Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung

 

Normenkette

EGZPO § 9; InsO § 180 Abs. 1; ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3, §§ 67, 486 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Augsburg (Beschluss vom 22.12.2017; Aktenzeichen 061 OH 1429/17)

 

Tenor

Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen nicht vor.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin hat wegen Baumängeln eines in Luxemburg gelegenen Bauvorhabens bei dem Landgericht Augsburg Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens gestellt, der sich zunächst nur gegen die Antragsgegnerin zu 1) richtete.

Nach dem Vortrag der Antragstellerin hat sie die Antragsgegnerin zu 1), eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit Sitz im Landgerichtsbezirk Karlsruhe, als Statikerin beauftragt und bei Auftragserteilung vereinbart, dass Gerichtsstand Augsburg sein soll.

Das als Anlage ASt 1 vorgelegte "Verhandlungsprotokoll" nennt als Auftraggeberin eine Kommanditgesellschaft, die ausweislich des Handelsregisters formwechselnd in die Antragstellerin umgewandelt wurde; es wird von der Antragstellerin als Vertrag zwischen ihr und der Antragsgegnerin zu 1) bezeichnet.

Der Antragsgegner zu 2) ist Insolvenzverwalter. Nach dem Vortrag der Antragstellerin hat sie den Insolvenzschuldner mit der Ausführung der Glasmontage beauftragt und bei Auftragserteilung vereinbart, dass Gerichtsstand Augsburg sein soll. Auch in dem als Anlage ASt 2 vorgelegten weiteren "Verhandlungsprotokoll" wird die erwähnte Kommanditgesellschaft als Auftraggeberin genannt. Mit Schriftsatz vom 24. Mai 2017 (Anlage ASt 5) hat die jetzige Antragsgegnerin zu 1) dem Insolvenzschuldner, "vertreten durch" den Antragsgegner zu 2), den Streit verkündet. Mit Schriftsatz vom 8. Juni 2017 (ASt 6) ist der jetzige Antragsgegner zu 2) dem Verfahren beigetreten.

Am 22. Dezember 2017 hat das Landgericht Augsburg einen Beweisbeschluss (Anlage ASt 4) erlassen.

Mit Schriftsatz vom 15. Februar 2019 hat die Antragstellerin den Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens auf den Antragsgegner zu 2) erweitert, der mit Schriftsatz vom 26. Februar 2019 (ASt 3) beantragt hat, den Antrag als unzulässig zurückzuweisen. Das Insolvenzverfahren werde vor dem Amtsgericht Aalen geführt. Da die Antragstellerin die mögliche Verantwortlichkeit des Insolvenzschuldners für Mängel geltend mache, die vor Insolvenzeröffnung begründet worden sein sollen, handle es sich in der Hauptsache um Insolvenzforderungen. Für eine solche Klage wäre gemäß § 180 Abs. 1 InsO das Gericht zuständig, zu dessen Bezirk das Insolvenzgericht gehöre. Eine entsprechende ausschließliche Zuständigkeit ergebe sich gemäß § 486 Abs. 2 Satz 1 ZPO auch für das selbständige Beweisverfahren.

Die Antragstellerin hat darauf mit Schriftsatz vom 8. März 2019 Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts gestellt und angeregt, das Landgericht Augsburg zu bestimmen.

Auf den Hinweis, eine Gerichtsstandsbestimmung könne nach der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Hamm - wie im Klageverfahren - im selbständigen Beweisverfahren nicht mehr erfolgen, wenn die Beweisaufnahme bereits begonnen habe, hat die Antragstellerin ausgeführt, dass diese Rechtsprechung nicht überzeuge. Eine Gerichtsstandsbestimmung käme nur dann nicht mehr in Betracht, wenn das Verfahren so weit fortgeschritten sei, dass die Verfahrensgrundrechte der neu beteiligten Parteien nicht mehr angemessen berücksichtigt werden könnten. Dies sei hier nicht der Fall. Den Sachverhalt könne der Antragsgegner ohnehin nicht beeinflussen, da er im selbständigen Beweisverfahren vom Antragsteller bestimmt werde. Der Antragsgegner zu 2) sei dem Verfahren lange vor Erlass des Beweisbeschlusses beigetreten. Ein Ortstermin habe bislang noch nicht stattgefunden.

Die Antragsgegner haben sich zu dem Bestimmungsantrag nicht geäußert.

II. 1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist zur Entscheidung über den Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 9 EGZPO berufen, weil der mit der Antragsgegnerin zu 1) vereinbarte Gerichtsstand, an dem derzeit das selbständige Beweisverfahren anhängig ist, und das Insolvenzgericht, an dem das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Antragsgegners zu 2) geführt wird, in unterschiedlichen Oberlandesgerichtsbezirken (München und Stuttgart) liegen und das zuerst mit der Sache befasste Gericht in Bayern liegt.

2. Die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen nicht vor.

Eine Bestimmung des zuständigen Gerichts kann in entsprechender Anwendung des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO auch für ein selbständiges Beweisverfahren vorgenommen werden (BayObLG, Beschluss vom 24. September 1991, AR 1 Z 75/87, BayObLGZ 1991, 343/344). Bereits der Verfahrensstand steht der beantragten Bestimmung eines gemeinsam zuständigen Gerichts jedoch entgegen. Daher ist nicht mehr darauf einzugehen, dass das Verfahren nicht - wie von § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO grundsätzlich vorausgesetzt - am allgemeinen Gerichtsstand eines der angeblichen Streitgenossen g...

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