Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuwiderhandlung gegen das Fahrpersonalgesetz (FPersG)

 

Verfahrensgang

AG München (Urteil vom 06.09.1979)

 

Tenor

I. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts München vom 6. September 1979 samt den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

II. Die Sache wird zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen.

 

Tatbestand

I.

Am 6.9.1979 verhängte das Amtsgericht München gegen den Betroffenen wegen zweier rechtlich zusammentreffender jeweils vorsätzlich begangener Ordnungswidrigkeiten der Überschreitung der zulässigen täglichen Lenkzeiten und der unterlassenen Einhaltung der vorgeschriebenen Tagesruhezeiten gemäß Art. 6, 7 des Europäischen Übereinkommens vom 1. Juli 1970 über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR), § 7 b Abs. 1 Nr. 1 b, c FPersG eine Geldbuße von 4.800,– DM.

Nach den Feststellungen des Ersturteils ist der Betroffene der verantwortliche Geschäftsführer der Firma … Internationale LKW-Verkehre in …. In der Zeit vom 1.3.1978 bis 31.7.1978 überschritten die zwölf Fahrer des Unternehmens bei Textiltransporten mit den zehn Sattelzügen der Firma nach …, und … in zahlreichen Fällen die höchstzulässigen Lenkzeiten und hielten die vorgeschriebenen Tagesruhezeiten nicht ein. Der Betroffene hatte in Kenntnis der sich ständig wiederholenden Zuwiderhandlungen gegen die Sozialbestimmungen des Fahrpersonalgesetzes i.V.m. dem AETR keine ernsthaften Abhilfemaßnahmen getroffen.

Mit seiner Rechtsbeschwerde rügt er die Verletzung materiellen Rechts.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Das zulässige Rechtsmittel ist begründet, da die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts keine ausreichende Grundlage für den Schuldspruch darstellen. Im Urteil sind lediglich unter Nennung des Fahrers und des Datums der Fahrt, die Schicht- Lenk- und Tagesruhezeiten angeführt. Feststellungen zu der wesentlichen Frage, ob und gegebenenfalls bei welchen Transporten im Geltungsbereich des Ordnungswidrigkeitengesetzes gegen die Lenk- und Tagesruhezeiten verstoßen wurde, läßt die amtsgerichtliche Entscheidung jedoch vermissen.

2. Die Überschreitung der zulässigen täglichen Lenkzeit oder die Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Tagesruhezeit kann in der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Westberlin nur geahndet werden, wenn in diesem Gebiet gegen die entsprechenden Bestimmungen verstoßen worden ist. Hier gilt nach § 5 OWiG ohne Rücksicht auf die Nationalität des Täters das Territorialitätsprinzip. Das bedeutet, daß Ordnungswidrigkeiten nur dann geahndet werden können, wenn sie im räumlichen Geltungsbereich des Ordnungswidrigkeitengesetzes oder außerhalb auf einem Schiff oder Luftfahrzeug – nicht aber auf einem Landfahrzeug – begangen werden. Der hier in Betracht kommende § 7 b FPersG bestimmt nun, daß ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig als Unternehmer oder als Mitglied des Fahrpersonals gegen eine Vorschrift des AETR verstößt. Diese Regelung bedeutet aber keine Abkehr vom Territorialitätsprinzip in der Weise, daß in der Bundesrepublik ein Verstoß, der nur im Gebiet eines anderen Vertragsstaates des AETR begangen wird, geahndet werden könnte. In den Bemerkungen zu Art. 14 AETR wird zwar hervorgehoben, es sei wünschenswert, daß jede Vertragspartei geeignete Maßnahmen treffe, um Verstöße gegen das Übereinkommen ahnden zu können und zwar nicht nur, wenn sie in ihrem eigenen Hoheitsgebiet begangen werden, sondern auch, wenn sie im Hoheitsgebiet eines anderen Vertragsstaates während der Fahrt mit einem Fahrzeug im internationalen Straßenverkehr begangen werden, das sie zugelassen hat (BGBl. 1974 II S. 1473, 1495; Hein/Eichhoff/Pukall/Krien Anm. 2 zu § 7 a und Anm. 2 zu § 7 FPersG). Eine diese Möglichkeit eröffnende gesetzliche Regelung ist in der Bundesrepublik Deutschland bisher nicht getroffen worden. So können Verstöße gegen die Sozialvorschriften des AETR – wie im übrigen auch der VO (EWG) 543/69 –, die ausschließlich außerhalb der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Westberlin begangen werden, zwar in den Vertragsstaaten, nicht aber hier geahndet werden.

Die Anwendung der Bußgeldvorschrift des § 7 b FPersG setzt somit voraus, daß sowohl die vom Unternehmer wie auch die vom Fahrer begangenen Verstöße gegen die Lenkzeiten oder Tagesruhezeiten im territorialen Geltungsbereich des Ordnungswidrigkeitengesetzes erfolgt sind. Der Verstoß ist in diesem Bereich begangen, wenn im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Westberlin nach Überschreitung der Lenkzeit oder unter Nichteinhaltung der Ruhezeit gefahren wird. Bei Fahrten, die aus dem Ausland in das Territorium der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Westberlin führen, sind die vor der Einreise absolvierten Fahrzeiten mitzurechnen. Dies gilt unabhängig davon, ob diese Zeiten ganz oder zum Teil in der Bundesrepublik (wiederholte Grenzüberschreitungen), im EWG-Bereich, im Gebiet der Vertragsstaaten des AETR oder sonstiger Staaten gefahren werden....

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