Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Auslegung einer Teilungserklärung

 

Verfahrensgang

LG Traunstein (Entscheidung vom 09.04.1999; Aktenzeichen 4 T 1231/97)

AG Mühldorf a. Inn (Entscheidung vom 12.03.1997; Aktenzeichen 1 UR II 16/96)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landgerichts Traunstein vom 9. April 1999 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegnerin hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 60.000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage.

In der Teilungserklärung vom 30.10.1984 ist das Sondereigentum des Antragstellers als „im Kellergeschoß gelegenes Restaurant samt Weinstube und Kellerräumen” beschrieben und das Sondereigentum der Antragsgegnerin als „im I. Obergeschoß gelegene Café-Konditorei, samt Backstuben, Laden im Erdgeschoß, Personalräumen im II. Obergeschoß und Dachgeschoß sowie Kellerräumen”.

Der Antragsteller betrieb in seinem Teileigentum bis zum Eintritt eines Wasserschadens im Jahr 1995 ein China-Restaurant. Die Antragsgegnerin betreibt in ihrem Teileigentum seit 1996 ein China-Restaurant.

Der Antragsteller hat beantragt, der Antragsgegnerin den Betrieb eines China-Restaurants in ihrem Teileigentum zu untersagen und für den Fall der Zuwiderhandlung Ordnungsmittel anzudrohen. Das Amtsgericht hat den Antrag am 12.3.1997 abgewiesen. Das Landgericht hat ihm durch Beschluß vom 9.4.1999 stattgegeben und der Antragsgegnerin zur Umstellung des Betriebs eine Frist von sechs Monaten eingeräumt. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Die Bezeichnung der Räume des Antragstellers im Keller als Restaurant und die der Antragsgegnerin im ersten Obergeschoß als Café hätten den Sinn, die Nutzungen verbindlich voneinander abzugrenzen; direkt konkurrierende gastronomische Betriebe sollten verhindert werden. Unerheblich für das Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungs- und Teileigentümer untereinander sei der Inhalt der öffentlich-rechtlichen Gewerbeanmeldung. Auch wenn derzeit in den Kellerräumen kein China-Restaurant betrieben werde, könne dies nach der Wiederherstellung der Räume nach dem eingetretenen Wasserschaden nicht ausgeschlossen werden.

Der Unterlassungsanspruch des Antragstellers sei nicht verwirkt. Der Antragsteller habe der Anzeige an ihn vom Jahr 1996, daß im Obergeschoß ein China-Restaurant betrieben werden solle, sofort widersprochen. Es müsse nicht entschieden werden, ob ein Unterlassungsanspruch in bezug auf den Betrieb eines italienischen Speiserestaurants in den Räumen im ersten Obergeschoß verwirkt wäre. Ein Vertrauensschutz gehe nur dahin, daß bei gleichbleibenden Umständen die bisherige Nutzung fortgesetzt werden könne; eine Änderung des Betriebs könne zu einer Veränderung der Umstände führen. Die Umstände hätten sich dadurch geändert, daß im Obergeschoß jetzt ein China-Restaurant betrieben werde.

Die Erklärung des Antragstellers im Gerichtstermin vom 28.4.1998, daß er aus der Umwandlung eines italienischen Restaurants in ein China-Restaurant keine rechtlichen Schritte ableiten würde, sei als einseitige Einwilligung jedenfalls in zulässiger Weise widerrufen worden.

Eine Änderung der in der Teilungserklärung vorgeschriebenen Nutzung bedürfe einer Vereinbarung. Der Eigentümerbeschluß vom 16.3.1998, durch den sich die Wohnungseigentümer mehrheitlich mit einer Nutzung des Teileigentums der Antragsgegnerin als China-Restaurant einverstanden erklärt haben, habe nicht zur Erledigung der Sache geführt, weil der Beschluß angefochten worden sei.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Die Auslegung der Teilungserklärung durch das Landgericht ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

(1) Die Bezeichnung eines Teileigentums in der Teilungserklärung als Restaurant oder als Café-Konditorei stellt eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter im Sinn des § 10 Abs. 1 Satz 2, § 15 Abs. 1 WEG dar. Zulässig ist grundsätzlich aber auch eine andere Nutzung, als sie sich aufgrund dieser Zweckbestimmung ergibt, sofern sie nicht mehr stört oder beeinträchtigt als eine der Zweckbestimmung entsprechende Nutzung. Wird ein Raum nach diesen Grundsätzen von einem Wohnungs- oder Teileigentümer zweckbestimmungswidrig genutzt, kann ein anderer Wohnungseigentümer Unterlassung gemäß § 1004 Abs. 1 BGB, § 15 Abs. 3 WEG verlangen (allgemeine Meinung und ständige Rechtsprechung des Senats, z.B. BayObLG WuM 1993, 490; WE 1998, 398).

Die Auslegung einer Zweckbestimmung in der Teilungserklärung kann das Rechtsbeschwerdegericht ohne Bindung an die Auslegung des Landgerichts vornehmen. Bei der Auslegung ist auf Wortlaut und Sinn abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Leser als nächstliegende Bedeutung ergibt; ohne Bedeutung ist damit, was der Verfasser der Teilungserklä...

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