Gründe

I. Die Kläger haben im Jahre 1982 eine Eigentumswohnung durch Kauf erworben, die der Beklagte bewohnt und die er von der Voreigentümerin durch Vertrag vom 28.7.1976 gemietet hatte. Die Wohnung besteht aus einem Zimmer, Kochnische, Bad und Diele mit Einbauschrank. Der Beklagte bewohnt dieses Appartement allein. Der neunzehnjährige Sohn der Kläger wohnt in deren Haus und hat ein Zimmer von 16 m² Größe zur alleinigen Verfügung.

Mit Schreiben vom 20.1.1983 hatten die Kläger dem Beklagten zusammen mit dem neu ausgefertigten Mietvertrag mitgeteilt, daß sie zum 1.1.1986 Eigenbedarf für ihren Sohn geltend machen; dieser werde die Wohnung dann beziehen. Die Kläger haben zunächst mit Schreiben vom 28.6.1985 das Mietverhältnis zum 31.3.1986 mit der Begründung gekündigt, daß sie die Wohnung für ihren Sohn benötigen, außerdem die Freistellung von der Grunderwerbsteuer entfallen würde, wenn nicht ein Familienangehöriger bis Ende 1987 die Wohnung beziehe und wenigstens ein Jahr darin wohne. Der Beklagte hat der Kündigung bereits am 1.7.1985 widersprochen. Am 16.7.1985 haben die Kläger, vertreten durch den Haus- und Grundbesitzerverein München, vorsorglich nochmals gekündigt, diesmal zum 30.4.1986 und mit einer erweiterten Begründung dafür, daß die Wohnung für den Sohn benötigt werde und die Grunderwerbsteuer von mehr als 8.000 DM im Verhältnis Monatsmiete von 390 DM einen erheblichen wirtschaftlichen Nachteil darstelle.

Das Amtsgericht München hat zunächst durch Versäumnisurteil der Räumungsklage stattgegeben. Nach Einspruch des Beklagten hat es das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Das Amtsgericht hat die Entscheidung damit begründet, daß Eigenbedarf nicht besteht, weil der Sohn der Kläger ausreichend untergebracht sei, und daß die Pflicht zur Zahlung der Grunderwerbsteuer sei, und daß die Pflicht zur Zahlung der Grunderwerbsteuer kein berechtigtes Interesse im Sinne des § 564 b BGB herbeiführe; denn ein solches Interesse könne nur dann bestehen, wenn bereits im Kündigungsschreiben eindeutig dargetan sei, daß der Wegfall der Steuerersparnis für die Kläger von besonderer Bedeutung sei. An einer solchen Darlegung fehle es.

Mit der Berufung verfolgen die Kläger den Räumungsanspruch weiter. In der Berufungsbegründung wird ausgeführt: Der Sohn der Kläger, seit Herbst 1985 Banklehrling, solle durch das kostenlose Wohnen im Appartement lernen, selbständig mit seiner Ausbildungsvergütung zu wirtschaften; dies liege auch im Interesse der Eltern. Da das Appartement sich im selben Stadtviertel wie das Haus der Kläger befindet, könnten die Kläger ihrem Sohn eine gewisse Hilfe bereitstellen und die Wohnung als eine Unterhaltsleistung bieten. Demgegenüber sei es dem 30jährigen Beklagten zuzumuten, einen Umzug auf sich zu nehmen; geeigneter Wohnraum zu vergleichbaren Preisen würde sogar im selben Haus laufend frei. Die Kläger berufen sich weiter auf den Nachteil, der durch den Wegfall der Grunderwerbssteuerbefreiung entstehe und beanstanden, daß das Amtsgericht die beiden vorgetragenen Gründe nur getrennt gewürdigt und nicht auf die Gesamtheit der vorgetragenen Gründe für das berechtigte Interesse an der Kündigung abgestellt habe.

Der Beklagte tritt diesen Ausführungen entgegen und hält das angefochtene Urteil für nichtig.

Das Landgericht hat mit Beschluß vom 16.4.1986 zum Rechtsentscheid folgende Rechtsfrage vorgelegt:

›Wird vom Vermieter eine Wohnung für einen Familienangehörigen im Sinne des § 564 b II Ziff. 2 BGB schon dann benötigt, wenn bei dem Familienangehörigen ein Nutzungswille besteht, ohne daß es auf dessen unzureichende Unterbringung ankommt und der Vermieter deshalb zur Deckung dieses Wunsches die Wohnung herausverlangt?‹

In den Gründen ist ausgeführt: Der Sohn der Kläger sei im elterlichen Anwesen ausreichend untergebracht. Der Wegfall der Grunderwerbssteuerbefreiung rechtfertige die Kündigung nicht, weil die den Klägern erwachsenden wirtschaftlichen Nachteile unter Würdigung aller Umstände nicht für erheblich im Sinne des Rechtsentscheids vom 17.10.1983 (BayObLGZ 1983, 245) erachtet werden. Die Kammer vertritt die Ansicht, daß ein Eigenbedarf gemäß § 564 b Abs. 2 Nr. 2 BGB für Angehörige des Vermieters nicht bestehe, wenn diese bereits angemessen untergebracht sind; deshalb sei ein Nutzungswille der Angehörigen allein nicht ausreichend. Diese Auffassung habe auch das Kammergericht im Rechtsentscheid vom 25.2.1981 (NJW 1981, 1048 = WuM 1981, 82) vertreten und werde vom Bayerischen Obersten Landgericht geteilt, wie dessen Rechtsentscheid vom 17.12.1984 (Az. RE-Miet 6/84) zu entnehmen sei. Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg habe jedoch entschieden (NJW 1986, 852 = WuM 1986, 51), daß es für den Eigenbedarf bereits ausreiche, wenn bei den Familienangehörigen ein entsprechender Nutzungswille bestehe. Von diesem Rechtsentscheid wolle die Kammer abweichen.

Die Parteien haben zu dem Beschluß Stellung genommen.

II. 1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist zuständig, bei der Vorlage zum Rechtsentscheid...

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