Entscheidungsstichwort (Thema)

Beseitigung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Sind bei einer erst noch zu errichtenden Wohnanlage die wohnungseigentumsrechtlichen Vorschriften über bauliche Veränderungen wirksam abbedungen, so entfällt regelmäßig auch ein Anspruch auf Herstellung eines dem Aufteilungs-, Lage- und Bauplan entsprechenden Zustandes. Errichtet in diesem Fall ein Wohnungseigentümer abweichend vom Lageplan auf der ihm zugewiesenen Sondernutzungsfläche ein Gebäude, so sind für die Begründetheit eines Anspruchs auf Beseitigung einer baulichen Veränderung die allgemeinen nachbarrechtlichen Vorschriften des Privatrechts und des öffentlichen Rechts maßgebend.

2. Zum Geschäftswert für ein Verlangen auf Beseitigung einer an der Grenze zur Sondernutzungsfläche errichteten Doppelgarage.

 

Normenkette

BayBO Art. 7 Abs. 4; BGB § 1004; WEG §§ 3, 7 Abs. 4, § 21 Abs. 4, § 22 Abs. 1, § 48 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 26.07.2001; Aktenzeichen 1 T 6811/01)

AG München (Aktenzeichen 482 UR II 899/00 WEG)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 26. Juli 2001 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsteller haben als Gesamtschuldner die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen und den Antragsgegnern die im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert wird für sämtliche Rechtszüge auf 20.000 EUR festgesetzt. Die entgegenstehenden Geschäftswertfestsetzungen des Amtsgerichts München und des Landgerichts München I werden aufgehoben.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Das Wohnungseigentum wurde zwischen den Antragstellern, der Antragsgegnerin zu 1 und deren am 2.9.2000 tödlich verunglücktem Ehemann am 16.6.2000 nach § 3 WEG vereinbart und am 4.9.2000 im Grundbuch eingetragen. Die gesetzlichen Erben des Verstorbenen sind neben der Antragsgegnerin zu 1 die Antragsgegner zu 2 und 3. Nach der notariellen Teilungserklärung (III. und IV. § 1) wurden der Antragsgegnerin zu 1 und deren verstorbenem Ehemann ein Miteigentumsanteil zu 717,5/1435 verbunden mit dem Sondereigentum an dem im westlichen Grundstücksbereich gelegenen Haus Nr. 1 samt Garage Nr. 1 (Doppelgarage), den Antragsgegnern ein gleich großer Miteigentumsanteil verbunden mit dem Sondereigentum an dem in der östlichen Grundstückshälfte gelegenen Haus Nr. 2 samt Garage Nr. 2 (Doppelgarage) zu Miteigentum je zur Hälfte sowie auch das ausschließliche Nutzungsrecht an allen nicht im Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen der Gebäude eingeräumt, in welchen sich das Sondereigentum befindet. Die Bauwerke waren seinerzeit noch nicht errichtet.

Als Inhalt des Sondereigentums vereinbarten die Wohnungseigentümer insbesondere:

§ 3

Bauliche Änderungen, Änderung des Gegenstandes des Sondereigentums

Die Miteigentümer räumen sich gegenseitig das Recht ein,

  1. den Gegenstand ihres Sondereigentums in beliebiger Weise zu ändern,
  2. die Gebäudeteile, an denen ihnen gemäß § 1 die ausschließliche Nutzung zusteht, in beliebiger Weise ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse umzugestalten, auch durch Um-, An-, Aus- und Neubauten.

Nach § 4 sind die Wohnungseigentümer bei der Verwaltung, Nutzung, Instandhaltung und Instandsetzung des Wohnungs- und Teileigentums keinerlei Beschränkungen oder Zustimmungsvorbehalten der übrigen Wohnungseigentümer unterworfen. Die nicht überbauten Flächen im Umgriff der Gebäude wurden den jeweiligen Wohnungseigentümern zum ausschließlichen Gebrauch zugewiesen (§ 6). Schließlich enthält die Urkunde eine gesonderte Vereinbarung, nach der sich die Eigentümer des Wohnungseigentums Nr. 2 vorbehalten, den überdachten Freisitz an der Südseite zuzumauern und mit Fenstern zu versehen, während die Eigentümer der Wohneinheit Nr. 1 sich verpflichten, einer Umwandlung des überdachten Freisitzes nach Abmauerung in Sondereigentum zuzustimmen. Bestandteil des Aufteilungsplans und der Abgeschlossenheitsbescheinigung ist ein Lageplan, der beide Wohn- und Garagengebäude auf den zum ausschließlichen Gebrauch zugewiesenen beiden Grundstücksteilflächen darstellt. Hiernach befindet sich die zu Haus Nr. 1 gehörige Garage in einem Abstand von 2 m zur westlichen Grundstücksgrenze.

Die Antragsgegnerin zu 1 errichtete die Garage demgegenüber ca. 12 m nach Osten verschoben direkt an der Grenze zum Sondernutzungsbereich der Antragsteller.

Die Antragsteller haben, soweit hier noch von Interesse, beantragt, die Antragsgegner samt verbindlich zu verpflichten, die in Abweichung von der Teilungserklärung errichtete Doppelgarage an der Grenze zu der ihnen eingeräumten Sondernutzungsfläche zu beseitigen. Das Amtsgericht hat den Antrag am 22.3.2001 abgewiesen, das Landgericht die sofortige Beschwerde mit Beschluß vom 26.7.2001 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Aus der Teilungserklärung ergebe s...

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