Leitsatz (amtlich)

1. Zur Ermittlungspflicht des Gerichts bei einem Antrag des Kindes auf Ersetzung der Einwilligung zur Adoption.

2. Die Nichtzahlung von Unterhalt allein begründet keine gröbliche Pflichtverletzung.

3. Die Belehrung und Beratung durch das Jugendamt im Fall der Einwilligungsersetzung wegen Gleichgültigkeit eines Elternteils kann im Ersetzungsverfahren nachgeholt werden.

 

Normenkette

FGG § 12; BGB § 1748 Abs. 1 S. 1; SGB VIII § 51 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Amberg (Beschluss vom 19.04.1996; Aktenzeichen 33 T 407/96)

AG Amberg (Beschluss vom 01.02.1996; Aktenzeichen 3 X 44/95)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 werden die Beschlüsse des Amtsgerichts Amberg vom 1. Februar 1996 und des Landgerichts Amberg vom 19. April 1996 aufgehoben und die Sache zu anderer Behandlung und neuer Entscheidung an das Amtsgericht Amberg zurückverwiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten zu 2 und 3 schlossen am 11.6.1987 die Ehe, mit der das gemeinschaftliche Kind (Beteiligter zu 1), geboren am 4.3.1987, legitimiert wurde. Die Eheleute trennten sich bereits im September 1987 wieder. Die Ehe wurde am 29.11.1989 geschieden und die elterliche Sorge auf die Mutter (Beteiligte zu 2) übertragen.

Der aus San Salvador stammende Vater (Beteiligter zu 3) lebt in Deutschland; er hat erneut geheiratet und hat ein weiteres eheliches sowie ein nichteheliches Kind. Durch Urteil vom 4.10.1990 wurde er wegen Unterhaltspflichtsverletzung gegenüber dem Beteiligten zu 1 zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 20 DM verurteilt.

Die Mutter ist seit 6.4.1990 mit dem Beteiligten zu 4 verheiratet, sie haben eine gemeinsame Tochter. Der Stiefvater will den Beteiligten zu 1 als Kind annehmen. Das Kind, gesetzlich vertreten durch seine Mutter, beantragte, die Einwilligungserklärung seines leiblichen Vaters zur Annahme als Kind durch seinen Stiefvater zu ersetzen. Das Vormundschaftsgericht holte die Stellungnahme des Kreisjugendamts ein und hörte das Kind sowie seine Eltern an. Mit Beschluß vom 1.2.1996 wies das Vormundschaftsgericht den Antrag auf Ersetzung der Einwilligung des Vaters zur Adoption zurück. Hiergegen legte der Beteiligte zu 1 Beschwerde ein, die das Landgericht am 19.4.1996 zurückwies. Gegen diese Entscheidung richtet sich seine weitere Beschwerde. Dem Beteiligten zu 3 wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben; er hat sich nicht geäußert.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige weitere Beschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung.

1. Das Landgericht hat die Ersetzung der Einwilligung in die Annahme abgelehnt. Es hat auf die Ausführungen des Vormundschaftsgerichts Bezug genommen und im Verhalten des Beteiligten zu 3 keine gröbliche und anhaltende Pflichtverletzung gegenüber seinem Kind gesehen. Es könne nicht festgestellt werden, daß der Beteiligte zu 3 tatsächlich in der Lage gewesen sei, überhaupt wesentliche Beiträge zum Unterhalt zu leisten, zumal er auch noch weiteren Unterhaltspflichten nachzukommen habe. Auch sei das Kind dem Beteiligten zu 3 nicht gleichgültig, wie sein Verhalten in der Vergangenheit gezeigt habe. Eine besonders schwere Pflichtverletzung oder dauernde Unfähigkeit zur Pflege und Erziehung des Kindes lägen ebenfalls nicht vor. Das Unterbleiben der Annahme würde den Beteiligten zu 1 außerdem nicht unverhältnismäßig benachteiligen.

2. Die Ausführungen des Landgerichts sind nicht frei von Rechtsfehlern (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO), denn das Landgericht hat die Voraussetzungen für eine Ersetzung der Einwilligung zur Annahme nicht umfassend geprüft und die vorhandenen Aufklärungsmöglichkeiten nicht in dem gebotenen Umfang ausgeschöpft.

a) Zutreffend sind die Vorinstanzen von der Anwendung deutschen Rechts (Art. 22, 23 EGBGB) ausgegangen und haben angenommen, daß die Ersetzung der Einwilligung des Beteiligten zu 3 in die Annahme wegen anhaltender gröblicher Pflichtverletzung nicht in Betracht kommt (§ 1748 Abs. 1 Satz 1 zweiter Halbsatz BGB).

aa) Steht einem Elternteil die elterliche Sorge nicht zu, so ist bei der Frage der Pflichtverletzung auf die ihm noch obliegenden Pflichten abzustellen (BayObLG FamRZ 1994, 1348; Soergel/Liermann BGB 12. Aufl. Rn. 10, Erman/Holzhauer BGB 9. Aufl. Rn. 11, MünchKomm/Lüderitz BGB 3. Aufl. Rn. 6, Palandt/Diederichsen BGB 56. Aufl. Rn. 5, jeweils zu § 1748). Eine gröbliche Verletzung der elterlichen Pflichten kann auch darin liegen, daß ein Elternteil trotz bestehender Leistungsfähigkeit seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Kind nicht nachkommt (BayObLG FamRZ 1994, 1348/1349; Staudinger/Frank BGB 12. Aufl. Rn. 16, Erman/Holzhauer Rn. 12, MünchKomm/Lüderitz Rn. 6, jeweils zu § 1748).

bb) Dem Beteiligten zu 3 verblieb seit der Scheidung der Ehe und nach Aussetzung der Umgangsbefugnis für drei Jahre mit Beschluß vom 27.4.1994 als wesentliche elterliche Pflicht lediglich die Pflicht zur Unterhaltsleistung. Dieser Pflicht ist der Beteiligte zu 3 seit November 1993 nicht mehr nachgekommen. Es ist jedoch nicht zu beanstanden, d...

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