Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Vereinbarung eines Verbots der gewerblichen Nutzung einer Wohnung durch Eigentümerversammlung

 

Verfahrensgang

LG München I (Entscheidung vom 05.08.1986; Aktenzeichen 1 T 9837/86)

AG München (Entscheidung vom 16.04.1986; Aktenzeichen UR II 188/85)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluß des Landgerichts München I vom 5. August 1986 aufgehoben.

II. Die sofortige Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluß des Amtsgerichts München vom 16. April 1966 wird zurückgewiesen.

III. Die Antragsteller haben samtverbindlich die Kosten des Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten des Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahrens wird abgesehen.

IV. Der Geschäftswert für das Beschwerde- und das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf je 30 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten sind Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. In der Gemeinschaftsordnung ist bestimmt:

2.6 Bei Ausübung seines Nutzungsrechts ist der Wohnungseigentümer im Interesse des friedlichen Zusammenlebens aller Bewohner der Wohnanlage an die Grundsätze von Treu und Glauben, an die Verkehrssitten sowie insbesondere an die Verpflichtung von § 14 WEG gebunden. Die zur gemeinschaftlichen Benutzung bestimmten Räume, Anlagen, Einrichtungen und Teile des Grundstücks sind schonend und pfleglich zu behandeln.

2.7 Beabsichtigt ein Sondereigentümer, eine Wohnung zu gewerblichen Zwecken zu nutzen, so hat er die ggf. erforderlichen behördlichen Genehmigungen selbst zu beschaffen. Die Eigentümerversammlung kann die Unterlassung einer gewerblichen Nutzung von Wohnungen verlangen, wenn Steuerbefreiungen der Gemeinschaft durch eine gewerbliche Nutzung gefährdet sind, oder eine erhebliche Beeinträchtigung des Wohnwerts der angrenzenden Wohnungen oder der Wohnanlage zu befürchten ist. Ein Sondereigentümer, dessen Sondereigentum in der Teilungserklärung als nicht zu Wohnzwecken dienend erkennbar ist, ist in der Art der Nutzung seines Sondereigentums und der damit zusammenhängenden Rechte frei. Es bedarf insbesondere zu gewerblichen Nutzung keine Einwilligung des Verwalters oder der Eigentümerversammlung.

Durch Beschluß vom 7.2.1984 ermächtigten die Wohnungseigentümer den Verwalter, der Antragsgegnerin die Nutzung ihres Wohnungseigentums „als Pension bzw. zu pensionsähnlichen Zwecken” zu untersagen und im Falle der Zuwiderhandlung Unterlassungsklage zu erheben.

Die Antragsteller haben beantragt, die Antragsgegnerin unter Androhung von Zwangsmaßnahmen zu verpflichten, die Nutzung ihres Wohnungseigentums als Massenherberge für obdachlose, gebrechliche und augenscheinlich suchtkranke Personen, die ihr vom Sozialamt, der Bahnhofsmission und ähnlichen Institutionen zugewiesen oder vermittelt würden, zu unterlassen: Die Art, in der die Antragsgegnerin ihr Wohnungseigentum nutze, stelle eine erhebliche Beeinträchtigung und Störung der anderen Wohnungseigentümer dar und führe zu einer übermäßigen Abnutzung und Verschmutzung des gemeinschaftlichen Eigentums.

Die Antragsgegnerin hat vorgetragen, von einem Massenquartier könne bei acht Schlafplätzen in ihrer Viereinhalb-Zimmer-Wohnung nicht gesprochen werden. Beeinträchtigungen anderer Wohnungseigentümer gingen von ihren Pensionsgästen nicht aus. Auch werde das gemeinschaftliche Eigentum nicht übermäßig abgenutzt.

Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 16.4.1986 den Antrag abgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluß vom 5.8.1986 die Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben und die Sache an das Amtsgericht zurückverwiesen. Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit der sofortigen weiteren Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel ist begründet; es führt zur Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Beschlusses.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Der Antrag entspreche dem Beschluß der Wohnungseigentümer vom 7.2.1984. Bei Beschlußfassung sei nämlich allen Wohnungseigentümern die Art, in der die Antragsgegnerin ihre Wohnung nutze, bekannt, gewesen. Es stelle einen nicht nachvollziehbaren Formalismus dar, den Antrag als nicht durch den Beschluß vom 7.2.1984 gedeckt anzusehen.

Nach 2.7 der Gemeinschaftsordnung könne die Nutzung einer Wohnung zu gewerblichen Zwecken untersagt werden, wenn andere Wohnungseigentümer dadurch tatsächlich gestört würden oder eine erhebliche Beeinträchtigung des Wohnwerts angrenzender Wohnungen oder der Wohnanlage zu befürchten sei. Dies sei in der Regel dann der Fall, wenn Störungen objektiv festgestellt seien und sich aus der regelmäßigen Zusammensetzung der in der Wohnung der Antragsgegnerin lebenden Personen der Schluß ziehen lasse, daß es sich nicht um einmalige Störungen handle. Das Amtsgericht habe den konkreten Fall völlig unberücksichtigt gelassen. Es habe es versäumt, im Rahmen der Amtsermittlung den streitigen Sachverhalt durch Beweiserhebung aufzuklären. Um den Beteiligten eine zweite Tatsacheninstanz zu gewährleisten, sei der Beschlu...

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