Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Pizza-Liefer-Service bei Zweckbestimmung "Laden"

 

Verfahrensgang

LG München I (Entscheidung vom 11.11.1997; Aktenzeichen 1 T 11254/97)

AG München (Entscheidung vom 05.05.1997; Aktenzeichen UR II 319/95)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 11. November 1997 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegner haben als Gesamtschuldner die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 30 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage.

Das Teileigentum der Antragsgegner ist in der im Grundbuch eingetragenen Teilungserklärung als „Ladeneinheit” beschrieben. Die Antragsgegner überließen die ihnen gehörenden Räume an einen Mieter. Dieser betreibt darin einen Pizza-Liefer-Service.

Das Amtsgericht hat durch Beschluß vom 5.5.1997 den Antragsgegnern unter Androhung von Ordnungsmitteln antragsgemäß untersagt, in ihren Räumen einen Pizza-Liefer-Service zu betreiben oder betreiben zu lassen. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat das Landgericht mit Beschluß vom 11.11.1997 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Der Unterlassungsanspruch sei begründet, weil der in den Räumen der Antragsgegner betriebene Pizza-Liefer-Service mehr beeinträchtige als ein Laden. Der Betrieb halte sich nämlich nicht an die Ladenschlußzeiten. Er sei täglich, also auch an den Wochenenden, von 11.00 Uhr bis 14.00 Uhr und von 17.00 Uhr bis 23.00 Uhr geöffnet. Die außerhalb der üblichen Ladenöffnungszeiten von dem Betrieb ausgehenden Geräusch- und Geruchsentwicklungen müßten die übrigen Wohnungseigentümer nicht hinnehmen.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

Die Antragsteller haben gegen die Antragsgegner einen Unterlassungsanspruch nach § 15 Abs. 3 WEG, § 1004 BGB. Dieser geht dahin, daß in den Räumen der Antragsgegner weder innerhalb noch außerhalb der allgemeinen Ladenöffnungszeiten ein Pizza-Liefer-Service betrieben werden darf.

a) Das Teileigentum der Antragsgegner ist in der Teilungserklärung als Laden bezeichnet. In dieser Bezeichnung liegt nach ständiger Rechtsprechung des Senats eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter (BayObLG ZMR 1993, 427 m.w.N.).

b) Es ist offensichtlich, daß der Betrieb des Pizza-Liefer-Service außerhalb der allgemeinen Ladenöffnungszeiten sich nicht im Rahmen der Zweckbestimmung, wie sie in der Teilungserklärung festgehalten ist, hält.

Der Charakter eines Geschäftsbetriebes in einem Laden ist ganz wesentlich mit der Vorstellung verbunden, daß ein Laden an beschränkte Betriebszeiten gebunden ist (BayObLG aaO; OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 587 f.). Der in den Räumen der Antragsgegner betriebene Pizza-Liefer-Service ist nach den ohne Verfahrensfehler getroffenen und für das Rechtsbeschwerdegericht bindenden Feststellungen des Landgerichts (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 561 Abs. 2 ZPO) täglich von 11.00 Uhr bis 14.00 Uhr und von 17.00 Uhr bis 23.00 Uhr geöffnet. Nach der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise (vgl. im einzelnen dazu BayObLG ZMR 1993, 427; NJW-RR 1994, 527 f.; OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 587 f.) stört der Betrieb eines Pizza-Liefer-Service außerhalb der allgemeinen Ladenöffnungszeiten wegen der mit einem solchen Betrieb verbundenen Lärm- und Geruchsentwicklung mehr als ein Laden und hält sich deshalb nicht im Rahmen der Zweckbestimmung.

c) Der Unterlassungsanspruch erfaßt aber, was in der Begründung des Landgerichts nicht klar genug herausgestellt ist, auch den Betrieb des Pizza-Liefer-Service während der allgemeinen Betriebszeiten eines Ladens.

Unter einem Laden ist in der Regel ein Raum zum Verkauf von Waren zu verstehen (BayObLG ZMR 1993, 427 f.; OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 587 f.); die Herstellung von Speisen kommt allenfalls als Nebentätigkeit hinzu. Demgegenüber steht bei einem Pizza-Liefer-Service die für einen Laden untypische, eher einer Gaststätte oder einer handwerklichen Produktionsstätte wesenseigene Herstellung frischer Speisen im Vordergrund. Eine Produktions- und Auslieferungsstätte für Pizzen ist erfahrungsgemäß mit andersartigen und intensiveren Geruchs- und Geräuschemissionen verbunden als dies bei einem Laden zu erwarten ist (vgl. OLG Düsseldorf aaO). Da auch hier eine typisierende Betrachtungsweise vorzunehmen ist, bedurfte es keiner Beweiserhebung darüber, ob und inwieweit im vorliegenden Fall aus den Geschäftsräumen Gerüche entweichen und wie intensiv die übrigen Wohnungseigentümer durch das An- und Abfahren von Kunden oder von Pkws zur Auslieferung der Pizzen tatsächlich beeinträchtigt werden.

Der Schriftsatz der Antragsteller vom 11.2.1998 war für die Entscheidung ohne Bedeutung.

3. Das Landgericht hat den Antragsgegnern die gerichtlichen und außergerichtliche...

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