Entscheidungsstichwort (Thema)

BGB-Gesellschaft zur Verwaltung, Vermietung und Verwertung von Grundstücken als Erwerbsgeschäft. Vormundschaftsgerichtliche Genehmigung der Gesellschaftsbeteiligung eines Minderjährigen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die auf längere Zeitdauer (hier: 20 Jahre) errichtet wird, um mehrere gewerblich nutzbare Grundstücke von erheblichem Wert sowie künftig erworbenen Grundbesitz zu verwalten, zu vermieten und zu verwerten, ist zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen.

2. Zur Anhörung der Eltern des Minderjährigen und weiterer Beteiligter sowie zum Umfang der Sachaufklärung bei der Entscheidung über die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung eines Vertrags.

 

Normenkette

FGG §§ 12, 50a; BGB § 1822 Nr. 3; FGG § 57 Abs. 1, § 59 Abs. 1; BGB §§ 1909, 1915 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 25.07.1994; Aktenzeichen 13 T 8177/94)

AG München (Aktenzeichen 75 VIII 5495/93)

 

Tenor

I. Auf die weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 1 und 2 wird der Beschluß des Landgericht München I vom 25. Juli 1994 aufgehoben. Die Sache wird zu anderer Behandlung und neuer Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

II. Die weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 3, 4 und 5 werden zurückgewiesen.

III. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 6 wird verworfen.

 

Tatbestand

I.

Die im Jahr 1988 geborene Beteiligte zu 1 und die im Jahr 1990 geborene Beteiligte zu 2 sind die ehelichen Kinder der Beteiligten zu 3 und 4. Die Beteiligten zu 5 und 6 sind die Eltern des Beteiligten zu 4 und die Großeltern der Beteiligten zu 1 und 2. Sämtliche Beteiligte – die minderjährigen Kinder vertreten durch Ergänzungspfleger – wenden sich gegen die Versagung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung zu einem Gesellschaftsvertrag mit Einbringung von Grundstücken.

Die Großmutter der Minderjährigen (Beteiligte zu 5) ist Eigentümerin eines mit einem Geschäftshaus bebauten Grundstücks, das einen Verkehrswert von rund 4 Mio. DM hat, mit rund 2,4 Mio. DM belastet ist und monatliche Mieteinnahmen von rund 40.000 DM erzielt, ferner eines weiteren Grundstücks, bebaut mit einem von den Minderjährigen und ihren Eltern bewohnten Wohnhaus und einem zum Zins von monatlich 5.000 DM vermieteten Bürogebäude, sowie eines dritten Grundstücks mit einem Verkehrswert von etwa 3,5 Mio. DM, das mit zwei Werkshallen und einem Verwaltungsgebäude bebaut ist und monatliche Mieteinnahmen von 17.000 DM erzielt. Diese Grundstücke sollen gemäß notarieller Urkunde vom 18.11.1993 von den Beteiligten in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingebracht werden, bestehend aus der Beteiligten zu 5 mit einem Anteil von 51 %, ihrer Schwiegertochter (der Beteiligten zu 3) mit einem Anteil von 29 % und den beiden Kindern (Beteiligte zu 1 und 2) mit Anteilen von je 10 %. Soweit die Erwerber bisher nicht an dem Grundbesitz beteiligt waren, sollen sie die Zuweisung schenkungsweise erhalten (Nr. IX der Urkunde). An einem der Grundstücke wurde hinsichtlich des Wohngebäudes dem Sohn der Beteiligten zu 5 und Vater der Minderjährigen (Beteiligter zu 4) auf seine Lebenszeit sowie im Rang danach seiner Ehefrau, der Mutter der Minderjährigen (Beteiligte zu 3) ein unentgeltliches Wohnungsrecht eingeräumt (Nr. VI). Die Gesellschafter treten in die bestehenden Nutzungsverhältnisse ein und übernehmen sämtliche Ansprüche aus den bestehenden Grundpfandrechten sowie die zugrunde liegenden Verbindlichkeiten (Nr. VII). Zweck der gemäß Nr. XI der Urkunde errichteten Gesellschaft bürgerlichen Rechts soll „die Verwaltung, Vermietung, Verwertung und dergleichen der eingebrachten und künftig erworbenen Grundbesitztümer und grundstücksgleichen Rechte und sonstiger Gegenstände” sein (XI 1). Zu weiteren Einlagen als den eingebrachten Grundstücken sollen die Gesellschafter nicht verpflichtet sein. Am Vermögen der Gesellschaft, am Gewinn und Verlust sollen die Beteiligte zu 5 mit 51 %, die Beteiligte zu 3 mit 29 %, die Beteiligten zu 1 und 2 jeweils mit 10 % beteiligt sein (XI 5). Nach außen sollen alle Gesellschafter als Gesamtschuldner haften. Die Beschlüsse der Gesellschafter sollen in gewöhnlichen Geschäftsführungsangelegenheiten und in Entnahmeangelegenheiten der einfachen Mehrheit der in der Gesellschaft vorhandenen Stimmen, im übrigen der Zustimmung aller Gesellschafter bedürfen (XI 8). Die Gesellschaft sollte am 31.12.1993 beginnen, auf die Dauer von 20 Jahren fest errichtet und danach auf unbeschränkte Dauer weitergeführt werden (Nr. 9). Zu jeweils einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführern mit der Ermächtigung, die gewöhnliche Geschäftsführung allein ohne Gesellschafterbeschluß vorzunehmen, sollen die Beteiligte zu 5 und die Beteiligte zu 3 für die Dauer ihrer Gesellschaftszugehörigkeit bestellt werden (Nr. 17). Die Gesellschafter sollen verpflichtet sein, die Aufwendungen der Gesellschaft im Verhältnis ihrer Festbeteiligung an der Gesellschaft zu tragen und auf Anforderung durch die Geschäftsführer unverzüglich an die Gesellschaft einzuzah...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge