Entscheidungsstichwort (Thema)

Rentenversicherungspflicht. selbstständig Tätiger. Projekttätigkeit im IT-Bereich. regelmäßig wiederkehrendes Auftragsverhältnis. Dauerhaftigkeit der Tätigkeit. Beurteilungszeitraum

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Frage der Rentenversicherungspflicht eines Selbständigen, der auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig ist, § 2 S 1 Nr 9 Buchst b Halbs 1 SGB VI.

2. Die Beurteilung der Frage der Dauerhaftigkeit erfolgt prognostisch. Sie ist zu bejahen, wenn ein Projektvertrag für die Dauer eines Jahres geschlossen wird mit einer vertraglich vereinbarten Verlängerung um jeweils weitere sechs Monate, sofern nicht eine Vertragspartei zum Vertragsende kündigt. Sie ist auch dann zu bejahen, wenn bei Abschluss eines Rahmenvertrages gleichzeitig ein erster Projekteinzelvertrag mit nur einem voraussichtlichen Endzeitpunkt vereinbart wird.

3. Zur Frage welcher Zeitraum zur Beurteilung der selbständigen Tätigkeit auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber herangezogen wird.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 28.11.2017; Aktenzeichen B 5 RE 3/16 R)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten hin wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 17.10.2013 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 07.06.2011 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 14.11.2011 in der Fassung der Bescheide vom 20.05.2015, 28.05.2015 und 16.06.2015 abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten beider Instanzen sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Im Streit steht, ob der Kläger und Berufungsbeklagter (im Folgenden: Kläger) in der Zeit vom 01.01.2009 bis 14.10.2012 der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung als Selbständiger unterlag und insoweit Beiträge zu entrichten waren.

Der 1971 geborene Kläger führte die Firma " A. it - projektmanagement".

Auf Veranlassung der DRV Bayern Süd, welche eine Betriebsprüfung beim Kläger durchgeführt hatte, prüfte die Beklagte und Berufungsklägerin (im Folgenden: Beklagte), ob Versicherungspflicht in der Rentenversicherung nach § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI bestand.

Der Beklagten wurden folgende Unterlagen vorgelegt:

- Servicevertrag zwischen der A. G. AG (Auftraggeber) und dem Kläger aus dem Dezember 2008

Der Vertrag beschreibt u.a. den Vertragsgegenstand und Leistungsumfang mit Unterstützung bei Entwicklung, Durchführung und Organisation der G. und legt als Leistungsort die Geschäftsräume des Auftraggebers fest. Weiter wird ein Tagessatz von 600 Euro zzgl. MwSt pro Personentag vereinbart, wobei ein Personentag 8 Arbeitsstunden beinhaltet. Die Vertragsdauer wird dahingehend geregelt, dass das Vertragsverhältnis am 01.01.2009 beginnt und am 31.12.2009 endet. Es verlängert sich jeweils um 6 Monate (Vertragsterm), wenn es nicht von einer Partei mit einer Frist von 2 Wochen zum jeweiligen Vertragsende schriftlich gekündigt wird. Das Dienstleistungsvolumen wird im ersten Vertragsjahr mit einem Ressourcenbedarf von 1 Personentag pro Werktag (= Mo - Fr) bestimmt. Der Auftragnehmer verpflichtet sich mindestens einen Mitarbeiter pro Werktag für jeweils mindestens 8 Arbeitsstunden bereitzuhalten; der Abruf der Leistung erfolgt nach gesonderter Leistungsbeschreibung.

- Jahreskonten der Buchhaltung des Klägers

In den Jahren 2006 bis 2008 rechnete der Kläger mit den Firmen G. GmbH und M. in 2006, mit B. GmbH in 2007 und 2008 ab. Im Jahr 2009 wurden insgesamt drei Rechnungen anderer Firmen (09.01., 06.02. und 07.07.2009) als der A. AG abgerechnet mit einem Betrag von insgesamt 22.000 Euro. Gegenüber der A. wurden insgesamt 133.800 Euro abgerechnet, der Gesamtumsatz betrug 2009 155.800 Euro.

- Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht

Dort gab der Kläger an, er sei seit 27.04.2001 selbständig tätig. Er biete ausschließlich EDV-Beratung an. Die in einzelne Projekte aufgeteilten Aufträge hätten u.a. den Umzug von Rechenzentren, Aufbau neuer EDV-Infrastruktur, Migration auf ein neues Betriebssystem bzw. in eine neue Software zum Inhalt. Arbeitnehmer beschäftige er nicht. Er habe eigenes Kapital für Anlagevermögen, Fortbildung, Zertifizierung, etc. aufgewendet. Eine Übersicht über die Betriebseinnahmen/-ausgaben für 2009 und 01 - 11/2010 wurde vorgelegt.

- Nachweis über weitere Auftraggeber

Danach war der Kläger vom 18.07.2005 bis 30.06.2006 für die G. GmbH bei 4-maliger Vertragsverlängerung, vom 17.07.2006 bis 15.09.2006 nochmals für die G. GmbH, vom 02.10.2006 bis 31.12.2006 für die M. GmbH und vom 22.01.2007 bis 31.12.2008 für die B. GmbH bei 3-maliger Vertragsverlängerung tätig. Die (Rahmen-/Einzel-)Verträge waren beigefügt.

Mit Schreiben vom 08.03.2011 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie die Tätigkeit ab Januar 2009 als selbständige Tätigkeit für nur einen Auftraggeber werte und bat um Mitteilung zum Einkommen zwecks Beitragsfestsetzung. Eine Äußerung hierzu erfolgte nicht.

Mit Bescheid vom 07.06.2011 stellte die Beklagte für die Zeit vom 27.04.2001 bis 31.08.2008 fest, dass keine Versicherungspflicht nach § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI in der gese...

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