nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich. Erwerbsminderungsrente

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei der Kürzung von Renten und Anwartschaften handelt es sich um eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG.

2. Wegen möglicher verfassungswidriger Auswirkungen des Versorgungsausgleichs hat der Gesetzgeber das VAHRG erlassen, das als abschließend anzusehen ist.

3. Von einer Kürzung nach § 5 Abs. 1 VAHRG kann nicht abgesehen werden, wenn die geschiedene Ehefrau keinen Unterhaltsanspruch gegen den Versicherten hat. Denn nach § 5 Abs. 1 VAHRG wird die Versorgung des Verpflichteten nicht auf Grund des Versorgungsausgleichs gekürzt, solange der Berechtigte aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht keine Rente erhalten kann und er gegen den Verpflichteten einen Anspruch auf Unterhalt hat oder nur deshalb nicht hat, weil der Verpflichtete zur Unterhaltsleistung wegen der auf dem Versorgungsausgleich beruhenden Kürzung seiner Versorgung außerstande ist.

4. Unterhaltspflichtig im Sinne von § 5 VAHRG ist nur der kraft Gesetzes zum Unterhalt Verpflichtete. Eine vertragliche Unterhaltsleistung kann daher nicht berücksichtigt werden.

 

Normenkette

SGB VI §§ 43, 76; VAHRG § 5; BGB § 1586a Abs. 1 S. 2, § 1573 Abs. 2, § 1570

 

Verfahrensgang

SG Augsburg (Entscheidung vom 30.10.2002; Aktenzeichen S 13 RA 423/01)

 

Nachgehend

BSG (Aktenzeichen B 4 RA 29/05 B)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 30. Oktober 2002 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Tatbestand:

Der 1942 geborene Kläger schloss am 15.05.1970 die Ehe mit der 1949 geborenen A. S. (Ehefrau). Aus der Ehe sind die Kinder S. (geb.: 970) und A. (geb.: 1977) hervorgegangen. Mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts A. vom 27.06.1991 wurde die Ehe geschieden. Im Wege des Versorgungsausgleichs wurden vom Versicherungskonto des Klägers Rentenanwartschaften in Höhe von 484,65 DM, bezogen auf den 30.06.1990, auf das Versicherungskonto der Ehefrau übertragen. Am 19.07.1996 ging die Ehefrau eine weitere Ehe ein. Ihr zweiter Ehemann ist am 31.05.2000 verstorben.

Seit 01.03.2000 bezieht der Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (Bescheid vom 09.06.2000). Bei der Berechnung des monatlichen Zahlbetrages nahm die Beklagte für den durchgeführten Versorgungsausgleich einen Abschlag in Höhe von 14,3398 Entgeltpunkten vor.

Im März 2001 beantragte der Kläger, ihm diese Rente ohne Abschlag zu zahlen. Er habe seiner Ehefrau aufgrund einer Unterhaltsvereinbarung vom 29.06.1991 ab Juli 1991 monatlich 1487,50 DM Unterhalt geleistet. Dieser vertragliche Unterhaltsanspruch sei wegen der Wiederverheiratung im Juli 1996 zum 31.12.1995 erloschen. Da das Einkommen seiner früheren Ehefrau nach dem Tod ihres zweiten Ehemannes aber nicht ausreiche, ihren Unterhaltsbedarf zu decken, habe er sich aufgrund der über 20-jährigen Ehe in einer Vereinbarung vom 29.12.2000 verpflichtet, ihr ab 01.01.2001 monatlich 350,00 DM Unterhalt zu zahlen, bis sie selbst Rente beziehe.

Die Beklagte lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 31.07.2001). Die Rente sei nicht wegen einer Unterhaltsverpflichtung gegenüber der früheren Ehefrau gem. §§ 5, 9 VAHRG ohne Kürzung zu zahlen. Ihr Unterhaltsanspruch sei gemäß § 1586 BGB durch Wiederheirat entfallen. Der dagegen erhobene Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 23.10.2001). Die Beklagte führte insbesondere aus, der bis zum 31.12.1995 bestehende Unterhaltsanspruch sei nicht nach § 1586a BGB wieder aufgelebt, da die Kinder aus erster Ehe bereits erwachsen seien und für die Zeit der zweiten Ehe und danach keiner Pflege oder Erziehung bedurft hätten.

Zur Begründung der dagegen am 14.11.2001 zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhobenen Klage hat der Kläger im Wesentlichen vorgetragen, § 5 VAHRG sei analog anzuwenden. Es liege ein Billigkeitstatbestand gemäß § 1586 BGB vor, denn er unterstütze seine beiden Töchter finanziell und zahle seiner geschiedenen Frau monatlich 350,00 DM Unterhalt. Außerdem müsse er eine doppelte Kürzung seiner Rente hinnehmen, denn er könne durch den früheren Rentenbeginn die Kürzung der Anwartschaft im Versorgungsausgleich nicht mehr durch Beitragsnachentrichtung ausgleichen. Seine geschiedene Ehefrau habe frühestens 2012 einen eigenen Rentenanspruch. Bis zu diesem Zeitpunkt werde somit seine Rente gekürzt, ohne dass seine Ehefrau davon Vorteile habe.

Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 30.10.2002). Es hat zur Begründung unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ausgeführt, bei der Kürzung von Renten und Anwartschaften handele es sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) um eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Wegen möglicher verfassungswidriger Auswirkungen des Versorgungsausgleichs habe der Gesetzgeber das Gesetz zur Reg...

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