Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Zulässigkeit der Abtrennung wohngeldsäumiger Eigentümer von Versorgungsgütern

 

Verfahrensgang

AG München (Aktenzeichen UR II 231/90)

LG München I (Aktenzeichen 13 T 416/91)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 18. Oktober 1991 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß Abschnitt II letzter Satz folgende Fassung erhält:

„Entsprechendes gilt gegenüber einem Gesamtrechtsnachfolger des betroffenen Eigentümers.”

II. Der Antragsteller hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 8.000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.

Der Antragsteller kommt seit 1975 seiner Pflicht, das von ihm geschuldete Wohngeld zu bezahlen, nicht nach. In zahlreichen gerichtlichen Verfahren mußten gegen ihn Vollstreckungstitel erwirkt werden. Derzeit beträgt der rechtskräftig festgestellte Wohngeldrückstand nach den Angaben des Antragstellers 8.000 DM und nach den Angaben der Antragsgegner 60.000 DM. Mit rechtskräftigem Versäumnisurteil vom 23.7.1988 wurde der Antragsteller verurteilt, seine Wohnung zu veräußern. Im Hinblick auf die Belastung der Wohnung mit Zwangssicherungshypotheken in Höhe von ca. 1.000.000 DM und einem Wohnrecht für die Ehefrau des Antragstellers erwies sich die Wohnung bislang jedoch als nicht verwertbar.

Die Versorgung der einzelnen Wohnungen mit Wasser und Heizenergie beruht nicht auf eigenständigen Verträgen zwischen den jeweiligen Wohnungseigentümern und den Versorgungsunternehmen, sondern auf einem Rechtsverhältnis der Gesamtheit der Wohnungseigentümer mit diesen Unternehmen.

Die Wohnungseigentümer beschlossen am 1.3.1990 zu Tagesordnungspunkt 6 („Rechtsverfolgung, insb. H. ≪= Antragsteller≫”):

Die Verwaltung wird beauftragt und bevollmächtigt, bei Wohngeldrückständen und sonstigen Forderungen der Gemeinschaft in Abstimmung mit dem Verwaltungsbeirat gegen den betreffenden Eigentümer hinsichtlich der Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums sowie der Belieferungen durch die Gemeinschaft (Wasser, Heizenergie usw.) ganz oder teilweise das Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB auszuüben und diese Maßnahmen namens der Gemeinschaft notfalls auch gerichtlich durchzusetzen. Entsprechendes gilt gegenüber den Rechtsnachfolgern des betroffenen Eigentümers, gleichgültig ob das Eigentum durch Veräußerung kraft Rechtsgeschäfts, durch Erbfolge, im Wege der Zwangsversteigerung oder in sonstiger Weise auf diesen übergegangen ist.

Der Antragsteller hat am 2.4.1990 (Montag) beantragt, diesen Beschluß für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 3.12.1990 dem Antrag stattgegeben. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 18.10.1991 den Beschluß des Amtsgerichts aufgehoben und festgestellt, daß der Beschluß der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 1.3.1990 TOP 6 in folgender Fassung wirksam ist:

Die Verwaltung wird beauftragt und bevollmächtigt, bei anerkannten oder rechtskräftig festgestellten Wohngeldrückständen (incl. Umlagen und diesbezüglicher Verfahrenskosten) von mehr als 10.000 DM in Abstimmung mit dem Verwaltungsbeirat gegen den betreffenden Eigentümer hinsichtlich der Belieferungen durch die Gemeinschaft (Wasser, Heizenergie) ganz oder teilweise das Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB auszuüben und diese Maßnahmen namens der Gemeinschaft notfalls auch gerichtlich durchzusetzen. Entsprechendes gilt gegenüber den Rechtsnachfolgern des betroffenen Eigentümers, gleichgültig ob das Eigentum durch Veräußerung kraft Rechtsgeschäfts, durch Erbfolge, im Wege der Zwangsversteigerung oder in sonstiger Weise auf diesen übergegangen ist.

Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.

II.

Das Rechtsmittel hat im wesentlichen keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Der Beschluß der Wohnungseigentümer habe mit den sich aus dem Tenor ergebenden Einschränkungen Bestand; im übrigen werde er für ungültig erklärt. Die Antragsgegner seien unter den im Tenor genannten Voraussetzungen gemäß § 273 BGB berechtigt, den Antragsteller von der Belieferung mit Wasser und Heizenergie auszuschließen. Die Bestimmung des § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG enthalte aus den vom OLG Celle (NJW-RR 1991, 1118) zutreffend angeführten Gründen keine abschließende Spezialregelung. Zurückzugreifen sei deshalb auf die Grundsätze des allgemeinen Schuldrechts. Hier werde das Wasser und die Fernwärme von der Wohnungseigentümergemeinschaft bezogen; ihre Mitglieder seien aus dem Gemeinschaftsverhältnis verpflichtet, zunächst einen pauschalierten Vorschuß und nach Vorliegen der Jahresabrechnung den auf sie entfallenden endgültigen Betrag zu bezahlen. Die Wohnungseigentümergemeinschaft sei deshalb berechtigt, ein Zurückbehaltungsrecht in bezug auf die Lieferung weiterer Wärme und von Wasser auszu...

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