Entscheidungsstichwort (Thema)

Zustellung eines verfahrenseinleitenden Schriftstückes durch ein ausländisches Gericht

 

Leitsatz (amtlich)

Die Zustellung eines verfahrenseinleitenden Schriftstückes durch ein ausländisches Gericht in einem dort anhängigen Scheidungsverfahren ist dann nicht rechtzeitig erfolgt, wenn der Antragsteller ggü. dem ausländischen Gericht behauptet, er kenne den Aufenthalt seiner Ehefrau nicht, obwohl er seit Monaten über Anwälte mit ihr über Unterhalt verhandelt, ihm eine Nachfrage ohne weiteres möglich wäre und er in einem deutschen Gerichtstermin, bei welchem die Ehefrau persönlich anwesend ist und ihre Adresse angibt, diese nicht an das ausländische Gericht weiterleitet und die Ehefrau auch nicht von dem bereits im Ausland anhängigen Scheidungsverfahren in Kenntnis setzt.

 

Normenkette

FamRÄndG Art. 7 § 1; ZPO § 328 Abs. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

OLG München (Urteil vom 23.07.2003; Aktenzeichen 3465a E 613/2003)

 

Tenor

I. Die Entscheidung der Präsidentin des OLG München vom 23.7.2003 wird aufgehoben.

II. Der Antrag des Antragstellers auf Anerkennung des Urteils des erstinstanzlichen rumänischen Gerichts, soweit es auf Scheidung lautet, wird zurückgewiesen.

III. Die Gebühr für das Verfahren vor der Verwaltungsbehörde wird auf 110 Euro festgesetzt. Sie ist von dem Antragsteller zu entrichten.

IV. Der Antragsgegnerin wird für das gerichtliche Anerkennungsverfahren ab 23.2.2004 Prozesskostenhilfe bewilligt. Ihr wird zur Wahrnehmung ihrer Rechte Rechtsanwalt R beigeordnet.

 

Gründe

I. Der Antragsteller, welcher die deutsche und die rumänische Staatsangehörigkeit besitzt, hat mit der Antragsgegnerin, einer rumänischen Staatsangehörigen, am 4.4.1999 in Rumänien die Ehe geschlossen. Aus der Ehe sind keine Kinder hervorgegangen. Die Parteien leben seit 28.8.2002 getrennt; an diesem Tag ist die Antragsgegnerin aus der ehelichen Wohnung ausgezogen.

Der Antragsteller beantragte am 14.1.2003 bei dem erstinstanzlichen Gericht in Rumänien die Ehe zu scheiden. Im Scheidungsantrag gab er an, er habe alles in seiner Macht Stehende getan, um den neuen Wohnsitz der Antragsgegnerin in Erfahrung zu bringen; dies sei ihm aber nicht geglückt. Wegen des unbekannten Aufenthaltes der Antragsgegnerin wurde die Zustellung des Scheidungsantrages nach Art. 96 rumänisches Zivilverfahren beantragt. Die Ladung zum Termin in Rumänien am 17.2.2003 wurde in einer rumänischen Zeitung - Name der Zeitung und Erscheinungsdatum unbekannt - veröffentlicht. Zusätzlich wurde der Antragsgegnerin am 20.2.2003 durch einfachen Brief an die Adresse A eine Ladung zum Termin am 24. (oder 27.) 2.2003 mitgeteilt, welcher mit dem Vermerk "Empfänger unbekannt" an das rumänische Gericht zurückgesandt wurde. Die mündliche Verhandlung fand am 31.3.2003 statt. In diesem Termin wurde die Ehe der Parteien durch Urteil des erstinstanzlichen Gerichts geschieden. Nach Ablauf einer Berufungsfrist von 30 Tagen nach der Mitteilung wurde die Rechtskraft des Scheidungsurteils am 28.5.2003 bestätigt.

Die Antragsgegnerin hatte mit Schriftsatz vom 2.1.2003 einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage und einstweilige Anordnung auf Getrenntlebensunterhalt beim AG - FamG - eingereicht, nachdem außergerichtliche Verhandlungen zwischen dem damaligen Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers und der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin zu keiner Einigung geführt hatten. Die Anträge wurden dem Antragsteller am 4.2.2003 mitgeteilt. In diesem Antrag gab die Antragsgegnerin als Adresse A an. In der mündlichen Verhandlung vom 17.3.2003, bei welcher die Antragsgegnerin persönlich erschienen war, gab sie als Anschrift B an; der Antragsteller war ebenfalls persönlich zugegen. Es liegt eine Meldebescheinigung vom 18.2.2003 für die Antragsgegnerin vor, in welcher sich die Antragsgegnerin ab 18.12.2002 für die letztgenannte Adresse anmeldet. Im Wege der einstweiligen Anordnung wurde der Antragsteller zur Zahlung eines Getrenntlebensunterhaltes verurteilt; das Hauptsacheverfahren ruht seit 10.11.2003 auf Antrag des Antragstellers im Hinblick auf das Anerkennungsverfahren.

Der Antragsteller beantragte am 18.6.2003 die Anerkennung der Ehescheidung. Er gab hierzu an, der jetzige gewöhnliche Aufenthaltsort der Antragsgegnerin sei ihm nicht bekannt. Die Gemeinde des letzten gemeinsamen ehelichen Wohnsitzes teilte auf Anfrage mit, von dort aus sei die Antragsgegnerin nach A verzogen. Dort halte sie sich aber nicht mehr auf. Aus den melderechtlichen Unterlagen gehe hervor, dass die Antragsgegnerin wiederholt Anschriften mit Straßennamen angegeben habe, dort aber amtlich nicht gemeldet gewesen sei. Die Präsidentin des OLG hat am 23.7.2003 die beantragte Anerkennung ausgesprochen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragsgegnerin mit dem Ziel, die Feststellung zu erreichen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Anerkennung des rumänischen Scheidungsurteils nicht gegeben sind. Sie macht geltend, ihr sei zu keiner Zeit rechtliches Ge...

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