Leitsatz (amtlich)

1. Zur Anwendung deutschen Rechts und zur Berücksichtigung des Heimatrechts des Anzunehmenden bei der Adoption eines volljährigen Ausländers (hier: jugoslawischer Staatsangehöriger albanischer Volkszugehörigkeit aus der Provinz Kosovo) durch ein deutsches Ehepaar.

2. Das Bestehen freundschaftlicher Beziehungen und die Absicht, dem Anzunehmenden den Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland zu sichern, rechtfertigen die Adoption eines Erwachsenen nicht.

 

Normenkette

EGBGB Art. 14, 22, 23 Abs. 1; BGB §§ 1767, 1769; GG Art. 103 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Memmingen (Beschluss vom 16.02.1995; Aktenzeichen 4 T 1547/94)

AG Memmingen (Aktenzeichen XVI 19/93)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Memmingen vom 16. Februar 1995 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 5 000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten haben mit notariell beurkundeten Erklärungen vom 24.8.1993 beim Vormundschaftsgericht beantragt, die Annahme des 1974 geborenen Beteiligten zu 1 als gemeinschaftliches Kind des 1949 geborenen Beteiligten zu 2 und seiner 1941 geborenen Ehefrau, der Beteiligten zu 3, auszusprechen. Die Beteiligten zu 2 und 3 sind deutsche Staatsangehörige. Sie haben einen gemeinschaftlichen Sohn, der 1978 geboren ist und im elterlichen Haushalt lebt. Die Beteiligte zu 3 hat aus früheren Ehen drei volljährige Töchter, die nicht mehr bei ihr leben. Der anzunehmende Beteiligte zu 1 ist jugoslawischer Staatsangehöriger albanischer Volkszugehörigkeit aus der Provinz Kosovo, unverheiratet und kinderlos. Er hält sich seit 1992 in Deutschland auf, hat einen Asylantrag gestellt und ist in der Firma seines Bruders beschäftigt.

Das Vormundschaftsgericht hat die Beteiligten persönlich angehört und mit Beschluß vom 13.5.1994 den Adoptionsantrag zurückgewiesen. Die Beteiligten zu 2 und 3 haben Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat sie und den Sohn der Annehmenden durch den Berichterstatter persönlich angehört und weitere Ermittlungen durchgeführt. Mit Beschluß vom 16.2.1995 hat es die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des anwaltlich vertretenen Beteiligten zu 1, die nicht näher begründet worden ist.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die an keine Frist gebundene weitere Beschwerde ist statthaft und formgerecht eingelegt (§ 29 Abs. 1 Satz 2 FGG). Die Beschwerdeberechtigung des Beteiligten zu 1 ergibt sich aus der Zurückweisung seines Adoptionsantrags (§ 20 Abs. 1 und 2 FGG). Unerheblich ist, daß er selbst gegen den Beschluß des Vormundschaftsgerichts kein Rechtsmittel eingelegt hatte (vgl. BayObLGZ 1965, 140/141 und BayObLG FamRZ 1990, 563; Keidel/Kuntze FGG 13. Aufl. § 27 Rn. 10).

2. Das Landgericht hat seiner Begründung die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zu den Voraussetzungen einer Erwachsenenadoption vorangestellt und ausgeführt, aufgrund der mündlichen Anhörung der Beteiligten und den gemäß § 12 FGG durchgeführten Ermittlungen könne weder festgestellt werden, daß zwischen den Beteiligten bereits ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden sei noch daß ein solches Verhältnis künftig entstehen könne. Die Angaben des Beteiligten zu 1, wonach er seit Dezember 1992 im Haushalt der Annehmenden wohne, begegneten erheblichen Bedenken. Die Beteiligten zu 2 und 3 hätten im Beschwerdeverfahren nur noch erklärt, man habe sich an den Sonntagen regelmäßig getroffen und unterhalten. Eine gegenseitige wirtschaftliche Unterstützung zwischen dem Anzunehmenden und den Annehmenden habe bisher nicht stattgefunden. Von seiner Verurteilung wegen Sozialhilfebetrugs habe der Anzunehmende die Beteiligten zu 2 und 3 nicht in Kenntnis gesetzt. Auf geistig-seelischem Gebiet sei eine tiefere Annäherung der Beteiligten nicht festzustellen. Gemeinsame geistige Interessen seien nicht bekannt geworden. Zwischen den Beteiligten bestünden zwar durchaus freundschaftliche Beziehungen, in die auch der Sohn der Annehmenden einbezogen sei. Dies rechtfertige jedoch nicht die Annahme eines Eltern-Kind-Verhältnisses. Gegen ein solches spreche außerdem, daß der Anzunehmende sich von seinen leiblichen Eltern offensichtlich nicht in einer Weise gelöst habe, die auf ein engeres Verhältnis zu den künftigen Adoptiveltern schließen lasse. Er habe seine leiblichen Eltern bisher wirtschaftlich unterstützt und unterlasse dies derzeit nur deshalb, weil er mehrere Geldstrafen zu bezahlen habe. Aus den Wünschen und Vorstellungen, die die Beteiligten im Hinblick auf die beabsichtigte Adoption geäußert hätten, sei der ernsthaft auf die Schaffung eines Eltern-Kind-Verhältnisses gerichtete Wille nicht ersichtlich. Letztlich sei auch zu berücksichtigen, daß der Beteiligte zu 1, der gegen die Ablehnung seines Asylantrags das Verwaltungsgericht angerufen habe, durch die Adoption sein Verbleiben in der Bundesrepublik Deutschland sichern wolle.

Auch die künftige Entstehung einer Eltern-Kind-Beziehung sei nicht anzunehmen. Neben den bereits genan...

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