Leitsatz (amtlich)

1. Kostenschuldner für ein Geschäft, welches nur auf Antrag vorgenommen wird, kann nur ein Antragsteller sein. In einem Erbscheinsverfahren genügt hierfür ein Verfahrensantrag, mit dem die weitere Tätigkeit des Nachlassgerichts veranlasst wird. Ein Sachantrag auf einen bestimmten Erbschein braucht noch nicht gestellt zu sein.

2. Weist der vom Nachlassgericht mit einem Rechtsgutachten zur kollisions- und sachrechtlichen Lage (hier: zur Erbfolge nach einem in Deutschland verstorbenen niederländischen Erblasser) beauftragte Sachverständige nicht darauf hin, dass sein Gutachten voraussichtlich einen für derartige Gutachten unüblichen Zeitumfang von über 200 Stunden erfordern und damit unverhältnismäßige Kosten von mehr als 23.000 Euro verursachen werde, kann dies zu einer Kürzung seiner Entschädigung (hier: auf 40 v.H.) führen. Setzt das Nachlassgericht die Sachverständigenentschädigung ungekürzt fest, sind gleichwohl vom Kostenschuldner nur die gekürzten Auslagen zu erheben.

 

Verfahrensgang

LG München II (Beschluss vom 23.09.2003; Aktenzeichen 6 T 6368/97)

AG Miesbach (Beschluss vom 11.08.2003; Aktenzeichen VI 66/96)

 

Tenor

I. Auf die weitere Beschwerde werden der Beschluss des LG München II vom 23.9.2003 und der Beschluss des AG Miesbach vom 11.8.2003 aufgehoben.

II. Der Kostenansatz des AG Miesbach vom 4.2.2003 wird dahingehend abgeändert, dass die Beteiligte 7.617,33 Euro zu zahlen hat.

III. Im Übrigen wird die weitere Beschwerde zurückgewiesen.

IV. Der Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde beträgt 21.546,81 Euro.

 

Gründe

I. Die Beteiligte war die zweite Ehefrau des Erblassers, eines niederländischen Staatsangehörigen.

Mit einem am 14.5.1991 vor einem niederländischen Notar errichteten Testament hatte er die Beteiligte zur Miterbin neben seinen Kindern - einem ehelichen Sohn sowie einer Tochter, für welche die Vaterschaft erst danach förmlich anerkannt wurde -, dem Kind der Beteiligten sowie seiner Schwester eingesetzt.

In einem am 10.12.1995 privatschriftlich errichteten Testament hat der Erblasser hingegen die Beteiligte zur alleinigen Erben bestimmt. Seine beiden Kinder sowie die Tochter der Beteiligten sollten eine Zuwendung von je 90.000 Hfl. erhalten.

Mit Schreiben vom 22.1.1996 bestellte sich im Nachlassverfahren eine Rechtsanwaltskanzlei für den Sohn des Erblassers und trat mit Schriftsatz vom 13.2.1996 vorsorglich der Erteilung eines Alleinerbscheins zu Gunsten der Beteiligten entgegen.

Den ihr zugesandten Fragebogen reichte die Beteiligte ausgefüllt an das Nachlassgericht zurück. Darin gab sie an, dass ein Erbschein benötigt werde. Mit Schreiben vom 28.2.1996 bestätigten ihre Verfahrensbevollmächtigten ggü. dem Gericht, dass die Beteiligte in jedem Fall einen Erbschein beantragen werde. Unter Bezugnahme auf die zuvor telefonisch bekundete Absicht der Rechtspflegerin, ein Gutachten zur Frage der anwendbaren Rechtsordnung und der etwaigen Erbfolge nach niederländischem Recht einzuholen, wird in dem Schreiben ausgeführt: "Für eine Beschleunigung der Angelegenheit wären wir sehr dankbar, da wichtige Dispositionen ohne den Erbschein nicht getroffen werden können".

In einem weiteren Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 29.3.1996, in welchem für die Erstellung des Gutachtens benötigte Angaben mitgeteilt wurden, wird gebeten, "das Gutachten über die Erbfolge bereits in Auftrag zu geben, damit keine weiteren zeitlichen Verzögerungen eintreten." Ein Erbschein werde von der Beteiligten in jedem Fall beantragt werden.

Das Nachlassgericht gab am 11.10.1996 nach zeitaufwändiger Klärung der Gutachterfrage das Gutachten in Auftrag und teilte dies der Beteiligten mit.

Mit Schriftsatz vom 13.3.1997 schlugen die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten im Hinblick auf die offenbar langwierige Begutachtung als pragmatischen Lösungsweg vor: Die Beteiligte solle einen uneingeschränkten Erbschein als alleinige Erbin erhalten, wenn einer entsprechenden Ankündigung der Rechtspflegerin von den übrigen in den beiden Testamenten erwähnten Personen nicht binnen einer zu setzenden Frist widersprochen werde.

Diesem Vorschlag widersprach das Nachlassgericht mit Schreiben vom 11.4.1997 unter Hinweis auf seine Verpflichtung, "die Erbfolge festzustellen, wenn ein Erbscheinsantrag gestellt wird." Die beteiligten Personen könnten nicht den Inhalt des Erbscheins wirksam vereinbaren, da die Erbenstellung nur durch Gesetz, Testament oder Erbvertrag begründet werden könne. "Gemäß § 2358 Abs. 1 BGB" habe das Nachlassgericht die zur Feststellung der Erbfolge erforderlichen Ermittlungen zu führen. Die Prüfungspflicht des Nachlassgerichts könne nicht durch Anerkennung des Erbrechts beseitigt werden. Das Hinweisschreiben des Gerichts schließt mit den Worten: "Es muss vor der Erteilung des Erbscheins also die Fertigstellung des Gutachtens abgewartet werden."

In einem Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 9.10.1997, mit dem sich die Beteiligte gegen die Anordnung einer Nachlasspflegschaft und gegen die Auswahl d...

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