Entscheidungsstichwort (Thema)

Kosten

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur Festsetzung des Geschäftswertes im Rahmen des Erbscheinserteilungsverfahrens, wenn zum Nachlass ein land- bzw. forstwirtschaftlicher Betrieb gehört.

 

Normenkette

KostO § 30 Abs. 1, § 107 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Altötting (Aktenzeichen VI 103/90)

LG Traunstein (Aktenzeichen 4 T 3513/90)

 

Tenor

I. Die Beteiligte zu 3 hat die den Beteiligten zu 1 und 2 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

II. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 180.000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Der Erblasser ist im Jahr 1990 im Alter von 76 Jahren verstorben. Aus seiner Ehe mit der Beteiligten zu 2 ist als einziges Kind die Beteiligte zu 3 hervorgegangen.

In einem notariell beurkundeten Testament vom 12.12.1989 hat der Erblasser einen mit ihm verwandten Landwirt, den Beteiligten zu 1, als „alleinigen und uneingeschränkten Erben” eingesetzt, weil dieser der geeignete Nachfolger zur Fortführung seines landwirtschaftlichen Anwesens sei. Ersatzerbin sollte die Ehefrau des Erblassers sein. Zu deren Gunsten hat der Erblasser verschiedene Vermächtnisse angeordnet, damit ihr „Lebensabend” gesichert sei. Seiner Tochter entzog er „jeden gesetzlichen Pflichtteilsanspruch”, weil sie sich ihm gegenüber eines schweren vorsätzlichen Vergehens schuldig gemacht habe. Er wandte ihr jedoch vermächtnisweise einen Betrag von 100.000 DM zu.

Der Verkehrswert des landwirtschaftlichen Anwesens, dessen Alleineigentümer der Erblasser war, beträgt nach den Feststellungen des Nachlaßgerichts 1.949.194 DM; der Einheitswert wurde vom Finanzamt zum 1.1.1964 auf 59.300 DM festgesetzt. Der übrige Nachlaß besteht im wesentlichen aus Bankguthaben in Höhe von insgesamt 42.430 DM.

Der Beteiligte zu 1 erklärte vor dem Nachlaßgericht, er benötige keinen Erbschein, weil sein Erbrecht auf einer öffentlichen Urkunde beruhe. Grundbuchberichtigung „allerorts” werde jedoch beantragt. Eine Abschrift des Testaments und der Niederschrift vom 30.3.1990 wurden ihm ausgehändigt. Die Beteiligte zu 3 beantragte einen Erbschein, der sie als Alleinerbin ausweise. Ferner beantragte sie, das dem „vermeintlichen Erben” ausgehändigte Testament einzuziehen und vorläufig für kraftlos zu erklären. Zur Begründung trug sie vor, daß das Testament vom 12.12.1989 nicht vom Erblasser unterschrieben worden und somit unwirksam sei. Die Beteiligte zu 2 sei erbunwürdig, weil sie die Unterschrift des Erblassers auf der Testamentsurkunde „nachgemacht” oder diesen zur Unterschriftsleistung gezwungen habe. Hierauf verfügte der Rechtspfleger des Nachlaßgerichts, daß der Antrag auf Grundbuchumschreibung bis zur weiteren Klärung des Sachverhalts dem Grundbuchamt nicht vorgelegt werde.

Der Nachlaßrichter lehnte am 27.7.1990 die Anträge der Beteiligten zu 3 auf Erteilung eines Erbscheins und auf Einziehung des dem Beteiligten zu 1 ausgehändigten Testaments ab. Ferner ordnete er an, daß die Beteiligte zu 3 die den Beteiligten zu 1 und 2 entstandenen Kosten zu erstatten habe. Den Geschäftswert setzte er auf 1.990.000 DM fest. Zur Begründung führte er im wesentlichen aus, daß die Beteiligte zu 3 nicht Erbin geworden sei, denn der Beteiligte zu 1 sei wirksam zum Alleinerben eingesetzt. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen sei das Testament vom 12.12.1989 vom Erblasser im Beisein des Notars unterzeichnet worden. Für eine Einziehung des Testaments fehle es unabhängig von der materiellen Erbrechtslage an einer gesetzlichen Grundlage.

Gegen diese Entscheidung legte die Beteiligte zu 3 mit Schriftsatz vom 13.8.1990 Beschwerde ein, die das Landgericht am 4.5.1991 zurückwies. Ein Geschäftswert wurde nicht festgesetzt.

Die Beteiligte zu 3 hat mit Schriftsatz vom 19.6.1991 weitere Beschwerde eingelegt, wobei sie „zur vorläufigen Begründung” auf die Ausführungen und Beweisantritte in den Vorinstanzen „vollinhaltlich” Bezug nahm. Die Beteiligten zu 1 und 2 beantragten, das Rechtsmittel zurückzuweisen. In einer weiteren Beschwerdebegründung vom 14.8.1991 führte die Beteiligte zu 3 aus, der Erbscheinsantrag vom 6.4.1990 werde „nicht aufrechterhalten”. Hingegen werde der Antrag, das dem Beteiligten zu 1 ausgehändigte Testament nebst Eröffnungsniederschrift einzuziehen, weiterverfolgt. Mit Schriftsatz vom 10.9.1991 nahm die Beteiligte zu 3 ihr Rechtsmittel zurück.

Die Beteiligten zu 1 und 2 beantragen, die ihnen entstandenen Kosten der Beteiligten zu 3 aufzuerlegen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Nach Zurücknahme einer weiteren Beschwerde bedarf es grundsätzlich keiner Entscheidung über die Gerichtskosten. Wer die Gebühr gemäß § 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KostO zu tragen hat, ergibt sich aus der Kostenordnung (BayObLG FamRZ 1983, 96). Hingegen ist über die Erstattung der den Beteiligten entstandenen außergerichtlichen Kosten gemäß § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG nach billigem Ermessen zu befinden (BGHZ 28, 117/121; BayObLG aaO). Bei der Zurücknahme eines Rechtsmittels entspricht es regelmäßig der Billigkeit, daß derjenige, der ein Rechtsm...

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