Leitsatz (amtlich)

Das Abstimmungsverhalten eines Wohnungseigentümers, der über eine Stimmenmehrheit verfügt, ist nicht rechtsmissbräuchlich, wenn für die Stimmabgabe nachvollziehbare und verständliche Gründe vorliegen.

 

Normenkette

WEG §§ 23, 25, 28

 

Verfahrensgang

LG Augsburg (Beschluss vom 02.06.2004; Aktenzeichen 7 T 3851/03)

AG Augsburg (Beschluss vom 28.07.2003; Aktenzeichen 3 UR II 181/01)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers werden der Beschluss des LG Augsburg vom 2.6.2004 - mit Ausnahme der Geschäftswertfestsetzung zu Ziff. IV - und der Beschluss des AG Augsburg vom 28.7.2003 aufgehoben.

II. Der in der Eigentümerversammlung vom 6.11.2001 zu Tagesordnungspunkt 2 (Genehmigung der Jahresabrechnungen 1996/1997; 1997/1998; 1998/1999 und 1999/2000) gefasste Beschluss wird für ungültig erklärt.

III. Die Antragsgegner tragen samtverbindlich die Gerichtskosten aller Rechtszüge. Außergerichtliche Kosten sind in keinem Rechtszug zu erstatten.

IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 6.700 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage, die nunmehr von dem weiteren Beteiligten zu 3) und früher von der Rechtsvorgängerin der weiteren Beteiligten zu 2) und der Beteiligten zu 1) verwaltet wurde. Die Wohnanlage besteht aus acht Wohneinheiten und drei Garagen. Der Antragsteller ist Eigentümer von fünf Wohnungen und zwei Garagen.

Die Gemeinschaftsordnung (GO) enthält u.a. folgende Regelungen:

In § 4:

2. Verteilungsschlüssel

Die Kosten und Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums und der Verwaltung der Eigentumswohnanlage tragen die Eigentümer im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile, soweit nicht nachfolgend etwas anderes bestimmt ist.

1. Für die Verbrauchserfassung und die Verteilung der Kosten der Heizung und der Warmwasserversorgung gelten die Bestimmungen der Verordnung über die verbrauchsabhängige Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten (HeizkostenV) vom 23.2.1981, BGBl. 1981 S. 261. Ergänzend dazu wird folgendes bestimmt:

Die Kosten der Heizung und der Warmwasserversorgung werden von den Eigentümern zur einen Hälfte nach der Wohn- und Nutzfläche des Sondereigentums, zur anderen Hälfte nach dem Verbrauch getragen. Der Verbrauch wird durch Wärme- und Warmwassermesser festgestellt, die von der mit der Abrechnung beauftragten Firma montiert, justiert und abgelesen werden. Den Beauftragten dieser Firma ist freier Zugang zu allen Wärme- und Warmwassermessern zu gestatten. Soweit vorstehend und in der HeizkostenV nichts geregelt ist, bestimmt der Verwalter den Abrechnungsmodus im Einvernehmen mit der beauftragten Firma, falls nicht die Wohnungseigentümerversammlung durch Mehrheitsbeschluss eine Regelung trifft.

2. Soweit im Übrigen Verbrauchskosten für jede Eigentumseinheit durch vorhandene Messvorrichtungen oder in anderer Weise einwandfrei festgestellt werden können, trägt jeder Eigentümer die für sein Sondereigentum anfallenden Kosten allein.

In § 5:

Jeder Eigentümer hat eine Stimme, und zwar für mehrere Einheiten je eine Stimme. Besitzt ein Eigentümer neben seiner Eigentumswohnung bzw. seinem Teileigentum noch ein Teileigentum an einer Garage oder einem Garagenstellplatz, so erhält er deswegen keine zusätzliche Stimme.

In der Eigentümerversammlung vom 16.1.1997, bei der die Eigentümer von sieben Wohnungen anwesend waren, wurde beschlossen, die anfallenden Müllabfuhrkosten ab der Abrechnung 1996/1997 nach Personen umzulegen.

Am 6.11.2001 fand eine Eigentümerversammlung statt. In der Einladung war unter Tagesordnungspunkt (TOP) 2 angekündigt:

Genehmigung der Abrechnungen 1996 bis 1999 mit Beschlussfassung.

Abgestimmt wurde dann über folgenden Antrag:

Die Jahresabrechnungen 96/97, 97/98, 98/99 und 99/2000 werden mit Feststellung der Einzelergebnisse von der Eigentümergemeinschaft beschlossen.

Für diesen Antrag stimmten zwei Eigentümer, dagegen stimmte der Antragsteller. Der Versammlungsleiter stellte fest, dass der Beschlussantrag damit angenommen sei.

Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 5.12.2001, bei Gericht eingegangen am selben Tag, beim AG beantragt, den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 6.11.2001 zu TOP 2 für ungültig zu erklären, hilfsweise festzustellen, dass der Beschluss nicht zustande gekommen sei, und den Verwalter zu verpflichten, das Sitzungsprotokoll zu berichtigen. Das AG hat mit Beschl. v. 28.7.2003 festgestellt, dass der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 6.11.2001 nicht zustande gekommen sei, und den Verwalter verpflichtet, das Sitzungsprotokoll entsprechend zu berichtigen. Gegen diesen Beschluss haben die Antragsgegner sofortige Beschwerde eingelegt. Der Antragsteller hat im Beschwerdeverfahren beantragt, die sofortige Beschwerde der Antragsgegner zurückzuweisen. Das LG hat mit Beschl. v. 2.6.2004 den Beschluss des AG aufgehoben und die Anträge des Antragstellers zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers. Der Antragsteller hat im...

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