Leitsatz (amtlich)

Vorlage an den Bundesgerichtshof, ob der Ausschluß der weiteren Beschwerde im Verfahren der Festsetzung der Aufwandsentschädigung gegenüber der Staatskasse auch dann gilt, wenn mit der weiteren Beschwerde nicht die Abänderung eines zuerkannten Betrages, sondern die Feststellung begehrt wird, daß eine Inanspruchnahme der Staatskasse gerechtfertigt ist.

 

Normenkette

FGG § 28 Abs. 2; ZSEG § 16 Abs. 2; BGB § 1836a

 

Verfahrensgang

LG Augsburg (Beschluss vom 27.09.1995; Aktenzeichen 5 T 3958/95)

AG Augsburg (Aktenzeichen XVII 697/95)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde der Betreuerin gegen den Beschluß des Landgerichts Augsburg vom 27. September 1995 wird dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

 

Tatbestand

I.

Die Beschwerdeführerin, Mutter und Betreuerin des Betroffenen, beantragte am 22.7.1995, ihr aus der Staatskasse eine pauschale Aufwandsentschädigung von 375 DM für die Zeit vom 27.6.1994 bis 26.6.1995 zu bewilligen. Mit Beschluß vom 2.8.1995 lehnte das Amtsgericht den Antrag ab, da der Beschwerdeführerin als Mutter des Betreuten kein Anspruch auf Aufwandsentschädigung zustehe. Die Beschwerde der Betreuerin wies das Landgericht mit Beschluß vom 27.9.1995 zurück. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Betreuerin.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die weitere Beschwerde ist dem Bundesgerichtshof vorzulegen (§ 28 Abs. 2 Satz 1 FGG), weil der Senat das Rechtsmittel als zulässig und begründet ansieht und den Beschluß des Landgerichts vom 27.9.1995 und den Beschluß des Amtsgerichts vom 2.8.1995 aufheben und der Beschwerdeführerin eine pauschale Aufwandsentschädigung von 375 DM bewilligen will. Hieran sieht er sich aber durch die Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln vom 13.2.1995 (FamRZ 1995, 1599) gehindert.

1. Die weitere Beschwerde ist zulässig.

Sie ist nicht durch § 1836a Satz 4, § 1835 Abs. 4 Satz 2 BGB, § 16 Abs. 2 ZSEG ausgeschlossen. Diese Bestimmung eröffnet im gerichtlichen Festsetzungsverfahren nur die Erstbeschwerde und schließt die weitere Beschwerde grundsätzlich aus (BayObLGZ 1993, 123; BayObLG FamRZ 1994, 1332; BayObLG Rpfleger 1984, 270). Dieser Ausschluß greift nach dem Sinn der in § 16 Abs. 2 ZSEG getroffenen Regelung nur ein, wenn die Höhe des festgesetzten Betrages angegriffen wird. Ziel der weiteren Beschwerde ist hier jedoch nicht eine Abänderung des im Festsetzungsverfahren zuerkannten Betrages, sondern die Feststellung, daß das Festsetzungsverfahren an sich zulässig ist, weil die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme der Staatskasse vorliegen. In diesem Fall steht § 16 ZSEG der Zulässigkeit der weiteren Beschwerde nicht entgegen (BayObLGZ 1995 Nr. 62 und 63 sowie S. 212; OLG Köln Rpfleger 1994, 417; SchlHOLG BtPrax 1994, 139).

Der Beschluß des Landgerichts vom 27.9.1995 und der Beschluß des Amtsgerichts vom 2.8.1995 sind daher aufzuheben. Der Beschwerdeführerin ist eine Aufwandsentschädigung von 375 DM aus der Staatskasse zu bewilligen. Die notwendigen Kosten der Beschwerdeführerin sind billigerweise der Staatskasse zu überbürden (§ 13a Abs. 1 Satz 1 FGG).

Der Auffassung des Oberlandesgerichts Köln, der Zulässigkeit der weiteren Beschwerde stehe auch im vorliegenden Fall die Bestimmung des § 16 Abs. 2 ZSEG entgegen, vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

a) Das Oberlandesgericht Köln verweist zwar zu Recht darauf, daß der vorlegende Senat in seinen Beschlüssen vom 4.4.1984 (Rpfleger 1984, 270) und vom 11.11.1992 (JurBüro 1993, 285) die Meinung vertreten hat, daß nach § 16 ZSEG gegen den gerichtlichen Beschluß im Festsetzungsverfahren nur die Erstbeschwerde eröffnet, eine weitere Beschwerde deshalb ausgeschlossen sei.

Der Senat hat jedoch mit seinem Beschluß vom 7.7.1995 (BayObLGZ 1995, 212) seine Auffassung dahin präzisiert, daß § 16 Abs. 2 ZSEG nur dann die weitere Beschwerde ausschließe, wenn die Höhe des festgesetzten Betrages angegriffen werde.

b) Der vom Oberlandesgericht Köln vertretenen Meinung, der unmißverständliche Wortlaut in § 16 Abs. 2 ZSEG schließe die weitere Beschwerde für das gesamte Festsetzungsverfahren, mithin für alle Einwendungen zur Grundlage und zur Höhe des Anspruchs aus, eine Beschränkung auf Einwendungen gegen die Höhe finde im Wortlaut der Regelung keine Stütze, kann der Senat nicht folgen.

aa) Bei der Auslegung des § 16 Abs. 2 ZSEG darf nicht allein dessen Wortlaut herangezogen werden. § 1835 Abs. 4 Satz 2 BGB bestimmt die sinngemäße Geltung der Vorschriften über das Verfahren bei der Entschädigung von Zeugen hinsichtlich ihrer baren Auslagen, wenn der Vormund (Betreuer) Ersatz aus der Staatskasse verlange. Wie diese sinngemäße Geltung in Betreuungs- und Unterbringungsverfahren zu verstehen ist, ist unter Abwägung aller Umstände zu ermitteln. Insbesondere sind die unterschiedlichen Funktionen von Zeugen einerseits und Betreuern andererseits zu berücksichtigen (vgl. hierzu bezüglich der Interpretation von § 15 Abs. 2 ZSEG Zimmermann Rpfleger 1996, 9 ff.).

Der Zeuge ist Beweismittel, seine Tätigkeit beschränkt sich auf seine Aussage im Verfahren. E...

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