Leitsatz (amtlich)

1. Das LG ist im Verfahren der Notarkostenbeschwerde zur Anhörung der dem Notar vorgesetzten Dienstbehörde verpflichtet. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen die landgerichtliche Entscheidung nicht auf einem entsprechenden Verfahrensfehler beruht, wenn sich eine Stellungnahme der Notarkasse bei den Akten befindet.

2. Die Beurkundung des zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts in einem Prozessvergleich genügt für die Anwendung des § 38 Abs. 2 Nr. 6 KostO.

3. Hat ein Ehepaar in Gütergemeinschaft gelebt und verpflichtet sich ein Ehegatte nach der Scheidung durch Prozessvergleich, ein zum Gesamtgut gehörendes Grundstück an den anderen Ehegatten aufzulassen, so kann darin eine Teilauseinandersetzung liegen, die ein der Auflassung zugrunde liegendes Rechtsgeschäft im Sinn von § 38 Abs. 2 Nr. 6 KostO darstellen kann. Der Inhalt der Vereinbarung istggf. durch Auslegung zu ermitteln.

 

Normenkette

KostO § 38 Abs. 2, § 156 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 29.11.2002; Aktenzeichen 4 T 3838/02)

 

Tenor

I. Der Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 29.11.2002 wird aufgehoben.

II. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das LG Nürnberg-Fürth zurückverwiesen.

 

Gründe

I. Zwischen der Beteiligten und ihrem mittlerweile von ihr geschiedenen Ehemann bestand Gütergemeinschaft. Im Zuge der Auseinandersetzung derselben sollte die Beteiligte eine dieser Gemeinschaft gehörende Immobilie zu Alleineigentum erhalten. Am 24.1.2000 schlossen die ehemaligen Eheleute vor dem OLG Nürnberg einen Vergleich, wonach sich der Mann verpflichtete, spätestens innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt der Mitteilung über die Hereinnahme einer von der Beteiligten beizubringenden Bürgschaft das Grundstück als Gesamtberechtigter an die Beteiligte zu Alleineigentum aufzulassen und die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch zu bewilligen. Aufgrund des Vergleichs wurde der Mann am 21.3.2001 durch ein AG verurteilt, diese Erklärungen abzugeben.

Der beteiligte Notar beurkundete am 7.12.2001, nachdem das Urteil zwischenzeitlich rechtskräftig geworden war, die entsprechenden Auflassungserklärungen der Beteiligten. Er erstellte hierfür am selben Tag eine Kostenrechnung über 2.013,76 DM, die der Beteiligten mitgeteilt wurde. Hiergegen erhob die Beteiligte Beschwerde, welche das LG am 29.11.2002 zurückgewiesen hat.

Gegen den Beschluss des LG, durch persönliche Übergabe der Beteiligten zugestellt am 7.12.2002, richtet sich deren am 24.3.2003 per Fax eingegangene weitere Beschwerde. Die Beteiligte versichert an Eides statt, sie habe die weitere Beschwerde am 17.12.2002 geschrieben, noch vor Weihnachten 2002 zur Hauptpoststelle ihres Wohnorts gebracht und als normalen Brief, adressiert an das BayObLG in 80797 München aufgegeben. Sie habe erst durch eine telefonische Anfrage ihres Lebenspartners bei dem BayObLG am 24.3.2003 erfahren, dass ihre weitere Beschwerde dort nicht eingegangen sei. Die Beteiligte beantragte mit Fax-Schreiben vom 24.3.2003, eingegangen am selben Tag, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Rechtsmittelfrist.

II. 1. Die weitere Beschwerde ist zulässig.

Sie wurde vom LG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen (§ 156 Abs. 2 S. 2 KostO), ist formgerecht eingelegt (§ 156 Abs. 4 S. 1 KostO) und nicht verfristet (§ 156 Abs. 2 S. 1 KostO).

Zwar war am 24.3.2003, als das Rechtsmittel per Fax bei dem BayObLG einging, die Rechtsmittelfrist von einem Monat, welche durch die Zustellung des landgerichtlichen Beschlusses an die Beteiligte am 7.12.2002 in Lauf gesetzt worden war (§ 156 Abs. 4 S. 4 KostO, § 22 Abs. 1 S. 2, § 16 Abs. 2 S. 1 FGG), längst abgelaufen.

Der Beteiligten ist jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Fristversäumung zu erteilen (§ 22 Abs. 2 S. 1 FGG). Die Beteiligte hat, wie sie an Eides statt versichert, bereits vor Weihnachten 2002 ein Schreiben, das eine weitere Beschwerde enthielt und an das BayObLG adressiert war, zur Post gegeben. Bei ordnungsgemäßem Postlauf wäre ein solches Schreiben innerhalb der Rechtsmittelfrist bei Gericht eingegangen. Die Beteiligte hat nach ihren Angaben erst am 24.3.2003 erfahren, dass ihre weitere Beschwerde bei dem BayObLG nicht eingegangen ist. Sie hat am selben Tag das Rechtsmittel per Fax an dieses Gericht geschickt und gleichzeitig die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Die in § 22 Abs. 2 S. 1 und 4 FGG aufgeführten Fristen sind gewahrt. Der Vortrag der Beteiligten steht im Einklang mit den Erkenntnissen, die sich aus den Akten gewinnen lassen. Danach hat der Lebensgefährte der Beteiligten am 16.12.2002 mit einem Rechtspfleger des BayObLG telefoniert und sich nach den Voraussetzungen eines Rechtsmittels gegen die Entscheidung des LG erkundigt. Da der Entscheidung des LG keine Rechtsmittelbelehrung beigefügt war, erscheint dies plausibel. Der Rechtspfleger bat um Zusendung einer Abschrift der landgerichtlichen Entscheidung, um nähere Auskunft geben zu können. Da...

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