Leitsatz (amtlich)

1. Im Verfahren auf Anerkennung einer ausländischen Ehescheidung kann sich ein Beteiligter, der sich vorher nachhaltig auf den Standpunkt gestellt hatte, die Scheidung sei gültig, nicht mehr auf mögliche Verfahrensfehler berufen (unzulässige Rechtsausübung).

2. Ein Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public kann nicht mehr gerügt werden, wenn der Betroffene versäumt hat, gegen die ausländische Entscheidung rechtzeitig Rechtsmittel einzulegen.

 

Normenkette

FamRÄndG Art. 7, 1; ZPO § 328 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4

 

Verfahrensgang

OLG München (Aktenzeichen 3465 a E 486/99)

 

Tenor

I. Der Antragsgegnerin wird Prozesskostenhilfe rückwirkend zum 31.1.2002 bewilligt. Es wird ihr Rechtsanwalt R. beigeordnet.

II. Der Antrag auf Abänderung der Entscheidung der Präsidentin des OLG München vom 15.2.2001 wird zurückgewiesen.

III. Für die Entscheidung wird gegen die Antragsgegnerin eine Gebühr von 75 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die beiden Beteiligten sind ukrainische Staatsangehörige, die seit 1987 in Deutschland wohnen, daneben aber in I./Ukraine jedenfalls bis Ende 1997 noch eine weitere, leer stehende Wohnung hatten. Sie schlossen am 21.8.1981 in der Moldauischen Sozialistischen Sowjetrepublik die Ehe. Auf Antrag des Antragstellers vom 24.4.1997 sprach das Volksgericht der Stadt I./Ukraine durch Urt. v. 15.7.1997 in Abwesenheit und ohne anwaltschaftliche Vertretung der Antragsgegnerin die Scheidung der Ehe aus. Das Gericht stützte sich dabei auf eine vom Antragsteller vorgelegte handschriftliche Erklärung der Antragsgegnerin vom 13.9.1993, in der sie bittet, über die Frage der Scheidung zu befinden, und sich mit einer Entscheidung in ihrer Abwesenheit einverstanden erklärt. Das Scheidungsurteil wurde, da innerhalb einer Frist von zehn Tagen ab seinem Erlass kein Rechtsmittel dagegen eingelegt wurde, für rechtskräftig erklärt und am 1.10.1997 in das Standesamtsregister eingetragen.

In zwei anschließenden Verfahren vor demselben ukrainischen Gericht betreffend den Aufenthalt der beiden gemeinsamen Kinder sowie die Vermögensteilung unter den beiden Beteiligten war die Antragsgegnerin anwaltschaftlich vertreten. Sie ließ in dem einen Verfahren Anträge stellen und eine Gegenklage wegen des Unterhalts der Kinder erheben. Im anderen Verfahren ließ sie unter anderem ein Teilanerkenntnis abgeben. In den die Verfahren abschließenden Urteilen vom 4. und 5.6.1998 heißt es, die Beteiligten seien „in der Zeit vom 21.8.1981 bis 1.10.1997 miteinander verheiratet” gewesen. Im Urt. v. 4.6.1998 ist außerdem die vorangegangene Scheidung mehrmals ausdrücklich erwähnt.

In zwei Verfahren vor dem AG Regensburg betreffend das Sorgerecht für beide Kinder und die Zuweisung der Ehewohnung trug die Antragsgegnerin am 24.4.1998 selbst vor und ließ durch ihre Rechtsanwälte am 29.9.1998 vortragen, ihre Ehe sei am 1.10.1997 durch das Gericht in I./Ukraine rechtskräftig geschieden worden. In einer mündlichen Verhandlung, die in einem dieser Verfahren am 17.11.1998 stattfand, wurde dies in Anwesenheit der Antragsgegnerin wiederholt.

Die Antragsgegnerin trägt vor, sie habe von dem Scheidungsverfahren erstmals am 24.10.1997 erfahren, als ihr der Antragsteller die diesbezüglichen Schriftstücke aushändigte. Sämtliche Ladungen und sonstigen Zustellungen seien nämlich unter der Anschrift in I., wo sie schon seit Jahren nicht mehr wohne, bewirkt worden, weil der Antragsteller in seinem Scheidungsantrag diese Anschrift angegeben habe. Dort habe sie sich jedoch schon seit 1987 nicht mehr aufgehalten, da sie „auf Dienstreise nach Deutschland” abgeordnet worden sei, seitdem in Deutschland wohne und sich mit Ausnahme einiger Besuche nicht mehr in der Ukraine aufgehalten habe. Sie habe mit Schreiben vom 5.11.1997 einen Antrag auf Aufhebung des Scheidungsurteils bei dem ukrainischen Gericht eingereicht, über den nie entschieden worden sei. Die Antragsgegnerin meint, ihre Erklärung vom 13.9.1993 hätte im Jahre 1997 nicht mehr verwendet werden dürfen, da sie sich mit dem Antragsteller kurz nach Abgabe dieser Erklärung versöhnt habe und daher der Meinung gewesen sei, der Antragsteller habe das Schriftstück vernichtet. Sie beruft sich darauf, dass ihr der Scheidungsantrag nicht zugestellt worden sei, sie daher keine Möglichkeit gehabt habe, sich am Scheidungsverfahren zu beteiligen, und dass ihr Rechtsmittel von den ukrainischen Gerichten ignoriert worden sei.

Der Antragsteller trägt vor, dass sein Scheidungsantrag sowohl die Adresse in der Ukraine, unter der die Antragsgegnerin mit erstem Wohnsitz polizeilich gemeldet sei, als auch die Anschrift in Deutschland enthalten habe. Dass das Gericht die Zustellung an die ukrainische Adresse bewirkt hat, sei außerhalb seiner Einflussmöglichkeit gewesen. Der Antragsteller meint, die Antragsgegnerin habe durch ihr nachträgliches Verhalten sowohl in den Verfahren in der Ukraine als auch in den vor dem AG Regensburg gezeigt, dass sie von einer wirksamen Scheidung ausgehe. Hierzu erwidert die Antragsgegnerin, dass diese n...

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