen werden, daß die Einsetzung der Beteiligten zu 2 als Alleinerbin ausschließlich für den Fall habe gelten sollen, daß der Erblasser und seine Lebensgefährtin gleichzeitig tödlich verunglücken.

2. Diese Würdigung und Auslegung des Testaments durch das Landgericht ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

a) Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgeg...

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