Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache

 

Verfahrensgang

AG Freising (Aktenzeichen 2 UR II 5/89)

LG München II (Aktenzeichen 6 T 1189/89)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der weiteren Rechtsbeschwerdeführerin gegen den Beschluß des Landgerichts München II vom 20. September 1989 wird verworfen.

II. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des Landgerichts München II vom 20. September 1989 mit Ausnahme der Nummer III (Geschäftswert) aufgehoben.

Die Sache wird zur mündlichen Verhandlung und erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 2 500 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Antragsteller und Antragsgegner gehören zu den Wohnungseigentümern einer Wohnanlage, die aus acht Einheiten besteht. Die Antragsteller sind seit dem 14.10.1987 als Eigentümer eines Miteigentumsanteils im Grundbuch eingetragen, der nach der Beschreibung im Bestandsverzeichnis des Grundbuchblatts „mit dem Sondereigentum an der Wohnung mit dem dazugehörigen Kelleranteil, im Aufteilungsplan mit Nr. 2 bezeichnet”, verbunden ist. Der Antragsgegner ist in gleicher Weise als Eigentümer der Wohnung Nr. 4 mit dem dazugehörigen Kelleranteil im Grundbuch eingetragen. Im Aufteilungsplan sind Wohnung und Keller Nr. 2 sowie Wohnung und Keller Nr. 4 jeweils in der gleichen Farbe ausgelegt.

Der Antragsgegner hat seit Begründung der Wohnungseigentümergemeinschaft den Keller Nr. 2 in Besitz. Er nimmt daran das Eigentum oder ein Nutzungsrecht in Anspruch. Das Landgericht München II hat mit Urteil vom 30.3.1988 die gegen die Antragsteller gerichtete Feststellungsklage des Antragsgegners, daß er Eigentümer des Kellerraums Nr. 2 sei, abgewiesen; das Oberlandesgericht hat die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung zurückgewiesen. Die Frage der Nutzung verschiedener Kellerräume durch die Mitglieder der Gemeinschaft und einer Änderung der Eigentumsverhältnisse daran war in den Jahren 1973 bis 1987 immer wieder Gegenstand der Eigentümerversammlungen.

Die Antragsteller verlangen vom Antragsgegner, den von ihm genutzten Kellerraum Nr. 2 zu räumen und besenrein an sie herauszugeben. Das Amtsgericht hat, nach Verweisung des Verfahrens durch das Streitgericht, dem Antrag mit Beschluß vom 22.6.1989 stattgegeben. Das Landgericht hat die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Antragsgegners mit Beschluß vom 20.9.1989 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich dessen sofortige weitere Beschwerde.

Die Mutter des Antragsgegners … die den Keller jedenfalls zeitweise genutzt hat, hat durch ihre Pflegerin gleichfalls weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts eingelegt.

II.

1. Das Rechtsmittel der weiteren Rechtsbeschwerdeführerin ist als unzulässig zu verwerfen. Sie ist nicht Wohnungseigentümerin, damit am Verfahren nicht beteiligt und nicht beschwerdeberechtigt. Ihr Rechtsmittel entspricht auch nicht den gesetzlichen Formvorschriften (§ 43 Abs. 1 WEG, § 29 Abs. 1 FGG).

2. Das zulässige Rechtsmittel des Antragsgegners führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Dieses hat das Gesetz dadurch verletzt, daß es nicht alle Wohnungseigentümer am Verfahren beteiligt hat (§ 43 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 WEG; § 27 Satz 2 FGG, §§ 550, 551 Nr. 5 ZPO). Das Landgericht hat zur Begründung dafür, daß es die Eigentümer der übrigen sechs Wohnungen nicht am Verfahren beteiligt hat, ausgeführt, der Verfahrensgegenstand betreffe erkennbar nur Antragsteller und Antragsgegner. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.

a) Nach § 43 Abs. 4 WEG sind grundsätzlich an allen Verfahren in Wohnungseigentumssachen (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 WEG) sämtliche Wohnungseigentümer materiell beteiligt. Wer materiell beteiligt ist, muß auch formell beteiligt, d. h. zum Verfahren zugezogen werden. Die Notwendigkeit der Beteiligung ergibt sich auch aus § 45 Abs. 2 Satz 2 WEG, wonach die Entscheidung für und gegen alle Wohnungseigentümer wirkt. Die Beteiligung ist außerdem ein Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs und der Sachaufklärung nach § 12 FGG (BayObLG WuM 1988, 191 und 1989, 37).

b) Einer der Fälle, in denen die Beteiligung aller Wohnungseigentümer nicht erforderlich ist, liegt hier entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht vor. Der Senat hat einen solchen Fall z. B. dann angenommen, wenn die Sondereigentümer eines Hauses über eine in Streit geratene Maßnahme beschlossen haben, die nur die Sondereigentümer dieses Hauses berührt (vgl. BayObLGZ 1961, 322/328; 1975, 177/180, 1983, 320/323), oder wenn es nur noch um die Kosten des Verfahrens geht (BayObLG Rpfleger 1976, 291). Darüber hinaus kann die Beteiligung aller Wohnungseigentümer dann entbehrlich sein, wenn vom Verfahrensgegenstand nur einzelne Wohnungseigentümer (eben Antragsteller und Antragsgegner) betroffen werden (vgl. Augustin WEG Rn. 104, Bärmann/Merle WEG 6. Aufl. Rn. 68, jeweils zu § 43). Der Senat ist davon bei typisch nachbar...

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