Leitsatz (amtlich)

Die Beschäftigung eines nahen Angehörigen eines vorgeschlagenen Betreuers in der Einrichtung, in der der Betreute wohnt oder untergebracht ist, kann im Einzelfall eine enge Beziehung des Betreuers zu dieser Einrichtung herstellen, die eine Bestellung des Vorgeschlagenen ausschließt. Dies gilt insbesondere dann, wenn im Hinblick auf die enge persönliche Beziehung des Betreuers zu dem Angehörigen nicht ausgeschlossen werden kann, daß bei der Durchsetzung der Interessen des Betroffenen gegenüber der Einrichtung die Rücksichtnahme auf die Situation des Angehörigen Einfluß auf die Entscheidungen des Betreuers nehmen kann.

 

Normenkette

BGB § 1897 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Augsburg (Beschluss vom 19.02.1998; Aktenzeichen 5 T 5544/97)

AG Landsberg a. Lech (Aktenzeichen XVII 183/93)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Augsburg vom 19. Februar 1998 wird zurückgewiesen.

II. Der Gegenstandswert wird auf 5 000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Mit Beschluß vom 20.11.1997 hat das Amtsgericht die bisherige Betreuerin entlassen, weil ihr die Fortsetzung der Betreuung nicht zugemutet werden könne. Gleichzeitig wurde der Beteiligte zu 1) zum neuen Betreuer bestellt.

Gegen die Auswahl dieses Betreuers wandte sich der Betroffene mit seiner Beschwerde vom 2.12.1997, da diese Bestellung nicht seinem Vorschlag entspreche. Das Landgericht wies mit Beschluß vom 19.2.1998 die Beschwerde zurück. Hiergegen wendet sich der Betroffene mit der weiteren Beschwerde.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet, weil der vorgeschlagene Betreuer, Beteiligte zu 2), infolge einer anderen engen Beziehung zu der Einrichtung, in der der Betroffene wohnt, von der Übernahme der Betreuung des Betroffenen ausgeschlossen ist.

1. Das Landgericht hat seine Entscheidung, den vom Betroffenen als Betreuer Vorgeschlagenen nicht zum neuen Betreuer zu bestellen damit begründet, daß dieser zu der Einrichtung, in der der Betroffene untergebracht ist, in einer engen Beziehung im Sinne von § 1897 Abs. 3 BGB stehe. Der Beteiligte zu 2) habe bei der Anhörung des Betroffenen angegeben, er habe vom Schicksal der Familie des Betroffenen über seine Tochter erfahren, die als Pflegerin in dem Heim beschäftigt sei. Bislang sei er mit Betreuungsangelegenheiten noch nicht befaßt gewesen. Die Beschäftigung einer nahen Angehörigen des Beteiligten zu 2) in der Einrichtung, in der der Betroffene untergebracht sei, stelle eine andere enge Beziehung im Sinne von § 1897 Abs. 3 BGB dar, denn es seien aufgrund dieser Beziehung Interessenkonflikte und Belastungen des Vertrauensverhältnisses zwischen Betreuer und Betreutem durch Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Betreuers denkbar. Gerade etwa bei der Durchsetzung von Rechten des Betroffenen gegenüber der Einrichtung oder der Frage eines Aufenthaltwechsels des Betroffenen sei es durchaus naheliegend, daß der Beteiligte zu 2) aus Sorge um den Erhalt des Arbeitsplatzes seiner Tochter und im Hinblick auf die Mitursächlichkeit dieses Arbeitsverhältnisses an der Vermittlung der Betreuertätigkeit nicht mit der erforderlichen Unvoreingenommenheit gegenüber der Einrichtung auftreten könne. Die zwingende gesetzliche Regelung des § 1897 Abs. 3 BGB lasse die Bindung des Vormundschaftsgerichts an einen Vorschlag des Betroffenen nach § 1897 Abs. 4 BGB entfallen.

2. Diese Ausführungen halten der im Verfahren der weiteren Beschwerde allein zulässigen rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 2 Satz 2 FGG, § 550 ZPO) stand.

a) Zwar hat der Betroffene den Beteiligten zu 2) als neuen Betreuer vorgeschlagen. Dem Vorschlag des Betroffenen ist bei der Auswahl des Betreuers grundsätzlich nachzukommen. Dem Wunsch des Betroffenen kann jedoch nicht entsprochen werden, wenn die vorgeschlagene Person gemäß § 1897 Abs. 3 BGB nicht zum Betreuer bestellt werden darf. Im Interesse der Vermeidung von Interessenskonflikten oder der Belastung des Verhältnisses zwischen Betreuer und Betroffenen hat der Gesetzgeber es verboten, Personen, die zu einer Anstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung, in welcher der Volljährige untergebracht ist oder wohnt, in einem Abhängigkeitsverhältnis oder einer anderen engen Beziehung steht, zum Betreuer zu bestellen. Als absoluter Ausschlußgrund beläßt diese Vorschrift dem Gericht hier keinen Ermessensspielraum (vgl. BayObLGZ 1996, 250/252 = FamRZ 1997, 245).

Die Verwandtschaft oder Ehe mit einer nach § 1897 Abs. 3 BGB ausgeschlossenen Person begründet nicht ohne weiteres ein enges Verhältnis zur Einrichtung im Sinne dieser Vorschrift. Vielmehr muß in derartigen Fällen konkret geprüft werden, ob zwischen dem vorgeschlagenen Betreuer und dem ausgeschlossenen Angehörigen eine so enge Beziehung besteht, daß hierdurch eine andere enge Beziehung des Betreuers zu der Einrichtung, in der der Betroffene untergebracht ist oder wohnt, entsteht (§ 1897 Abs. 3 BGB). Dies kann insbesondere dann vorliegen, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, daß für den Betreuer bei der Durchsetzun...

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