Leitsatz (amtlich)

Eine Personengesellschaft, deren Zweck zu einem wesentlichen Teil auf die Entwicklung und den Vertrieb von Software gerichtet ist, kann in das Handelsregister eingetragen werden.

 

Normenkette

HGB §§ 1, 105 Abs. 1, § 106 Abs. 1, § 161

 

Verfahrensgang

LG Ingolstadt (Aktenzeichen 1HK T 77/02)

AG Ingolstadt (Aktenzeichen 6 AR 154/01)

 

Tenor

I. Auf die weitere Beschwerde werden der Beschluss des LG Ingolstadt vom 11.2.2002 und der Beschluss des AG – Registergericht – Ingolstadt vom 3.8.2001 aufgehoben.

II. Die Sache wird zu neuer Behandlung und Entscheidung an das AG – Registergericht – Ingolstadt zurückgegeben.

 

Gründe

I. Mit Urkunde vom 18.4.2001, ergänzt durch Urkunde vom 7.12.2001, meldete der verfahrensbevollmächtigte Notar die betroffene GmbH & Co. KG zur Eintragung in das Handelsregister an. Als Gegenstand des Unternehmens wurde die Erbringung von messtechnischen Dienstleistungen, DMS-Applikationen und die Durchführung von experimentellen Beanspruchungsanalysen und Software-Entwicklung angegeben. Das AG – Registergericht – wies die Anmeldung mit Beschluss vom 23.8.2001 zurück. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten hat das LG mit Beschluss vom 11.2.2002 zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten.

II. Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung der Vorentscheidungen und zur Rückgabe der Sache an das Registergericht.

Die weitere Beschwerde ist zulässig. Sie ist vom postulationsfähigen Urkundsnotar (§ 29 Abs. 1 S. 3 FGG) namens der Antragsteller eingelegt. Sie ist auch begründet.

1. Das LG hat ausgeführt, Voraussetzung für die Eintragung einer Kommanditgesellschaft in das Handelsregister sei, dass der Zweck der einzutragenden Gesellschaft auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet sei. Die Tätigkeit der Gesellschaft dürfe nicht freiberuflicher Art sein. Im vorliegenden Falle erbringe die einzutragende Gesellschaft Ingenieurleistungen. Wie sich aus § 1 PartGG ergebe, übten Ingenieure kein Handelsgewerbe aus, sondern seien Angehörige freier Berufe. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Gesellschaft Software nicht nur entwickle, sondern wie von ihr behauptet auch verkaufe, hätten sich trotz intensiver Bemühungen des Registergerichts um eine Aufklärung des Sachverhalts nicht ergeben. Selbst wenn man aber entsprechende Vertriebsabsichten unterstellen wolle, seien die Eintragungsvoraussetzungen nicht gegeben, da keine genügend zuverlässigen Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass das Unternehmen in Kürze eine entsprechende Ausgestaltung erfahren werde.

2. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) nicht stand.

a) Eine Kommanditgesellschaft ist bei dem Gericht, in dessen Bezirk sie ihren Sitz hat, zum Handelsregister anzumelden (§§ 161 Abs. 2, 106 Abs. 1 HGB). Ergibt die Prüfung des Registergerichts, dass die Gesellschaft ordnungsgemäß errichtet und angemeldet worden ist, haben die Anmelder (§§ 161 Abs. 2, 108 Abs. 1 HGB) einen Rechtsanspruch auf Eintragung (vgl. BGH v. 18.2.1991 – II ZR 104/90, BGHZ 113, 335 [352] = MDR 1991, 606 = GmbHR 1991, 255 für die GmbH).

Zum Wesen einer Kommanditgesellschaft gehört, dass ihr Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet ist (§ 161 Abs. 1 HGB). Handelsgewerbe ist im Grundsatz jeder Gewerbebetrieb (vgl. § 1 Abs. 2 HGB). Keine gewerbliche Tätigkeit üben die Angehörigen freier Berufe aus (vgl. Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., § 1 Rz. 19; Staub/Brüggemann, HGB, 4. Aufl., § 1 Rz. 18; Ruß in HK/HGB, 5. Aufl., § 1 Rz. 39). Freiberuflich Tätige können daher nicht Kaufmann sein; ihre Gesellschaften können weder als offene Handelsgesellschaften noch als Kommanditgesellschaften in das Handelsregister eingetragen werden (vgl. Röhricht/Graf von Westphalen, HGB, 2. Aufl., § 1 Rz. 66). Bei gemischten Betrieben mit teils freiberuflichem, teils kommerziell-gewerblichem Charakter ist das Gesamtbild maßgebend (vgl. Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., § 1 Rz. 20).

b) Entscheidend kommt es im vorliegenden Fall darauf an, ob das von der betroffenen Gesellschaft avisierte Tätigkeitsfeld insgesamt oder zumindest im Wesentlichen dem gewerblichen Bereich oder dem Bereich der freien Berufe zuzuordnen ist. Das LG hat insoweit zunächst verfahrensfehlerfrei festgestellt, dass die Betroffene Ingenieursleistungen, insbesondere auch aus dem Software-Bereich, zu erbringen beabsichtigt. Ingenieure sind nach Auffassung des LG Angehörige freier Berufe. Der Senat vermag dieser Rechtsauffassung nicht zu folgen.

aa) Wie im Einzelnen gewerbliche Tätigkeiten und freie Berufe voneinander abzugrenzen sind, wird unterschiedlich beurteilt. Teilweise wird auf inhaltliche Kriterien abgestellt. So sind nach Staub/Brüggemann (HGB, 4. Aufl., § 1 Rz. 18 ) dem gewerblichen Bereich nach der Verkehrsauffassung im Allgemeinen Tätigkeiten zuzurechnen, die überwiegend mittels kaufmännischer oder technischer Kenntnisse und Fertigkeiten auf Gewinnerzielung gerichtet sind, nicht hingegen solche, die überwiegend auf wissenschaftlicher oder ...

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