Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 8. November 2006 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat dem Kläger auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Das Berufungsverfahren betrifft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Streitig ist, ob und inwieweit der Kläger für den Zeitraum September und Oktober 2006 Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung hat.

Seit 01.08.1990 lebt der 51-jährige, alleinstehende Kläger in einer 66,45 qm großen Mietwohnung (3 Zimmer, Küche, Baujahr 1923) in A. ; diese steht im Eigentum der gemeinnützigen Wohnungsbau mit Gartenstadt e.G. A. . Die Grundmiete (ohne Betriebskosten) belief sich im Zeitraum Mai bis Oktober 2006 auf monatlich 210,41 Euro, die Betriebskosten ("kalte" Nebenkosten) auf monatlich 64,74 Euro, die Kosten für Heizung/Gas auf monatlich 68,00 Euro brutto (56,66 Euro nach Abzug des Warmwasseranteils von einem Sechstel) sowie die Stromkosten für die Gasthermenheizung (die auch Warmwasser erzeugt) auf monatlich 16,65 Euro, nach Abzug des Warmwasseranteils 14,92 Euro. Der Kläger bringt vor, er habe aus eigener Tasche 40.000 DM in die Wohnung investiert.

Der Kläger, dessen Gesundheitszustand es zulässt, dass er unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig ist, bezieht seit 01.01.2005 von der Beklagten Arbeitslosengeld (Alg) II. Im streitgegenständlichen Zeitraum verfügte er weder über relevantes Einkommen noch Vermögen.

Im Bewilligungsbescheid vom 23.01.2006 findet sich der Passus, die Kosten der vom Kläger bewohnten Wohnung würden die Höchstgrenzen der Angemessenheit im Sinn von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II übersteigen. Die tatsächliche Miete werde deshalb nur so lange anerkannt, als es nicht möglich oder zumutbar sei, diese auf eine angemessene Höhe zu senken. Zur Senkung auf eine angemessene Höhe, und zwar auf maximal 335,64 Euro pro Monat inclusive Betriebs- und Heizkosten, werde eine Frist bis zum 31.07.2006 eingeräumt. Nach Ablauf dieser Frist erfolge eine Kürzung der Gesamtmiete auf den genannten Höchstbetrag. Die gleiche Information war dem Bescheid nochmals als Anlage 1 beigefügt. Anlage 2 des Bescheids war ein vorgefertigtes Dokument, mit dem sich der Kläger äußern sollte, ob er seine Unterkunfts- und Heizkosten zu senken gedenke. Der Kläger schickte die Anlage 2 jedoch nicht zurück. Statt dessen protestierte sein Prozessbevollmächtigter gegen das Ansinnen der Beklagten. Die Beklagte reagierte darauf mit Bescheid vom 16.02.2006, mit dem sie eine Frist zur Senkung der Kosten für Unterkunft und Heizung (auf 335,64 Euro Gesamtmiete pro Monat) bis 31.08.2006 setzte; nach deren Ablauf erfolge eine Kürzung des Unterkunftsbedarfs auf den genannten Höchstbetrag.

Gegen den Bescheid vom 16.02.2006 legte der Kläger mit Schreiben vom 15.03.2006 Widerspruch ein. Er trug vor, der Bescheid der Beklagten sei hinsichtlich der "Höhe der Angemessenheit" nicht hinreichend bestimmt. Über den Widerspruch wurde nicht entschieden.

Mit Bescheid vom 07.04.2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen für den Zeitraum 01.05. bis 31.10.2006. Für die Monate Mai bis einschließlich August sprach sie monatlich 691,57 Euro zu, für die beiden folgenden Monate jeweils 680,64 Euro. Zur Begründung teilte sie mit, die mit Bescheiden vom 23.01.2006 und 16.02.2006 eingeräumte Frist zur Senkung der Unterkunftskosten auf die angemessene Höhe laufe zum 31.08.2006 aus. Deshalb werde die "Grundmiete" ab September 2006 auf die angemessene Höchstgrenze von 335,64 Euro monatlich gesenkt. Mit Schreiben vom 02.05.2006 legte der Kläger gegen den Bescheid vom 07.04.2006 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.08.2006 als unbegründet zurückwies. Für den Folgezeitraum vom 01.11.2006 bis 30.04.2007 bewilligte sie mit Bescheid vom 11.09.2006 Leistungen in Höhe von monatlich 680,64 Euro; auch hier hatte sie die von ihr als angemessen erachteten Kosten für Unterkunft und Heizung herangezogen. Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 20.09.2006 Widerspruch ein.

Klage erhoben zum Sozialgericht Augsburg hat der Kläger am 21.09.2006, mit der er für die Monate September und Oktober 2006 Leistungen für Unterkunft und Heizung auf der Basis der tatsächlichen Kosten begehrt hat. Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 08.11.2006 die Beklagte verurteilt, für den Zeitraum September 2006 bis April 2007 Leistungen für Unterkunft und Heizung auf der Basis der tatsächlichen Kosten zu gewähren. Es ist davon ausgegangen, der Bescheid vom 11.09.2006 sei nach § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Zwar habe die Beklagte die Grenze der Angemessenheit zutreffend festgesetzt. Auch sei diese in der Lage darzulegen, dass entsprechende Wohnungen tatsächlich verfügbar gewesen seien. Die monatlichen Kosten für Heizung würden sich auf 76,33 Euro be...

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