Leitsatz (amtlich)

1. Den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung muss es nicht widersprechen, wenn die Wohnungseigentümer statt der vorgeschlagenen Sanierung einer Fassadenfläche durch Anbringung eines Vollwärmeschutzes im Hinblick auf sonstige dringliche Baumaßnahmen übergangsweise eine sachverständigenseits ebenfalls ins Spiel gebrachte Reparatur durch Verspachteln entstandener Risse durchführen lassen. Haben die Wohnungseigentümer bis zu dieser Reparatur schuldhaft eine Instandhaltung der Fassade verzögert, beruht ein Schaden am Sondereigentum, der nach der Reparatur der Fassade entstanden ist, nicht auf einer schuldhaften Pflichtverletzung der Wohnungseigentümer.

2. Fenster aus Kunststoff mit Isolierglas sind Teil des gemeinschaftlichen Eigentums.

3. Kostenerstattungsanspruch eines Wohnungseigentümers gegen die Gemeinschaft beim Austausch von Fenstern, auch wenn nachträglich nicht mehr feststellbar ist, ob es sich hierbei um die einzige in Betracht kommende Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung handelt.

4. Durch Gerichtsbeschluss können die übrigen Wohnungseigentümer nicht ohne Einschränkung zur Zahlung des verauslagten Betrags verpflichtet werden. Der auf den Antragsteller bei Anwendung des Kostenverteilungsschlüssels entfallende Anteil ist abzuziehen. Die Verpflichtung jedes Wohnungseigentümers beschränkt sich der Höhe nach auf den auf ihn entfallenden Anteil; insoweit besteht kein Gesamtschuldverhältnis (Ergänzung zu BayObLGZ 1986, 322).

 

Normenkette

BGB §§ 670, 677, 683-684, 812; WEG § 16 Abs. 2, § 21 Abs. 2, 4, 5 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG München II (Beschluss vom 14.04.2003; Aktenzeichen 6 T 1195/96)

AG Starnberg (Beschluss vom 30.01.1996; Aktenzeichen UR II 47/95)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers werden die Beschlüsse des AG Starnberg vom 30.1.1996 und des LG München II vom 14.4.2003 dahin abgeändert, dass die Antragsgegner verpflichtet werden, an den Antragsteller 3.337,64 Euro (= 6.527,86 DM) nebst 4 % Zinsen seit 7.7.1994 zu bezahlen.

Die Verpflichtung der Antragsgegner beschränkt sich der Höhe nach auf die jeweilige Quote ihres aus dem Grundbuch ersichtlichen Miteigentumsanteils, soweit nicht Befriedigung aus einem Gemeinschaftskonto der Wohnungseigentümer zu erlangen ist.

Im Übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde zurückgewiesen.

II. Die Gerichtskosten sämtlicher Rechtszüge werden gegeneinander aufgehoben. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 6.050 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage, deren Gebäude vor 1970 im sozialen Wohnungsbau errichtet wurden. Die Bildung von Wohnungseigentum vollzog sich in den Jahren 1979/1980. Dem Antragsteller gehört seit Oktober 1993 die Wohnung Nr. 16. Nach der Gemeinschaftsordnung bilden die Innenfenster einen Teil des Sondereigentums.

Ab 1980 wurde die Wohnanlage in mehreren Abschnitten saniert. So wurden 1980 die Giebelwände zweier Gebäude verkleidet, 1989 wurde das Dach erneuert, 1990/1991 ließen die Wohnungseigentümer Fassadenrisse beseitigen und 1993 einen Vollwärmeschutz an der Nordfassade anbringen.

Schon 1980 kam es in der Wohnung des Antragstellers zu Schimmelpilzbildung, vor allem an der Innenwand der Nordfassade. Die Rechtsvorgängerin des Antragstellers bemühte sich seit 1986 zunächst wiederholt vergeblich, in Eigentümerversammlungen einen Beschluss über die Anbringung einer wärmeisolierenden Verkleidung vor allem an der Nordfassade herbeizuführen. Bereits in den Jahren 1980 und 1983, aber auch im Jahr 1990 hatten unterschiedliche Gutachter neben individuellem Heizverhalten Risse in der Nordfassade und eine fehlende Fassadenisolierung für die Schimmelpilzbildung in den daran angrenzenden Wohnungen verantwortlich gemacht. In der Eigentümerversammlung vom 24.5.1993 beschlossen die Wohnungseigentümer schließlich die entspr. Sanierung der Gebäudenordseite durch Anbringen einer Wärmeschutzverkleidung. Seit die Maßnahme noch im gleichen Jahr durchgeführt wurde, gibt es in der Wohnung des Antragstellers keine Schimmelpilzbildung mehr.

Der Antragsteller hatte seine Wohnung vermietet. Wegen der Schimmelpilzbildung nahm der Mieter in den Jahren 1991 bis 1993 eine Mietkürzung vor und zog schließlich aus. Der Antragsteller begehrt nun aus eigenem und aus abgetretenem Recht seiner Rechtsvorgängerin von den Antragsgegnern Schadensersatz wegen schuldhaft verzögerter Sanierungsmaßnahmen i.H.v. 4.932,29 DM (= 2.521,84 Euro), nämlich der Differenz zwischen verlangter und erhaltener Miete, Inseratskosten, Kosten für anwaltliche Beratung, Aufwendungen zur Schimmelpilzbeseitigung, Mehrkosten für Maler- und Reparaturarbeiten sowie Mietausfall infolge Leerstands der Wohnung.

Darüber hinaus verlangt der Antragsteller Ersatz von Aufwendungen für einen Fensteraustausch. Damit hat es folgende Bewandtnis:

Im Jahr 1987 hielt die Rechtsvorgängerin des Antragstellers die zweiflügeligen Fen...

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