Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentum: Verfahrensstandschaft des Mieters; Sichtschutzmatte an Gartenzaun als bauliche Veränderung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Mieter eines Wohnungseigentümers kann grundsätzlich aufgrund von dessen Ermächtigung den Anspruch auf Beseitigung einer baulichen Veränderung im eigenen Namen vor dem Wohnungseigentumsgericht geltend machen.

2. Das Anbringen einer grünen Sichtschutzmatte aus Kunststoff hinter einem Maschendrahtzaun, der zwei Sondernutzungsflächen am Garten voneinander trennt, stellt grundsätzlich eine bauliche Veränderung dar, die für den am angrenzenden Gartenbereich Berechtigten mit einer optischen Beeinträchtigung verbunden ist.

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 16.12.1999; Aktenzeichen 1 T 19698/99)

AG München (Beschluss vom 25.10.1999; Aktenzeichen 482 UR II 534/99)

 

Tenor

  • Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 16. Dezember 1999 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß deren sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des Amtsgerichts München vom 25. Oktober 1999 als unbegründet zurückgewiesen wird.
  • Die Antragsgegner haben als Gesamtschuldner die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
  • Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 2.000 DM festgesetzt.
 

Tatbestand

I.

Die Antragsgegner und das Ehepaar E.… sind Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die aus vier Reihenhäusern besteht. Der Antragsteller hat das Haus der Eheleute E.… gemietet. Diese traten mit schriftlicher Erklärung vom 27.6.1999 ihre “Rechte als Grundstückseigentümer insoweit an Herrn S.… (= Antragsteller) ab, als dieser berechtigt sein soll, sämtliche Rechte eines Grundstückseigentümers, welche das Nachbarschaftsverhältnis oder die Wohnungseigentumsgemeinschaft in der H.- straße 37 betreffen”, im eigenen Namen außergerichtlich und gerichtlich geltend zu machen. Im vorliegenden Verfahren verlangt er von den Antragsgegnern die Entfernung einer Kunststoffmatte.

An den Gartenflächen hinter den Reihenhäusern steht den jeweiligen Eigentümern der in den Reihenhäusern gelegenen Wohnungen ein Sondernutzungsrecht zu; die Gartenflächen der Eheleute E.… und der Antragsgegner grenzen aneinander. Die Antragsgegner pflanzten auf ihrem Anteil hinter dem Maschendrahtzaun, der die Sondernutzungsflächen abteilt, eine Hecke aus Kirschlorbeer. Der Antragsteller schnitt die auf die gemietete Fläche hinüberwachsenden Zweige ab. Daraufhin brachten die Antragsgegner zwischen der Hecke und dem Maschendrahtzaun vor allem aus Gründen des Sichtschutzes eine 2,72 m lange und 1,85 m hohe grüne Kunststoffmatte an.

Der Antragsteller hat kraft der ihm erteilten Ermächtigung der Wohnungseigentümer E.… beantragt, die Antragsgegner zu verpflichten, diese Matte wieder zu entfernen. Das Amtsgericht hat dem Antrag mit Beschluß vom 25.10.1999 stattgegeben, da es sich bei der Anbringung der Matte um eine bauliche Veränderung handle, durch die die Eheleute E.… beeinträchtigt seien. Den Geschäftswert hat es entsprechend dem Vorschlag des Antragstellers auf 2.000 DM festgesetzt; dieser Betrag entspreche dem Interesse der Beteiligten an der Beseitigung bzw. Beibehaltung der Matte.

Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde der Antragsgegner mit Beschluß vom 16.12.1999 verworfen, da der erforderliche Beschwerdewert von mehr als 1.500 DM nicht erreicht sei. Die Kammer schätze das vermögenswerte Interesse der Antragsgegner an der Beibehaltung der Kunststoffmatte auf 600 DM. Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das zulässige Rechtsmittel der Antragsgegner hat in der Sache keinen Erfolg.

  • Die Zulässigkeit der sofortigen weiteren Beschwerde folgt aus der Verwerfung der Erstbeschwerde (BGHZ 119, 216 f.; BayObLG WuM 1994, 565; WE 1996, 398).
  • Der Senat hält entgegen der Ansicht des Landgerichts auch die Erstbeschwerde für zulässig. Amtsgericht und Landgericht haben den Geschäftswert jeweils auf 2.000 DM festgesetzt; dieser Betrag erscheint gemäß § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG als angemessen. Das Landgericht weist zunächst zu Recht darauf hin, daß sich der Beschwerdewert des § 45 Abs. 1 WEG nicht nach dem Geschäftswert des Verfahrens, sondern allein nach dem vermögenswerten Interesse des Beschwerdeführers an der Änderung der angefochtenen Entscheidung bemißt und daß der Beschwerdewert nicht höher, wohl aber niedriger sein kann als der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens (BGHZ 119, 216/218; BayObLGZ 1990, 141/143; BayObLG WuM 1996, 490; WE 1998, 114).

    Im vorliegenden Fall ergibt es aber keinen Sinn, zwischen dem Geschäftswert und einer etwaigen Beschwer des Antragstellers oder der Antragsgegner zu unterscheiden. Da vom Verfahrensgegenstand nur die Eigentümer und Sondernutzungsberechtigten der beiden aneinandergrenzenden Häuser und Grundstücksflächen berührt werden, ist davon auszugehen, daß auch nur sie (bzw. der in Verfahrensstandschaft für die Eigentümer d...

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