nicht rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG München (Entscheidung vom 12.11.2003; Aktenzeichen S 29 VJ 3/01)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 20.07.2005; Aktenzeichen B 9a/9 VJ 2/04 R)

BSG (Aktenzeichen B 9 VJ 2/04 R)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 12.11.2003 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger im Zusammenhang mit vier 1997/98 stattgefundenen Sechsfachimpfungen Versorgung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zusteht.

Der 1997 geborene Kläger wurde am 06.05., 01.07. und 02.09.1997 sowie am 05.03.1998 von dem Kinderarzt Dr. von W. mit einem Sechsfachimpfstoff gegen Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten, Haemophilus influenzae b (Hib), Kinderlähmung und Hepatitis B geimpft. Mit Einverständnis der Eltern des Klägers verwendete Dr. von W. im Rahmen einer vom Hersteller finanzierten Verträglichkeitsstudie einen von der Fa. Pasteur Mèrieux entwickelten Sechsfachimpfstoff. Dieser befand sich zum Zeitpunkt der Impfungen des Klägers in der Erprobungsphase und war noch nicht zugelassen. Die Zulassung erfolgte für die gesamte Europäische Union zum 26.10.2000 durch die Europäische Kommission.

Ende April 1998 trat nach Angaben der Eltern beim Kläger ein erster generalisierter Krampfanfall auf. In der Folgezeit manifestierten sich ein Anfallsleiden sowie ein massiver Entwicklungsrückstand.

Am 19.05.2000 stellten die Eltern des Klägers für diesen beim Beklagten einen Antrag auf Gewährung von Versorgung nach dem Bundesseuchengesetz. Sie vertraten die Auffassung, die beim Kläger bestehende "geistige Behinderung mit Entwicklungsrückstand und Epilepsie" sei eine Folge der Sechsfachimpfungen.

Der Beklagte zog den den Kläger betreffenden Impf- und Mutterpass sowie die Krankenunterlagen über die Geburt des Klägers bei und holte einen Leistungsauszug der AOK sowie einen Bericht des Gesundheitsamtes F. (Dr.H.) vom 01.03.2001 über eine eventuelle Gesundheitsstörung nach den mit dem Sechsfachimpfstoff durchgeführten Impfungen ein. Bei der Anhörung durch Dr.H. gab die Mutter des Klägers an, nach allen vier Kombinationsimpfungen mit dem Sechsfachimpfstoff seien jeweils für mehrere Tage Unruhezustände und ausgeprägtes Schreien aufgetreten; sieben Wochen nach der letzten Sechsfachimpfung habe sich der erste große epileptische Krampfanfall ereignet.

Mit Bescheid vom 19.03.2001 lehnte der Beklagte den Antrag auf Versorgung nach dem IfSG ab, weil unter den Schutz des IfSG nur Impfschäden auf Grund zugelassener Impfstoffe fielen.

Den Widerspruch des Klägers, mit dem vorgetragen wurde, die Zulassung des verwendeten Sechsfachimpfstoffs sei im November 2000 erfolgt, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.06.2001 zurück: in den Impfempfehlungen des zuständigen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit sei stets - zuletzt mit Bekanntmachung vom 22.11.1999 - darauf hingewiesen worden, dass für Schutzimpfungen grundsätzlich nur Impfstoffe verwendet werden dürften, die vom Paul-Ehrlich-Insitut oder von der Kommission der Europäischen Gemeinschaft zugelassen seien. Bei dem verwendeten Kombinationsimpfstoff sei dies zum Zeitpunkt der Impfung nicht der Fall gewesen, weshalb ein Leistungsanspruch nach dem IfSG nicht bestehe.

Dagegen hat der Kläger beim Sozialgericht München Klage erhoben und beantragt, ihm wegen Impfschadensfolgen Versorgung nach dem IfSG zu gewähren: Bei den Krankheiten, gegen die der Kläger mit dem noch in der Erprobungsphase befindlichen Kombinationsimpfstoff geimpft worden sei, handle es sich unstreitig um Erkrankungen, für die eine öffentliche Empfehlung zur Schutzimpfung bestehe. Unbestritten sei weiterhin, dass der verwendete Kombinationsimpfstoff später - im November 2000 - zugelassen worden sei. Es würde dem Schutzzweck des IfSG entgegen stehen, wollte man hier, wie es der Beklagte getan habe, jegliche Ansprüche bereits wegen Fehlens einer öffentlichen Impfempfehlung ablehnen. Dass ein Impfstoff erprobt würde, sei unabdingbare Voraussetzung für dessen Zulassung; wegen des öffentlichen Interesses an einer möglichst hohen Durchimpfungsrate der Bevölkerung müsse auch die Erprobungsphase, zumindest ab dem Zeitpunkt, ab dem die Zulassung absehbar sei, vom Schutzzweck des IfSG umfasst sein. Es dürfe nicht auf den lediglich formalen Akt der Zulassung abgestellt werden.

Das Sozialgericht hat die den Kläger betreffende Impfschadensakte des Beklagten sowie die einschlägigen Bekanntmachungen des Bayer. Staatsministeriums des Inneren bzw. des Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit über öffentlich empfohlene Schutzimpfungen vom 24.09.1990, 10.03.1998 und 22.11.1999 und eine Kopie der von den Eltern des Klägers und dem Impfarzt Dr.von W. unterzeichneten "Patienten(Eltern) Information und Einverständniserklärung" über ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge