Entscheidungsstichwort (Thema)

unerlaubter Waffenbesitz. Waffenrecht

 

Leitsatz (redaktionell)

Für den Erwerb einer Schußwaffe von Todes wegen sieht das Waffengesetz eine Sonderregelung vor. Nach § 28 Abs. 4 Nr. 1 WaffG bedarf einer Erlaubnis nach Abs. 1 dieser Bestimmung nicht, wer eine Schußwaffe von Todes wegen erwirbt. Er hat allerdings nach § 28 Abs. 5 Satz 1 WaffG innerhalb eines Monats die Ausstellung einer Waffenbesitzkarte oder die Eintragung der Waffe in eine bereits erteilte Waffenbesitzkarte zu beantragen, sofern er die Schußwaffe nicht vorher einem Berechtigten überläßt.

 

Normenkette

WaffG § 28 Abs. 4 Nr. 1

 

Tenor

I. Auf die Revision des Angeklagten W. wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 6. Juli 1995 aufgehoben, soweit dieser wegen unerlaubten Besitzes von Waffen und Munition verurteilt wurde.

Mitaufgehoben werden die Gesamtstrafenbildung, die Einziehung und die Kostenentscheidung hinsichtlich des Angeklagten W..

II. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Augsburg zurückverwiesen.

III. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbegründet verworfen.

 

Tatbestand

I.

Mit Urteil vom 21.3.1995 verurteilte das Amtsgericht Augsburg u. a. den Angeklagten W. wegen Hehlerei in Tatmehrheit mit unerlaubtem Besitz von Waffen und Munition zur Gesamtgeldstrafe von 130 Tagessätzen zu je 90 DM und zog bei W. sichergestellte Waffen und Munition ein. Das Landgericht Augsburg hat die Berufung des Angeklagten W. am 6.7.1995 mit der Maßgabe verworfen, daß der Angeklagte zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 60 DM verurteilt wird. Im übrigen verblieb es bei dem angefochtenen Urteil und der Einziehung der sichergestellten Waffen und Munition. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist zulässig (§§ 333, 341, 344, 345 StPO) und hat teilweise Erfolg.

1. Soweit sich die Revision gegen die Verurteilung des Angeklagten wegen Hehlerei (§ 259 Abs. 1 StGB) zu einer Einsatzstrafe von 70 Tagessätzen zu je 60 DM richtet, ist sie offensichtlich unbegründet.

2. Dagegen greift die Sachrüge durch, soweit das Landgericht den Angeklagten wegen unerlaubten Besitzes von Schußwaffen und Munition gemäß § 28 Abs. 1, § 29 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a WaffG verurteilt hat.

a) Nach den Feststellungen der Strafkammer hat der Angeklagte seinen am 17.2.1993 verstorbenen Vater zusammen mit seinem Bruder und seiner Mutter beerbt und sich mit den Miterben dahin geeinigt, daß ihm die im Keller der väterlichen Wohnung aufbewahrten beweglichen Gegenstände allein gehören sollten. Am 12.8.1993 entdeckte er im Nachlaß des Vaters drei Selbstladepistolen und einen Double-Action Revolver sowie elf Pak-kungen Munition, die er in einer Sicherheitskassette im Keller des Anwesens A., G. verwahrte. In seine Waffenbesitzkarte ließ er die Waffen nicht eintragen. Am 23.11.1993 wurden Waffen und Munition sichergestellt.

b) Damit hat der Angeklagte zwar unerlaubt die tatsächliche Gewalt über halbautomatische Schußwaffen mit einer Länge von nicht mehr als 60 cm gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a Buchst. a WaffG ausgeübt, die Schußwaffen aber von Todes wegen, nämlich als Miterbe, erworben (§ 28 Abs. 4 Nr. 1 WaffG). Erwerben im Sinne des Waffengesetzes bedeutet die Erlangung der tatsächlichen Gewalt (§ 4 Abs. 1 WaffG), das ist die tatsächliche Möglichkeit, über einen Gegenstand nach eigenem Willen zu verfügen (BGHSt 26, 12/15). Die tatsächliche Gewalt über die Schußwaffen hatte zunächst der Vater des Angeklagten. In dessen Rechtsposition sind der Angeklagte und seine Miterben aufgrund Erbfolge eingetreten (§§ 1922, 857 BGB).

Der Bundesgerichtshof hat zwar offengelassen, ob im Falle des § 857 BGB eine Ausnahme von der Regel zu machen ist, daß der unmittelbare Besitzer einer Schußwaffe auch als Inhaber der tatsächlichen Gewalt im Sinn des Waffengesetzes anzusehen ist (BGHSt 26, 12/16). Eine solche Ausnahme ist aber nicht geboten, wenn der (Mit-)Erbe - wie hier - die tatsächliche Zugriffsmöglichkeit auf die Waffe hat.

Im übrigen kann die tatsächliche Gewalt über eine Waffe auch von mehreren Personen gleichzeitig ausgeübt werden (BayObLGSt 1976, 173/177; Steindorf Waffenrecht 6. Aufl. WaffG § 4 Rn. 5). Der Erbauseinandersetzungsvertrag, auf den die Staatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 15.1.1996 abstellt, war für die Erlangung der tatsächlichen Gewalt über die Schußwaffen ohne Bedeutung. Durch ihn hat der Angeklagte allenfalls das Eigentum an den Schußwaffen erlangt. Die tatsächliche Gewalt über sie hatte er indessen unabhängig von der Erbauseinandersetzung.

Für den Erwerb einer Schußwaffe von Todes wegen sieht das Waffengesetz eine Sonderregelung vor. Nach § 28 Abs. 4 Nr. 1 WaffG bedarf einer Erlaubnis nach Abs. 1 dieser Bestimmung nicht, wer eine Schußwaffe von Todes wegen erwirbt. Er hat allerdings nach § 28 Abs. 5 Satz 1 WaffG innerhalb eines Monats die Ausstellung einer Waffenbe...

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