Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Nachteilige bauliche Veränderung durch Ersetzen von Glasbausteinen im Treppenhaus

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Entscheidung vom 20.08.1997; Aktenzeichen 14 T 3297/97)

AG Hersbruck (Entscheidung vom 25.02.1997; Aktenzeichen UR II 30/95)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 20. August 1997 dahin abgeändert, daß sämtliche Eigentümerbeschlüsse vom 30. März 1995 für ungültig erklärt werden.

II. Die Antragsgegner haben als Gesamtschuldner die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 3.000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.

In der Versammlung vom 30. März 1995, in der nicht alle Wohnungseigentümer erschienen oder vertreten waren, beschlossen die Wohnungseigentümer die Erneuerung des Gebäudes, insbesondere der Fassade und der Balkonbrüstungen, nach Maßgabe eines Kostenvoranschlags der Firma St., ferner die Ersetzung der Glasbausteine im Treppenhaus durch Fenster und eine Finanzierung der Maßnahmen in der Größenordnung von etwa 250.000 DM entsprechend einem Vorschlag der Verwalterin.

Die Antragstellerin hat beantragt, diese Eigentümerbeschlüsse für ungültig zu erklären. Soweit der Antrag die Ersetzung der Glasbausteine im Treppenhaus durch Fenster betrifft, ist zur Begründung ausgeführt, bei der Ersetzung handle es sich um eine bauliche Veränderung, mit der eine erhebliche optische Veränderung verbunden sei und die in bauphysikalische Verhältnisse des Treppenhauses eingreife. Das Amtsgericht hat den Antrag am 25.3.1997 abgewiesen. Der Ausbau der Glasbausteine stelle zwar eine bauliche Veränderung dar; diese habe aber als Modernisierung mit Stimmenmehrheit beschlossen werden können, weil Glasbausteine technische Probleme aufwürfen, ihr Einbau nicht mehr empfohlen werde und auch nicht mehr den ästhetischen Empfindungen entspreche. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat das Landgericht durch Beschluß vom 20.8.1997 die Entscheidung des Amtsgerichts dahin abgeändert, daß unter Zurückweisung der Beschwerde im übrigen die zur Sanierung von Fassade und Balkonen gefaßten Beschlüsse für ungültig erklärt wurden. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin, soweit ihre sofortige Beschwerde zurückgewiesen wurde.

II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Abänderung der Entscheidung des Landgerichts dahin, daß sämtliche am 30.3.1995 gefaßten Eigentümerbeschlüsse für ungültig erklärt werden.

1. Das Landgericht hat, soweit die Entscheidung den Austausch der Glasbausteine betrifft, ausgeführt: Bei dem Austausch handle es sich um eine bauliche Umgestaltung des Gebäudes. Der hierzu nur von der Mehrheit der Eigentümer gefaßte Beschluß könne jedoch nicht für ungültig erklärt werden. Denn die Zustimmung der Antragstellerin sei entbehrlich gewesen, weil ihr keine Nachteile erwüchsen. Jedoch dürften von der Antragstellerin mangels Billigung insoweit keine Kosten verlangt werden.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Das Landgericht geht davon aus, daß die Ersetzung der Glasbausteine durch Fenster eine bauliche Veränderung darstellt, die über eine ordnungsmäßige Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgeht und deshalb grundsätzlich nicht mit Stimmenmehrheit beschlossen werden kann (§ 22 Abs. 1 Satz 1 WEG). Die Zustimmung der Antragstellerin hält es aber deshalb für entbehrlich, weil dieser kein Nachteil erwachse, der über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehe (§ 22 Abs. 1 Satz 2, § 14 Nr. 1 WEG). Dieser nicht näher begründeten Ansicht des Landgerichts kann nicht gefolgt werden. Die Antragstellerin hat schon im Verfahren vor dem Amtsgericht mit Schriftsatz vom 16.1.1996 geltend gemacht, daß mit der Ersetzungsmaßnahme eine erhebliche optische Veränderung des Gebäudes verbunden sei. Auf eine nachteilige Veränderung des architektonischen Erscheinungsbildes stützt sie auch ihre sofortige weitere Beschwerde. Diesem Sachvortrag sind die Antragsgegner weder in ihrem Erwiderungsschriftsatz im Verfahren vor dem Amtsgericht vom 6.2.1996 noch sonst entgegengetreten. Der Senat geht daher von seiner Richtigkeit aus. Eine nachteilige optische Veränderung des Gebäudes fällt nach allgemeiner Meinung unter § 14 Nr. 1 WEG (vgl. BayObLG WuM 1997, 186 m.w.N.). Für das Vorliegen der Voraussetzungen einer sogenannten verbessernden oder modernisierenden Instandsetzung (s. dazu BayObLGZ 1988, 271; 1990, 28; KG NJW-RR 1994, 528) ergeben sich keine Anhaltspunkte.

b) In der Versammlung vom 30.3.1995 wurde von den Wohnungseigentümern auch ein Finanzierungsvorschlag der Verwalterin genehmigt. Das Landgericht ist nicht auf die Frage eingegangen, ob der Eigentümerbesc...

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