Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachweis von rumänischen Beschäftigungszeiten durch Arbeitgeberbescheinigung

 

Orientierungssatz

Zum Nachweis von in Rumänien zurückgelegten Versicherungszeiten durch eine vom rumänischen Arbeitgeber ausgestellte Bescheinigung (Adeverintas), die über sämtliche Arten von Unterbrechungen Aufschluß gibt.

 

Tatbestand

Streitig ist, in welchem Umfang Versicherungszeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) anrechenbar sind.

Der 1927 geborene - inzwischen verstorbene - Kläger ist am 30.08.1991 von Rumänien in die Bundesrepublik Deutschland übergesiedelt; er war Inhaber des Vertriebenenausweises A. Auf seinen Antrag vom 19.09.1991 gewährte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 04.03.1993 ab 30.08.1991 Altersruhegeld. Dabei berücksichtigte sie die in Rumänien zurückgelegten Versicherungszeiten gekürzt auf 5/6. Grundlage für die Anerkennung der rumänischen Versicherungszeiten bildeten die Eintragungen im Arbeitsbuch sowie eine Bescheinigung des Industriebau- und Montagebetriebs B. (K.) vom 17.07.1991. Im Arbeitsbuch sind keine Angaben über Fehlzeiten wie z.B. Krankheit, unbezahlten Urlaub usw. enthalten. Die Arbeitsbescheinigung enthält den Zusatz, daß der Kläger "keine unbezahlten Urlaube, keine unentschuldigten Abwesenheiten bzw. keine verlängerten Krankenurlaube" hatte. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein und begehrte unter Vorlage zweier Bescheinigungen die ungekürzte Anrechnung der Beschäftigungszeiten vom 01.11.1950 bis 01.08.1987. In der Bescheinigung der Handelsgesellschaft AG K. vom 20.07.1993 ist bestätigt, daß der Kläger während der im Zeitraum vom 01.11.1950 bis 01.05.1962 angegebenen Zeiten keinen Krankenurlaub gehabt habe. Er sei 1953 einen Tag unentschuldigt sowie in den Jahren 1957 und 1960 je einen Tag und 1959 zwei Tage entschuldigt abwesend gewesen. Diese Daten seien aus der im Archiv lagernden Personalakte entnommen. Die Bescheinigung sei dem Kläger auf Ansuchen ausgestellt worden. Die Bescheinigung der Handelsgesellschaft AG K. vom 19.07.1993 enthält nur den allgemeinen Zusatz, daß der Kläger in der Zeit der Beschäftigung vom 01.05.1962 bis 01.08.1987 keinen unbezahlten Urlaub gehabt habe und weder entschuldigt noch unentschuldigt abwesend gewesen sei oder längeren Krankenurlaub gehabt habe. Mit Bescheid vom 06.12.1993 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Gemäß § 19 des in der Fassung ab dem 01.07.1990 geltenden FRG würden nur nachgewiesene Zeiten voll angerechnet. Bei lediglich glaubhaft gemachten Zeiten könne eine Anrechnung nur zu 5/6 erfolgen. Nach dem Dekret vom 30.07.1959 gälten in Rumänien als Arbeitszeiten u.a. auch Zeiten der Arbeitsbefreiung zum Besuch einer Schule zwecks beruflicher oder politischer Fortbildung, Zeiten zeitweiliger Arbeitsunfähigkeit mit Krankengeldbezug und Zeiten, in denen Rente bezogen werde. Aus diesen Gründen habe für den Arbeitgeber weder ein Bedürfnis noch eine gesetzliche Verpflichtung bestanden, Zeiten der Arbeitsverhinderung infolge Arbeitsunfähigkeit oder sonstiger Gründe vollständig und zeitnah zu dokumentieren. Aufzeichnungen über Zeiten der Arbeitsunfähigkeit und andere Unterbrechungstatbestände seien daher in Rumänien entweder nicht oder nur unvollständig geführt worden. Unter diesen Voraussetzungen könne auch nicht davon ausgegangen werden, daß neuere Bescheinigungen der Arbeitgeber, wonach ein Arbeitnehmer keinerlei Krankheitszeiten oder sonstige Arbeitsunterbrechungen gehabt habe, aufgrund lückenlos vorhandener Aufzeichnungen erfolgt seien. Die hiergegen am 14.01.1994 beim Sozialgericht (SG) Speyer erhobene Klage wurde von diesem Gericht durch Beschluß vom 21.02.1994 zuständigkeitshalber an das SG Nürnberg verwiesen. Zur Begründung der Klage machte der Kläger im wesentlichen geltend, aus dem von der Beklagten zitierten Dekret könne nicht hergeleitet werden, daß für den Arbeitgeber weder Verpflichtung noch Anlaß zur Aufzeichnung der Fehlzeiten bestanden habe. Wegen der Gleichstellung dieser Zeiten mit echten Beschäftigungszeiten bestehe lediglich für den rumänischen Rentenversicherungsträger kein Anlaß, solche Fehlzeiten bei Arbeitgebern gesondert zu erfragen. Die Arbeitgeber selbst seien jedoch verpflichtet, alle die Arbeitslohnzahlung betreffenden Sachverhalte zu dokumentieren. Die entsprechenden Aufzeichnungen erfolgten in den Lohnlisten, die landesweit einheitlich gestaltet seien, alle möglichen Unterbrechungstatbestände enthielten und einer unbefristeten Aufbewahrungsfrist unterlägen (Dekret und Anhang dazu). Bescheinigungen, die aufgrund dieser Lohnzahlungslisten der Betriebe ausgestellt würden und Angaben zu Lohnunterbrechungen enthielten, seien daher als Nachweis geeignet und auch von vielen Rentenversicherungsträgern in Widerspruchs- und Klageverfahren bereits anerkannt worden. Ergänzend werde darauf hingewiesen, daß die Bescheinigung vom 17.07.1991 von einem zum Ministerium für Maschinenbau gehörenden Unternehmen ausgestellt worden sei, wie sich auch aus der Kopfzeile der Urkunde ergebe. Es handele sich somit um eine...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge