Entscheidungsstichwort (Thema)

Angelegenheiten der Bundesagentur für Arbeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Kläger muss sich an den Vereinbarungen eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs im Hinblick auf Arbeitsentgeltansprüche festhalten lassen, wenn es keine Anhaltspunkte für dessen Unwirksamkeit gibt.

2. Eine Abfindung nach §§ 9, 10 KSchG iVm § 3 Nr 9 EStG ist nicht insolvenzgeldfähig, wenn es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass diese Arbeitsentgeltansprüche abgelten soll.

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 02.02.2009 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Bewilligung von Insolvenzgeld.

Der Kläger ist deutscher Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Polen. Er war seit dem 01.05.2004 als Schaler bei der Firma C-Stadt-B. beschäftigt.

In seinem Antrag auf Insolvenzgeld gab der Kläger an, das Arbeitsverhältnis durch eigene Kündigung zum 29.07.2004 beendet zu haben. Für die Monate Juni und Juli würde noch ein Bruttoarbeitsentgelt von 1.242,06 € bzw 2.244,51 € ausstehen. Die Nichtzahlung sei mit Zahlungsunfähigkeit begründet worden. Wegen des Arbeitsentgelts sei beim C. Klage erhoben worden (Az ).

Im Rahmen des Rechtsstreits vor dem C. machte der Kläger eine Forderung von 3.486,57 € brutto (Junilohn 1.242,06 €, Julilohn 1.775,07 €, Urlaubsgeld 469,44 €) abzüglich eines bereits gewährten Vorschusses in Höhe von 850 € geltend. Im Rahmen dieses Rechtsstreites schloss der Kläger mit seinem ehemaligen Arbeitgeber folgenden außergerichtlichen Vergleich:

"1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen mit dem Ablauf des 05.06.2004 sein Ende gefunden hat.

2. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis bis zum Beendigungszeitpunkt ordnungsgemäß abgerechnet und abgewickelt worden ist.

3. Der Beklagte zahlt an den Kläger für den Verlust des Arbeitsplatzes gemäß §§ 9,10 KSchG, § 3 EStG eine Abfindung in Höhe von 1.186,50 € netto.

... [Zahlungsmodalitäten]

4. Die Parteien sind sich darüber einig, dass mit diesem Vergleich sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis gegeneinander abgegolten sind. Die Parteien sind sich einig, dass der Kläger seinen kompletten Urlaub eingebracht und genommen hat.

5 ... [Kosten]"

Das Zustandekommen des Vergleichs wurde mit Beschluss des Arbeitsgerichts C-Stadt vom 01.03.2005 festgestellt.

Die Beklagte lehnte den Insolvenzgeldantrag mit Bescheid vom 27.05.2008 ab. Es fehle ein Insolvenzereignis iSv § 183 Abs 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 04.09.2008 zurückgewiesen.

Der Kläger hat dagegen beim Sozialgericht Nürnberg (SG) Klage erhoben. Diese hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 02.02.2009 abgewiesen. Ein Insolvenzereignis nach § 183 Satz 1 Nr 1 und 2 SGB III liege mangels Insolvenzantrages nicht vor. Auch ein Insolvenzereignis nach § 183 Satz 1 Nr 3 SGB III sei nicht gegeben, da der Arbeitgeber die Lohnzahlungen nicht unter Hinweis auf seine Zahlungsunfähigkeit abgelehnt habe und auch sonst keine Anhaltspunkte für eine Zahlungsunfähigkeit vorliegen würde. Eine diesbezügliche Ungewissheit gehe zulasten des Klägers.

Dagegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Beim Arbeitgeber habe Zahlungsunfähigkeit vorgelegen. Die Zahlungsaufforderungen seien erfolglos geblieben, ebenso wie die von einigen Arbeitnehmern unternommenen Vollstreckungsversuche. Die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung sei nur durch den Umzug des Arbeitgebers verhindert worden. Es gebe auch keine Anzeichen für eine Fortführung des Unternehmens. Der Arbeitgeber sei selbst nur als Subunternehmer für eine andere Firma tätig gewesen, die ihrerseits die Zahlungen eingestellt habe.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 02.02.2009 aufzuheben, sowie den Bescheid der Beklagten vom 27.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.09.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger das Insolvenzgeld antragsgemäß zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Gericht hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass nach dem Vergleich beim Arbeitsgericht nur noch eine Abfindung geschuldet werde, die aber nicht insolvenzgeldfähig sein dürfte.

Mit Beschluss vom 25.05.2011 wurde die Berufung auf den Berichterstatter übertragen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten, des Arbeitsgerichtes C-Stadt und der Gerichtsakten der ersten und zweiten Instanz Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerechte Berufung, §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG), über die gemäß § 153 Abs 5 SGG nach Übertragung durch den Berichterstatter mit den ehrenamtlichen Richtern entschieden werde konnte, ist zulässig, in der Sache aber unbegründet.

Das Gericht konnte trotz Ausbleibens des Klägers im Termin zur mündlichen Verhan...

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