Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache. Ungültigerklärung von Eigentümerbeschlüssen

 

Verfahrensgang

AG Nürnberg (Aktenzeichen 1 UR II 181/88 WEG)

LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 14 T 621/89)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner wird der Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 10. Mai 1989 abgeändert und neu gefaßt:

  1. Der Antrag auf Ungültigerklärung des Beschlusses zu TOP 7 der Eigentümerversammlung vom 10. August 1988 wird als unzulässig abgewiesen. Die Anträge auf Ungültigerklärung der Eigentümerbeschlüsse zu TOP 1, TOP 2, TOP 4, TOP 5 und TOP 6 werden als unbegründet abgewiesen.
  2. Die Beschlüsse zu TOP 3 und TOP 8 der Eigentümerversammlung vom 10. August 1988 werden für ungültig erklärt.

II. Im übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner zurückgewiesen. Die Anschlußrechtsbeschwerde der Antragsteller wird zurückgewiesen.

III. Von den Gerichtskosten aller Rechtszüge tragen die Antragsteller 2/3 und die Antragsgegner 1/3. Die Antragsteller haben den Antragsgegnern 1/3 ihrer außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Eine weitergehende Kostenerstattung findet nicht statt.

IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 31.530,30 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer aus acht Wohnungen und einer Büroeinheit bestehenden Eigentumswohnanlage, die vom weiteren Beteiligten verwaltet wird. Mit Schreiben vom 2.8.1988, das sämtlichen Wohnungseigentümern am 3.8.1988 zuging, lud der Verwalter für den 10.8.1988 zur Eigentümerversammlung ein und gab folgende Tagesordnung bekannt:

  1. „Anerkennung der Jahreshausgeldabrechnung 1987.
  2. Entlastung des Verwalters.
  3. Beschlußfassung des Wirtschaftsplanes 1988.
  4. Beschlußfassung über die Durchführung der erforderlichen Eichung der vorhandenen Kalt- und Warmwasseruhren gemäß der §§ 1 und 39 des Eichgesetzes sowie des § 5 Abs. 1 der Verordnung über Heizkostenabrechnung.
  5. Sanierung der Betontragplatte der Wohnung M 5 bzw. Anbringung einer Abdeckung.
  6. Neuanstrich der Holzverkleidung am Treppenhausvorbau der Wohnung M 3.
  7. Beschlußfassung über kleine Instandhaltungsmaßnahmen und evtl. erforderliche Anschaffungen.
  8. Neu- bzw. Wiederwahl des Verwaltungsbeirats.
  9. Sonstiges.”

Für die Einberufung einer Eigentümerversammlung sieht § 10 Nr. 1 c der Gemeinschaftsordnung die Einhaltung einer Ladungsfrist von mindestens einer Woche vor. Unter Hinweis auf die Nichteinhaltung dieser Frist bat der Antragsteller zu 1 den Verwalter um Verlegung des Termins. Die Versammlung fand jedoch statt. Nicht erschienen und nicht vertreten waren die beiden Antragsteller, die Antragsgegner zu 2 a und 2 b sowie die Antragsgegnerin zu 6 mit insgesamt 45.812/100.000 Miteigentumsanteilen. Anwesend waren die Antragsgegnerin zu 3 mit 10.661/100.000 Miteigentumsanteilen sowie die Antragsgegnerin zu 4 b, die gemeinsam mit ihrem Ehemann über 13.995/100.000 Miteigentumsanteile verfügt. Der Antragsgegner zu 1 (22.421/100.000 Miteigentumsanteile) und die Antragsgegnerin zu 5 b, der zusammen mit ihrem Ehemann 7.111/100.000 Miteigentumsanteile zustehen, hatten den Verwalter schriftlich bevollmächtigt, sie in der Versammlung zu vertreten, und auf vorgegebenen Stimmzetteln, die mit den Nrn. 1 bis 4 versehen waren sowie die Möglichkeiten „ja”, „nein”, „Enthaltung” vorsahen, jeweils das Wort „ja” angekreuzt. In der Versammlung wurden die Beschlußanträge der Verwaltung zu den Tagesordnungspunkten 1 bis 6 jeweils mit 54 Ja-Stimmen ohne Nein-Stimmen oder Enthaltungen angenommen. Zu TOP 7 wurde kein Beschluß gefaßt. Unter TOP 8 wurden die Antragsgegner zu 1, 3 und 4 b mit 54 Ja-Stimmen ohne Nein-Stimmen oder Enthaltungen als Verwaltungsbeiräte gewählt.

Die Antragsteller haben sämtliche Eigentümerbeschlüsse der Versammlung vom 10.8.1988 angefochten. Sie haben geltend gemacht, die Einberufungsfrist sei nicht eingehalten und die Vorschriften der Gemeinschaftsordnung über die ordnungsgemäße Stimmrechtsausübung seien verletzt. Die Antragsgegnerin zu 4 b habe nicht mit abstimmen dürfen, weil sie das Stimmrecht nur gemeinsam mit ihrem Ehemann ausüben dürfe und eine schriftliche Vollmacht ihres Ehemannes in der Versammlung nicht vorgelegt worden sei. Für die Antragsgegner zu 5 habe der Verwalter nicht abstimmen dürfen, weil die ihm erteilte Vollmacht nur von der Antragsgegnerin zu 5 b, nicht aber von ihrem Ehemann unterzeichnet worden sei. Außerdem habe sich der Verwalter im Verfahren 13 T 2075/87 zu 1 UR II 126/86 durch Vergleich vom 20.8.1987 verpflichtet, „bei künftigen Abstimmungen über Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung sowie allen sonstigen Rechtsgeschäften mit sich selbst nur entsprechend einer vorherigen schriftlichen, auf den Einzelfall bezogenen Stimmrechtsvollmacht der Eigentümer abzustimmen”. Derartige schriftliche Weisungen für die Tagesordnungspunkte 1, 2 und 3 hätten nicht vorgelegen. Die Eigentümerbeschlüsse zu TOP 2 (Entlastung des Verwalters), TOP 3 (Wirtschaftsplan 1988), TOP 4 (Eichung) und TOP 8 (Wahl d...

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