Entscheidungsstichwort (Thema)

Verstoß gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz u.a. nach Anhörung der Staatsanwaltschaft

 

Verfahrensgang

AG Nürnberg (Urteil vom 23.03.1995)

 

Tenor

I. Auf die Rechtsbeschwerden des Betroffenen und der Nebenbeteiligten wird das Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 23. März 1995 mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.

II. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an einen anderen Richter des Amtsgerichts Nürnberg zurückverwiesen.

 

Tatbestand

I.

Der Betroffene ist verantwortlicher Geschäftsführer der nebenbeteiligten Firma H. K. GmbH, die ihrerseits zu etwas über 50 % an der tschechischen Firma T. K. beteiligt ist.

Am 17. März 1993 schloß der Betroffene für die Nebenbeteiligte mit der Firma T. einen Vertrag über die Errichtung eines Hauses aus Holzfertigteilen in Scheinfeld. Danach sollte die Firma T. einen Bausatz für ein Fertighaus nach Plan, Außenwände beidseitig mit Spanplatte ohne Isolierung, Balkenlage mit Isolierung und Spanplatte 22 mm, Dachstuhl aus Kantholz mit Lattung und Ziegeln montieren und fertig eingedeckt übergeben. Ähnlich lautende Verträge wurden am 3. und 4.10.1993 über die Errichtung von Fertighäusern in W. und … Wa. abgeschlossen.

Im Juli 1993 lieferte die Firma T. die vorgefertigten Teile an die Baustelle S., gleichzeitig schickte sie den Vorarbeiter M. und vier tschechische Arbeiter dorthin. Auf Weisung des Betroffenen überwachte Vorarbeiter S. von der Nebenbeteiligten die Entladearbeiten und gab Hinweise für die Lagerung der einzelnen Teile.

Vor bzw. bei Beginn der Arbeiten gab S. den tschechischen Arbeitern Weisungen und Hinweise bezüglich des Abschnürens der Maße für die Außen- und Innenwände auf dem bereits fertiggestellten Keller und des Anbringens von Markierungen auf der Kellerdecke für die Montage von rechten Winkeln, er sprach mit M. die Pläne durch, erteilte Ratschläge, um das Arbeitstempo zu beschleunigen, er gab Hinweise, wie die zum Teil falsch vorgefertigten Teile gekürzt oder verlängert werden konnten, er überwachte das Aufstellen des Dachstuhls ganztägig, prüfte, ob beim Anbringen der Dachlatten die Maße eingehalten wurden, und gab eine Anleitung zum Eindecken des Hauses mit „Frankfurter Pfannen”.

Schon nach wenigen Tagen hatte sich herausgestellt, daß die gelieferten Teile teilweise nicht paßten und die tschechischen Arbeiter nicht in der Lage waren, den Rohbau selbständig zu erstellen. S. griff daher vermehrt in den Arbeitsablauf ein und erteilte seine Weisungen dem als einzigen deutsch sprechenden Vorarbeiter M., der dann die anderen tschechischen Arbeiter anwies.

Im Laufe der acht bis zehn Wochen dauernden Rohbauerstellung erkannte auch der Betroffene, daß der tschechische Arbeitstrupp nicht in der Lage war, die Werkleistung selbständig zu erbringen. Er duldete, daß … S. weitgehend in den Arbeitsablauf eingriff.

Aufgrund der Erfahrungen mit dem Bauvorhaben S. beauftragte der Betroffene Herrn S. bezüglich des Bauvorhabens in … W. ausdrücklich damit, den Vorarbeiter M. und die vier weiteren dort tätigen tschechischen Arbeiter umfassend zu überwachen. Das Bauvorhaben W. wurde mit Ausnahme einiger unbedeutender Schlußarbeiten praktisch von Anfang bis Ende unter dem Aufsichts- und Weisungsrecht des Zeugen S. abgeschlossen, der weisungsgemäß ständig auf der Baustelle war. Die tschechischen Arbeiter führten keine selbständigen Arbeiten mehr zur Errichtung des Werkes aus.

Beim Anfang November begonnenen Bauvorhaben Wa. stand von Anfang an kein kompletter tschechischer Arbeitstrupp zur Verfügung. Der Betroffene entschloß sich daher, den Rohbau mit eigenen Leuten zu erstellen. Die von der Firma T. entsandten Arbeiter K. und Ko. wurden, soweit es ihre Fähigkeiten zuließen, in dem Arbeitsablauf der Firma K. … integriert. Sie verließen nach einer Kontrolle durch das Hauptzollamt am 10.11.1993 die Baustelle.

Auf den Bauvorhaben S. und W. wurden von den tschechischen Arbeitern insgesamt 1.950 Arbeitsstunden erbracht. Hätte der Betroffene diese Arbeiten durch eigene Leute ausführen lassen, so wären ihm unter Berücksichtigung der Steuer Mehraufwendungen in Höhe von 17.000 DM entstanden.

Das Amtsgericht sprach deswegen den Betroffenen durch Urteil vom 23.3.1995 schuldig, vorsätzlich Arbeitnehmer beschäftigt zu haben, die von einem Verleiher ohne Erlaubnis überlassen wurden, und durch dieselbe Handlung vorsätzlich nichtdeutsche Arbeitnehmer ohne gültige Arbeitserlaubnis beschäftigt zu haben. Aufgrund dessen verhängte es gegen den Betroffenen eine Geldbuße von 6.000 DM und gegen die Nebenbeteiligte eine solche von 17.000 DM.

Hiergegen richten sich die Rechtsbeschwerden des Betroffenen und der Nebenbeteiligten, mit denen sie die Verletzung materiellen Rechts rügen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässigen Rechtsbeschwerden (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 OWiG) … haben Erfolg.

Geht man wie das Erstgericht davon aus, daß die Nebenbeteiligte und die Firma T. K. (im folgenden T.) zunächst Werkverträge, die inhaltsgemäß abgewickelt werden sollten, und nicht bloße Schein...

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