Leitsatz (amtlich)

Ein im Vergleichswege abgegebenes Schuldanerkenntnis kann vormundschaftsgerichtlich erst dann genehmigt werden, wenn das Gericht die ggü. dem Betroffenen behaupteten Forderungen daraufhin geprüft hat, ob ihre Höhe, Plausibilität, mögliche Durchsetzbarkeit und rechtliche Grundlage schlüssig dargelegt sind.

 

Normenkette

FGG § 12; BGB § 1908i Abs. 1, § 1821 Abs. 1 Nrn. 1, 4, Abs. 2, § 1822 Nr. 12

 

Verfahrensgang

AG Fürth (Bayern) (Aktenzeichen XVII 616/99)

LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 13 T 6298/02)

 

Tenor

I. Auf die weitere Beschwerde wird der Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 11.12.2002 in Ziff. II aufgehoben.

II. Die Sache wird insoweit zu erneuter Behandlung und Entscheidung an das LG Nürnberg-Fürth zurückverwiesen.

 

Gründe

I. Für die Betroffene wurde auf Anregung des weiteren Beteiligten, ihres ältesten Sohnes, am 27.1.2000 ihr zweiter Sohn zum Betreuer für die Aufgabenkreise Gesundheitsfürsorge, Behördenangelegenheiten, Wohnungsangelegenheiten, Aufenthaltsbestimmung und Vermögenssorge bestellt. Am 20.10.2000 bestellte das AG für den Aufgabenkreis Vermögenssorge für das Wohnanwesen der Betroffenen, vor allem auch für Auseinandersetzungen mit dem weiteren Beteiligten oder anderen Miteigentümern, eine Rechtsanwältin zur weiteren Betreuerin und ordnete für diesen Bereich einen Einwilligungsvorbehalt an. Das Anwesen steht in hälftigem Miteigentum der Betroffenen und des weiteren Beteiligten und wird von beiden bewohnt. Mit Beschluss vom 27.11.2001 wurde der weiteren Betreuerin auch der Aufgabenkreis Wohnungsangelegenheiten an Stelle des Betreuers übertragen.

Am 11.6.2001 schlossen die weitere Betreuerin und der weitere Beteiligte eine Vereinbarung, die u.a. folgende Regelungen enthält:

㤠1 Verbindlichkeiten

(1) Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Betroffene ihrem Sohn W., dem weiteren Beteiligten, 65.000 DM schuldet.

(2) Der Anspruch besteht, da W. in der Vergangenheit solche Kosten des in je hälftigem Eigentum stehenden Anwesens … getragen hat, die von beiden gemeinsam zu finanzieren gewesen wären …

§ 2 Gewährung von Sicherheit statt Zahlung

(1) W. stundet diesen ggü. der Betroffenen bestehenden Zahlungsanspruch bis zu ihrem Ableben und wird die Forderung folglich erst gegen den Nachlass geltend machen …

(2) Als Gegenleistung stimmt die Betroffene der Verwendung einer … Grundschuld i.H.v. 72.000 DM zur Absicherung eines von Herrn W. bei der … Bausparkasse … aufgenommenen Darlehens zu.”

Die weitere Betreuerin beantragte, diese Vereinbarung, eine ggü. der Bausparkasse abzugebende Eigentümererklärung vom 1.6.2001, in welcher die Zustimmung zur Sicherung des Darlehens durch eine Grundschuld erklärt wird, sowie die Teilabtretung der Grundschuld an die Bausparkasse vormundschaftsgerichtlich zu genehmigen.

Das AG erließ am 21.12.2001 einen Vorbescheid, nach welchem die Genehmigung der Vereinbarung vom 7./11.6.2001, der Eigentümererklärung und des Verzichts auf Rückgewähransprüche ggü. der bisherigen Gläubigerin der Grundschuld bezüglich des abgetretenen Teilbetrages erklärt wurde, wenn nicht binnen zwei Wochen Beschwerde eingelegt werde. Gegen den Vorbescheid legten die Betroffene und der Betreuer Rechtsmittel ein, welchen das AG nicht abhalf.

Das LG hat am 11.12.2002 die Beschwerde des Betreuers verworfen und die Beschwerde der Betroffenen zurückgewiesen.

Hiergegen wendet sich die Betroffene mit ihrer weiteren Beschwerde.

II. Das Rechtsmittel ist zulässig, §§ 21 Abs. 2, 27 FGG, und führt in der Sache zur Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses, soweit er die Beschwerdeführerin betrifft, und zur Zurückverweisung der Sache insoweit.

1. Zutreffend hat das LG die Erstbeschwerde als zulässig angesehen und in der Sache über den ergangenen Vorbescheid entschieden.

a) Im Verfahren der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung eines Rechtsgeschäftes ist ein Vorbescheid gesetzlich nicht vorgesehen. Jedoch ergibt sich die Befugnis des Rechtspflegers zum Erlass eines solchen Bescheids aus der Entscheidung des BVerfG vom 18.1.2000 (BverfG BVerfGE 101, 397 ff. = NJW 2000, 1709 [1711]). Der Rechtspfleger hat vor Erlass einer in den Anwendungsbereich der §§ 55, 62 FGG fallenden Verfügung diese durch einen beschwerdefähigen Vorbescheid anzukündigen, wenn erkennbar ist, dass die beabsichtigte Entscheidung Rechte Dritter berührt, denen sonst der Rechtsweg gegen die Entscheidung selbst – jedenfalls praktisch – versperrt wäre (vgl. BverfG BVerfGE 101, 397 ff. = NJW 2000, 1709 [1711]; BayObLG BayObLGZ 2002, 208 ff.).

b) Durch den Vorbescheid kündigt das Gericht in einem auf Grund vollständiger Ermittlungen entscheidungsreifen Verfahren an, es werde eine bestimmte Entscheidung erlassen, wenn gegen die Ankündigung nicht innerhalb einer bestimmten Frist Rechtsmittel eingelegt werde (BGHZ 20, 255 [257]; BayObLG v. 21.12.1993 – 1Z BR 49/93, BayObLGZ 1993, 389 [392]). Er ist seinem Wesen nach zwar keine die Instanz abschließende Entscheidung, sondern nur eine Zwischenverfügung, durch deren Erlass vor der abschließenden Klärung...

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