Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht. mitarbeitender Gesellschafter einer GmbH. Beratungsvertrag. Rechtsmacht. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Abgrenzung

 

Leitsatz (amtlich)

Gesellschafter, die ihnen nicht genehme Beschlüsse der Gesellschafterversammlung aufgrund ihrer gesellschaftlichen Stellung verhindern können, können trotzdem in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur Gesellschaft stehen, wenn sie nicht gleichzeitig Geschäftsführer sind.

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 11. Dezember 2013 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 21. Mai 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2012 abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, wobei die Beigeladenen ihre Kosten selbst tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Der Streitwert wird für beide Instanzen festgesetzt auf jeweils 5.000,00 Euro.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Beigeladene zu 1 bei seiner Tätigkeit für die Klägerin, die er in der Zeit vom 01.05.2011 bis einschließlich 26.06.2012 mittels eines Beratervertrages ausübte, wegen abhängiger Beschäftigung versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung, Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung war.

Die Klägerin wurde durch notariellen Vertrag vom 20.01.2011 gegründet und am 12.04.2011 in das Handelsregister eingetragen. Das Stammkapital der Klägerin beläuft sich auf 25.000,00 Euro. Am Stammkapital waren zunächst die vier Gründungsmitglieder und Gesellschafter (C.), (L.), (Cz.) und der Beigeladene zu 1 jeweils mit 25 v. H. beteiligt. Nach § 6 Abs. 5 der Satzung der Klägerin können Gesellschafterbeschlüsse nur einstimmig gefasst werden. Zum alleinigen Geschäftsführer wurde Cz. berufen.

Die Klägerin und der Beigeladene zu 1 schlossen am 01.05.2011 einen "Beratungsvertrag", der im Einzelnen folgende Bestimmungen enthielt:

* Der Beigeladene zu 1 erhält den Auftrag, die Klägerin zu beraten bei "Marketing/Vertrieb für die Internet-Plattform xy.de (früherer Name der Klägerin) (Nr. 1).

* Ort und Zeit der Leistungserbringung werden im Einzelnen einvernehmlich vereinbart. In der Regel habe der Beigeladene zu 1 seine Leistung außerhalb der Geschäftsräume des Arbeitgebers zu erbringen und für die erforderliche Arbeitsausstattung selbst Sorge zu tragen. Der Beigeladene zu 1 verpflichte sich, sein gesamtes Knowhow einzusetzen (Nr. 2).

* Der Beigeladene zu 1 erhalte für die erbrachte Leistung eine monatliche Pauschale in Höhe von 2.500,00 Euro zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer. Diese Beratungsvergütung werde jeweils zum Monatsende nach entsprechender Rechnungstellung durch den Beigeladenen zu 1 fällig. Darüber hinaus erhalte der Beigeladene zu 1 den Ersatz von Fahrtkosten bei entsprechendem Nachweis per Beleg (Nr. 3).

* Der Vertrag gelte unbefristet und sei für beide Parteien mit einer Frist von 14 Tagen zum Monatsende jeweils kündbar, wobei das Recht zur außerordentlichen Kündigung unberührt bleibe (Nr. 5).

* Die Klägerin habe dafür Sorge zu tragen, dass der Beigeladene zu 1 alle für die Ausführung seiner Tätigkeit notwendigen Unterlagen rechtzeitig erhalte und Informationen rechtzeitig erhalte, insbesondere solche, die erst während der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 bekannt werden. Auf Verlangen des Beigeladenen zu 1 habe die Klägerin die Richtigkeit und Vollständigkeit der Unterlagen und Informationen schriftlich zu bestätigen (Nr. 6).

* Der Beigeladene zu 1 unterliege einer Schweigepflicht und dürfe die ihm bekannt gewordenen Daten im Rahmen seiner Tätigkeit nur mit ausdrücklicher schriftlicher Zustimmung der Klägerin weitergeben (Nr. 7).

* Der Beigeladene zu 1 unterliege einem Wettbewerbsverbot (Nr. 8).

* Der Beigeladene zu 1 habe die ihm übergebenen Unterlagen aufzubewahren und nach Ende seiner Tätigkeit zurückzugeben (Nr. 9).

Durch Vertrag vom 13.12.2011 erwarb Herr (P.) Gesellschaftsanteile von insgesamt 3 v. H. Dabei erhielt P. von dem Beigeladenen zu 1, C. und L., jeweils 1 % der Stammanteile an der Gesellschaft. Cz. behielt weiterhin 25 v. H.

Am 28.03.2012 wurde Antrag auf Statusfeststellung bezüglich der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 bei der Beklagten gestellt. Aufgrund weiterer Änderungen der Gesellschaftsanteile wegen erneuten Anteilskäufen durch P. belief sich der Anteil des Beigeladenen zu 1 am Stammkapital nach dem Registerauszug vom 17.04.2012 zu diesem Zeitpunkt nur noch auf 5.000,00 Euro, also 20 %. Der Beigeladene zu 1 sei aufgrund seines Know-How jedoch von Anfang an Kopf und Seele der Klägerin gewesen und habe in Zusammenschau mit seinem gesellschaftsrechtlich abgesicherten Vetorecht in § 6 Abs. 5 der Satzung der Klägerin, mit dem er ihm nicht genehme Gesellschafterbeschlüsse habe verhindern können, eine einem Selbständigen vergleichbare Stellung innegehabt.

Mit Bescheiden vom 21.05.2012 stellte die Beklagte fest, dass die Beratungstätigkeit für die Klägerin in einem abhängigen Beschäftigungs...

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