Leitsatz (amtlich)

1. Kommen zwei alternative Abstammungsstatute in Betracht, aufgrund derer das Kind zwei Väter im Rechtssinne hat, geht nach dem Günstigkeitsprinzip die gesetzlich vermutete Vaterschaft des (Ex-)Ehemanns der Mütter der Vaterschaft eines anerkennenden Dritten vor. Das gilt nicht, wenn der Dritte im Augenblick der Geburt die Vaterschaft wirksam anerkannt hat; in diesem Fall ist nach dem Günstigkeitsprinzip dem Kind der wahrscheinliche Vater zuzuordnen.

2. Zur Berichtigung des Geburtenbucheintrages über die Familiennamen von Mutter und Kind, die türkische Staatsangehörige sind, in einem Fall, in dem das Kind innerhalb von 300 Tagen nach Scheidung der Mutter geboren worden ist.

 

Normenkette

EGBGB Art. 19 Abs. 1; BGB § 1592 Nr. 2, § 1594 Abs. 2, § 1599 Abs. 2; Türkisches ZGB Art. 141 S. 2; Türkisches ZGB Art. 241; Türkisches ZGB Art. 259

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 08.10.2001; Aktenzeichen 13 T 5520/99)

AG Nürnberg (Aktenzeichen UR III 122/99)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3 wird der Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 8. Oktober 2001 aufgehoben, insoweit es die Berichtigung des Geburtsnamens des Kindes angeordnet hat. Der Antrag der Beteiligten zu 2 auf Berichtigung des Geburtsnamens des Kindes wird zurückgewiesen.

II. Im übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Das im September 1998 in Nürnberg geborene Mädchen ist die Tochter der Beteiligten zu 2 und lebt bei ihr in Nürnberg. Beide sind türkische Staatsangehörige. Die Beteiligte zu 2, eine geborene B., hatte 1997 in der Türkei den türkischen Staatsangehörigen A. (Beteiligter zu 1) geheiratet. Die Ehe wurde mit Entscheidung eines Gerichts der Türkei vom 11.6.1998, rechtskräftig seit 15.6.1998, geschieden.

Die Geburt des Kindes wurde am 9.11.1998 beim Standesamt Nürnberg beurkundet. In dem Eintrag heißt es unter anderem:

Das Kind hat die Vornamen … erhalten und führt den Familiennamen A.

Als Name der Mutter wurde eingetragen „A., geb. B.”; weiterhin enthält das Geburtenbuch die Eintragung „Vater des Kindes ist A.”. Am 19.11.1998 erkannte der türkische Staatsangehörige C. zu Urkunde des Standesbeamten des Ständesamts Nürnberg die Vaterschaft mit Zustimmung der Beteiligten zu 2 an.

Die Beteiligte zu 2 beantragte am 5.5.1999 die Berichtigung des Geburtenbucheintrages vom 9.11.1998 dahin, daß für sie und das Kind ihr Geburtsname B. als Familienname eingetragen werde. Mit Beschluß vom 7.6.1999 ordnete das Amtsgericht an:

Der Eintrag des Standesamtes im Geburtenbuch ist durch Beischreibung folgenden Randvermerks zu berichtigen:

Die Angaben über den eingetragenen Vater sind zu streichen. Die Mutter und das Kind führen den Familiennamen „B.”.

Gegen diesen am 23.6.1999 zugestellten Beschluß legte die Beteiligte zu 3 (Standesamtsaufsicht) sofortige Beschwerde ein mit dem Antrag, die Entscheidung des Amtsgerichts zu bestätigen. Das Landgericht entschied mit Beschluß vom 8.10.2001 wie folgt:

I. Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 3 wird der Beschluß des Amtsgerichts vom 7.6.1999 da hin abgeändert, daß der Randvermerk nur zu lauten hat:

Die Mutter und das Kind führen den Familiennamen „B.”.

II. Im übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Gegen diese ihr formlos zugegangene Entscheidung legte die Beteiligte zu 3 am 31.10.2001 sofortige weitere Beschwerde ein, mit der sie nunmehr die Bestätigung der landgerichtlichen Entscheidung anstrebt.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 49 Abs. 1 Satz 1, Abs. 1, § 48 Abs. 1 PStG, § 27 Abs. 1, § 29 Abs. 1 Satz 1 und 3, Abs. 4, § 22 Abs. 1 FGG). Als Aufsichtsbehörde des Standesbeamten kann die Beteiligte zu 3 Rechtsmittel ohne Rücksicht darauf einlegen, ob sie beschwert ist (§ 49 Abs. 2 PStG). Das Rechtsmittel führt nicht in vollem Umfang zur Bestätigung der landgerichtlichen Entscheidung.

Das Landgericht hat zu Unrecht die Voraussetzungen für die Berichtigung des Geburtsnamens des Kindes angenommen. Diese sind nur bezüglich des Familiennamens der Mutter gegeben. Insoweit hat es die amtsgerichtliche Entscheidung ohne Rechtsfehler bestätigt. Im übrigen hat das Landgericht mit zutreffenden Gründen die Anordnung des Amtsgerichts, die Angaben über den eingetragenen Vater zu streichen, aufgehoben. In den beiden letztgenannten Punkten ist die landgerichtliche Entscheidung zu bestätigen.

2. Das Landgericht hat ausgeführt:

a) Zu Recht habe das Amtsgericht angeordnet, daß als Familienname der Mutter und des Kindes „B.” einzutragen sei. Die Beteiligte zu 1 trage nach Scheidung gemäß Art. 141 des türkischen Zivilgesetzbuches wieder ihren Geburtsnamen als Familiennamen.

b) Die Beteiligte zu 1 lebe in Deutschland und könne als Inhaberin der elterlichen Sorge (Art. 21 EGBGB, § 1626a Abs. 2 BGB) bestimmen, daß sich der Familienname des Kindes nach deutschem Recht richte (Art. 10 Abs. 3 Nr. 2 EGBGB). Dies habe die Beteiligte zu 1 zur Niederschrift des Standesbeamten am 5.5.1999 form...

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