Leitsatz (amtlich)

1. Wenden die Wohnungseigentümer im Einzelfall auf die Kostenverteilung für eine Instandsetzungsmaßnahme einen fehlerhaften Kostenverteilungsschlüssel an, ist ein solcher Eigentümerbeschluss nicht deshalb nichtig. Soweit ein derartiger Beschluss die Kostenverteilung unangefochten festgelegt hat, ist ein Folgebeschluss, der nur noch die geschätzten Aufwendungen demgemäß auf die einzelnen Wohnungseigentümer umlegt, nicht deswegen anfechtbar, weil ihm ein fehlerhafter Kostenverteilungsschlüssel zugrunde liegt.

2. Ist in einer aus einem Gebäude bestehenden Wohnungs- und Teileigentumsanlage Kostentrennung zwischen dem gewerblichen und dem Wohnbereich vereinbart, kann die Auslegung der Gemeinschaftsordnung ergeben, dass die Kosten einer anlassbezogenen Schädlingsbekämpfung von den Wohnungs- oder Teileigentümern des jeweiligen Bereichs allein zu tragen sind ungeachtet des Umstands, dass die Maßnahme der gesamten Anlage zugute kommt.

3. Im Einzelfall (etwa bei sehr großen Wohnanlagen und beim Streit über den richtigen Kostenverteilungsschlüssel mit nur geringfügigen Auswirkungen für die einzelnen Wohnungseigentümer) kann es im Rahmen der Anfechtung einer Jahresabrechnung angemessen sein, beim Geschäftswert auf die Gesamtsumme der in Streit stehenden Positionen einen Abschlag vorzunehmen, der über 75 % des strittigen Gesamtbetrags hinausgeht (hier: Festsetzung auf 10 %).

 

Normenkette

WEG § 10 Abs. 1, § 16 Abs. 2, § 28 Abs. 3; WEG § Abs. 5; WEG § 48 Abs. 3 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Augsburg (Beschluss vom 28.05.2004; Aktenzeichen 7 T 318/04, 7 T 1391/04)

AG Augsburg (Beschluss vom 07.01.2004; Aktenzeichen 3 UR II 155/01)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG Augsburg v. 28.5.2004 wird insgesamt, die der Antragsgegner wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Nr. 2 dieses Beschlusses aufgehoben und die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG Augsburg v. 7.1.2004, durch den der Antrag auf Ungültigerklärung der Jahresabrechnung 2000 in der Position "Schädlingsbekämpfung" abgewiesen wurde, zurückgewiesen wird.

II. Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegner gegen die Geschäftswertfestsetzung im Beschluss des LG Augsburg v. 28.5.2004 wird zurückgewiesen.

III. Von den gerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens haben der Antragsteller 84 % und die Antragsgegner, diese samtverbindlich, 16 % zu tragen.

Außergerichtliche Kosten sind in diesem Rechtszug nicht zu erstatten.

IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 78.305 Euro festgesetzt.

Der Geschäftswert in Nr. IV des Beschlusses des AG Augsburg v. 7.1.2004 wird dahin abgeändert, dass dieser bis zum Zeitpunkt der übereinstimmenden Teilerledigungserklärung am 10.9.2002 auf 111.434 Euro und danach auf 109.239 Euro festgesetzt wird.

 

Gründe

I. Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohn- und Teileigentumsanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.

Die Anlage besteht im Wesentlichen aus einem Wohnturm mit 327 Appartements v. 12. bis 33. Obergeschoss sowie einer Sondereigentumseinheit Nr. 1 Hotel und Restaurant, die sich über das 1. und 2. Untergeschoss, das Erdgeschoss bis zum 11. Stock sowie den 34. und 35. Stock erstreckt und seit dem Jahr 1997 in vier Einheiten (Nr. 1, 1a, 1b, 1c) unterteilt ist, sich jedoch in der Hand eines Eigentümers befindet.

An der Außenfassade des zylinderförmigen Gebäudes sind v. 4. bis zum 33. Obergeschoss sowohl im Hotel- wie im Appartementbereich ringsum wabenförmig Balkone angebracht. Neben den Kosten für Frischwasser und Kanal werden auch die Stromkosten für die gesamte Anlage einschließlich der Sondereigentumsanteile den Wohnungseigentümern einheitlich in Rechnung gestellt.

Das Hotel wurde über mehrere Jahre nicht betrieben. Während des gesamten Jahres 2000 wurden dessen Räumlichkeiten vom neuen Eigentümer entkernt, aus- und umgebaut. Außerdem standen umfangreiche Sanierungsarbeiten, insb. auch an der Außenfassade des Gebäudes an. Mit ihnen befassten sich die Eigentümerversammlungen v. 6.6.2000 und 5.9.2001.

Die Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung (GO) aus den 80er Jahren enthält für die Instandhaltung und die Kostenaufteilung folgende Regelungen:

§ 6 Instandhaltung

1. Die Instandhaltung der zum gemeinschaftlichen Eigentum gehörenden Teile des Gebäudes und des Grundstücks obliegt der Eigentümergemeinschaft, vertreten durch den Verwalter. Die Kostentragung wird in § 12 näher geregelt.

2. Abschlusstüren, Fensteraußenseiten, Balkone und Außenanlagen sind, soweit sie der Nutzung eines Sondereigentums dienen, von diesem Sondereigentümer instand zu halten. In Bezug auf den Außenanstrich oder die äußere Oberflächenbehandlung sind sie wie gemeinschaftliches Eigentum zu behandeln. Im Übrigen hat jeder auf eigene Kosten alle Schäden in den nach außen weisenden Fenstern und Türen seines Sondereigentums zu beseitigen (einschließlich Glasscheiben).

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4. Größere Instandsetzungsmaßn...

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