Leitsatz (amtlich)

Im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit findet die Vermutung der Echtheit einer mit einer echten Unterschrift versehenen Schrift keine Anwendung; es gilt vielmehr der Grundsatz der freien Beweiswürdigung.

 

Normenkette

FGG §§ 12, 15; ZPO §§ 286, 440 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG München (Aktenzeichen 481 UR II 1049/99 WEG)

LG München I (Aktenzeichen 1 T 13914/00)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des LG München I vom 25.5.2001 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegnerin hat die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 1.667,05 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten, Sohn und Mutter, sind Wohnungseigentümer in einer Wohnanlage. Das ungeteilte Anwesen hatten die Beteiligten 1987 als Gesellschafter bürgerlichen Rechts erworben. Die Gesellschaft wurde 1988 auseinandergesetzt. Am 20.5.1994 wurde das Anwesen schließlich in Wohnungseigentum aufgeteilt. Der Antragsgegnerin gehören zwei Wohnungen, von denen sie die eine vermietet hat, die andere selbst nutzt. Außer den Beteiligten gibt es zwei weitere Wohnungseigentümer. Hinsichtlich der Verpflichtung der einzelnen Wohnungseigentümer, sich an den gemeinschaftlichen Lasten und Kosten zu beteiligen, enthält die Gemeinschaftsordnung für die Wohnungen der Antragsgegnerin keine abweichende Regelung. Der Antragsteller zahlt die auf die Wohnungen der Antragsgegnerin entfallenden Lasten und Kosten. Die Antragsgegnerin weigert sich, ihm diese zu erstatten. Sie beruft sich dazu im Wesentlichen auf ein von ihr handschriftlich verfasstes Schriftstück vom 11.1.1996, das die Unterschriften beider Beteiligter trägt und auszugsweise wie folgt lautet:

1987 erwarben mein Sohn … und ich das Hausgrundstück. Vor Aufteilung in Wohnungseigentum in Gemeinschaftseigentum stand jeweils für meinen Sohn und mich fest, dass ich … die Wohnungen … Nr. 10 und … Nr. 11 von meinem Sohn als Geschenk erhalte. Es entspricht dem Willen der Parteien, dass ich keinerlei Nebenkosten der Instandhaltung, Instandsetzung oder sonstige Verwaltungsumlagen wie Hausgeld zahlen muss. Für Wohngeld in vollem Umfang an die Gemeinde laufend, z.B. Stadtwerke, Versicherungen, Handwerker mit fälligen Lasten und Kosten haftet (Antragsteller), so dass keinerlei Nebenkosten, die durch meine Eigentumswohnungen anfallen, für mich zu tragen sind. Seit 1987 ist dieses Rechtsgeschäft wirksam.

Der Antragsteller hat zwar nicht in Abrede gestellt, dass die rechts unterhalb des Textes befindliche Unterschrift von ihm stammt, jedoch behauptet, es habe sich um eine Blankounterschrift gehandelt, über die die Antragsgegnerin eigenmächtig die fragliche Vereinbarung gesetzt habe. Der Antragsteller hat zuletzt noch für den Zeitraum 18.11.1997 bis 31.12.1998 Erstattung anteiliger Kosten von 3.260,47 DM geltend gemacht und beantragt, einen zu seinen Gunsten ergangenen Vollstreckungsbescheid vom 27.8.1999 in diesem Umfang aufrechtzuerhalten. Das AG hat auf Einspruch der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 13.7.2000 den Vollstreckungsbescheid aufgehoben und den Antrag abgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das LG am 25.5.2001 den Beschluss des AG aufgehoben und den Vollstreckungsbescheid i.H.v. 3.260,47 DM zzgl. Zinsen aufrechterhalten. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin.

II. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das LG hat ausgeführt:

Der Antragsteller habe aus Geschäftsführung ohne Auftrag einen Anspruch auf Erstattung der von ihm verauslagten Nebenkosten. Ein solcher persönlicher und unmittelbarer Anspruch finde seine Grundlage in § 16 Abs. 2, § 21 Abs. 2 und 3 WEG, §§ 683, 684 und § 748 BGB. Gezahlt worden sei in mutmaßlichem Interesse der Antragsgegnerin, welches durch den Umstand, dass im Innenverhältnis Streit über die Kostentragung bestehe, nicht berührt werde. Eine Vereinbarung des Inhalts, dass der Antragsteller die Antragsgegnerin auf Dauer von den Nebenkosten freizustellen habe, sei nicht erwiesen. Die Kammer sei vielmehr aufgrund der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Antragsgegnerin einen ihr für andere Zwecke übergebenen Blankopapierbogen mit der Unterschrift des Antragstellers dazu verwendet habe, das Schriftstück vom 11.1.1996 zu erstellen. Die Vermutung, dass der über der unstreitig echten Unterschrift befindliche Text echt, also im Falle eines Blanketts vereinbarungsgemäß eingesetzt wurde, sei durch die Beweisaufnahme widerlegt. Die Kammer sei davon überzeugt, dass die von der Antragsgegnerin behauptete Vereinbarung nicht getroffen worden sei, der Inhalt des Dokuments objektiv also nicht den Tatsachen entspreche. Allenfalls habe der Antragsteller es eine Zeitlang hingenommen, dass die Antragsgegnerin die Kosten mit Hilfe von Kontovollmachten zu seinen Lasten beglich, während er aus Nachgiebigkeit und Konfliktscheu es versäumt habe, seinen E...

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