Entscheidungsstichwort (Thema)
Heizkosten. Nachforderung. Abschlagszahlung. Angemessenheit. Übergangsfrist. Aufforderung zur Kostensenkung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Nachforderung von Heizkosten begründet einen zusätzlichen Bedarf in dem Monat, in dem die Forderung fällig wird. Sie ist nicht auf den Zeitraum aufzuteilen, in dem sie entstanden ist.
2. Ob die Heizkosten angemessen sind, ist unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls zu bestimmen. Pauschalierte Durchschnittswerte sind als Maßstab ungeeignet.
3. Der Grundsicherungsträger muss unangemessen hohe Heizkosten übernehmen, wenn in einer Zusammenschau von Heizkosten und (günstigen) Unterkunftskosten die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in der Summe angemessen sind.
4. Will der Grundsicherungsträger statt der tatsächlichen nur die angemessenen Heizkosten übernehmen, muss er den Leistungsberechtigten darüber informieren, dass dessen Aufwendungen unangemessen hoch sind, und ihn zur Senkung der Kosten auffordern. Die sechsmonatige Übergangsfrist nach § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II gilt für Heizkosten entsprechend.
Normenkette
SGB II § 7 Abs. 1, § 22 Abs. 1; SGB X § 44
Tenor
I. Das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 06.09.2007 sowie die Bescheide der Beklagten vom 12.04.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.04.2006 und der Bescheid vom 28.04.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.05.2006 werden aufgehoben. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 23.03.2006 verurteilt, an den Kläger für die Zeit vom 08.09.2005 bis zum 31.07.2006 1.295,11 EUR als weitere Stromkosten zu zahlen.
II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers für beide Rechtszüge.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme einer Heizkostennachzahlung in Höhe von 370,00 EUR streitig sowie die Übernahme der angemessenen Heizkosten im Zeitraum vom 15.03.2006 bis 31.07.2006.
Der Kläger bezog von der Beklagten vom 15.06.2005 bis zum 31.01.2007 laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II), ergänzend zu dem von ihm bezogenen Arbeitslosengeld nach dem Sozialgesetzbuch, Drittes Buch (SGB III).
Der Kläger, der seit dem 15.11.2005 unter Betreuung steht, wohnte vom 01.09.2005 bis zum 31.01.2007 in einer 53 qm großen Wohnung in B-Stadt, A.-Straße 33. Die Kaltmiete für diese Wohnung und die kalten Nebenkosten beliefen sich auf monatlich insgesamt 217,48 EUR. Laut Mietvertrag war die Wohnung weder mit einer Heizungsanlage noch mit Einzelöfen ausgestattet. Die Wohnung wurde vom Kläger mittels elektrischer Heizstrahler bzw. -lüfter geheizt. Die Warmwasserzubereitung erfolgte durch einen Elektroboiler, der Küchenherd wurde mit Erdgas betrieben. Aus der Mietbestätigung des Vermieters sowie aus dem Mietvertrag vom 12.07.2005 ergab sich, dass die Mietsache nicht mit Wärme für die Raumbeheizung und Warmwasser versorgt wurde.
Am 02.12.2005 stellte der Kläger einen Weitergewährungsantrag auf Fortzahlung der Leistungen nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 14.12.2005 bewilligte die Beklagte Leistungen für die Zeit vom 01.02.2006 bis 31.07.2006 in Höhe von 168,48 EUR. Auf diesen Bescheid hin beantragte der Betreuer des Klägers eine Neuberechnung der Leistungen nach dem SGB II, da der Kläger eine monatliche Miete in Höhe von 217,48 EUR zu zahlen habe, der Warmwasserboiler in der Wohnung mit Strom betrieben werde und die Wohnung mit vier Heizstrahlern beheizt werde. Das Energieunternehmen verlange alle zwei Monate eine Abschlagszahlung in Höhe von 201,00 EUR. Darin enthalten sei auch die Abschlagszahlung für Erdgas zum Betrieb des Gasherdes.
Die Beklagte gewährte mit Bescheid vom 24.01.2006 Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.08.2005 bis zum 31.01.2006.
Am 25.01.2006 teilte die Beklagte dem Betreuer des Klägers mit, dass die Heizart des Klägers (vier Heizstrahler) unwirtschaftlich und unrentabel erscheine. Er möge sich mit dem Vermieter des Klägers in Verbindung setzen, ob es möglich sei Einzelöfen in der Wohnung zu installieren. Laut Betriebskostenspiegel würde die Beklagte lediglich die angemessenen Heizkosten, pro Quadratmeter Wohnfläche einen Betrag von 0,82 EUR, übernehmen. Es errechne sich somit ein angemessener Betrag von monatlich 43,46 EUR (0,82 EUR x 53 qm). Diese Heizkosten würden rückwirkend ab dem 01.09.2005 gewährt. Die Abschlagszahlungen an den Energieversorger seien vom Kläger selbst zu übernehmen.
Mit Bescheid vom 23.03.2006 gewährte die Beklagte Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.02.2006 bis zum 31.07.2006 in Höhe von monatlich 226,12 EUR. Sie berücksichtigte hierbei die anerkannten monatlichen Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 275,12 EUR, da sie nunmehr die Kosten für den Kabelanschluss des Klägers in Höhe von monatlich 14,18 EUR mit übernahm. Die Höhe der Kosten der Unterkunft errechnete die Beklagte aus der Grundmiete von 149,48 EUR zuzüglich der aufgrund des angewandten Betriebs...