Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütung vertragsärztlicher Leistungen. einstweiliger Rechtsschutz bei Kürzung der Abschlagszahlung auf die Gesamtvergütung. Bereinigung der Regelleistungsvolumina im Bereich der hausarztzentrierten Versorgung. Änderung des gesamtvertraglich festgesetzten Behandlungsbedarfs nur durch eine andere gesamtvertragliche Regelung. Unzulässigkeit der Delegation der Vertragspartnerkompetenz durch eine qualifizierte Gemeinschaft auf einen Dritten

 

Leitsatz (amtlich)

Einstweiliger Rechtsschutz bei Kürzung der Abschlagszahlung auf die Gesamtvergütung durch die Krankenkasse gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung im Vorgriff auf die gem § 73b Abs 7 SGB 5 durchzuführende Bereinigung eines Selektivvertrages.

 

Orientierungssatz

1. Sowohl aus § 73b Abs 7 S 2 SGB 5 als auch aus dem konkretisierenden "Beschluss des Bewertungsausschusses nach § 87 Abs 1 S 1 SGB 5 (168. Sitzung) zur Ermittlung des zu bereinigenden Behandlungsbedarfes je Versicherten gem § 87a Abs 3 S 2 SGB 5 iVm § 87c Abs 4 SGB 5 bei Beitritt eines Versicherten zu einem Vertrag gemäß §§ 73b, 73c und 140d SGB V" (gültig bis zum 31.12.2009) ergibt sich eindeutig, dass eine Änderung des nach §§ 87a Abs 3 S 2, 87c Abs 4 SGB 5 gesamtvertraglich festgesetzten Behandlungsbedarfs allein durch eine andere gesamtvertragliche Regelung statthaft ist, welche einvernehmlich zu vereinbaren oder im Falle der Nichteinigung durch das Landesschiedsamt festzusetzen ist.

2. Eine Delegation der Vertragspartnerkompetenz durch eine qualifizierte Gemeinschaft auf einen Dritten (hier des Bayerischen Hausärzteverbandes auf die Hausärztliche Vertragsgemeinschaft eG), einen Vertrag über die hausarztzentrierte Versorgung im eigenen Namen zu schließen und zu erfüllen, ist nicht zulässig.

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird unter Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts München vom 29. Mai 2009 die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, an die Antragstellerin unverzüglich von dem einbehaltenen Teil der Abschlagszahlung auf die Gesamtvergütung für den Monat April 2009 (in Höhe von 40 Millionen Euro) einen Betrag von 25 Millionen Euro (in Worten: fünfundzwanzig Millionen) zu bezahlen.

Der weitergehende Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgewiesen.

Im Übrigen wird die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückgewiesen.

Die Kosten des Antrags- und Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin zu 4/5 und die Antragstellerin zu 1/5. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die durch Beschluss des Sozialgerichts München vom 29. Mai 2009 ausgesprochene einstweilige Anordnung gegenüber der AOK Bayern (Antragsgegnerin), den einbehaltenen Teil der Abschlagszahlung auf die Gesamtvergütung auf den Monat April 2009 von 40 Millionen Euro sofort und in voller Höhe an die Kassenärztliche Vereinigung Bayern (Antragstellerin) auszubezahlen.

Die Antragsgegnerin hat als gesetzliche Krankenkasse an die Antragstellerin für das Jahr 2009 mit befreiender Wirkung eine sog. morbiditätsbedingte Gesamtvergütung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung zu leisten, deren Höhe in einem Gesamtvertrag zu vereinbaren ist (§§ 87 a Abs. 3, 87 c Abs. 4 SGB V). Die "Vereinbarung zwischen der AOK Bayern u.a. und der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns über die Vergütung und Honorierung vertragsärztlicher Leistungen im Jahre 2009 gemäß § 82 Abs.2 Satz 1, 87, 87 a, 87 b, 87 c SGB V" (i.f. "Honorargesamtvertrag 2009" - HGV09) war, da der Gesamtvertrag nicht einvernehmlich abgeschlossen werden konnte, im Dezember 2008 durch das Landesschiedsamt gem. § 89 SGB V bestimmt worden. Der gegen diese Festsetzung durch die Antragstellerin erhobenen Klage kommt aufschiebende Wirkung nicht zu.

Die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung ist nach den vertraglichen Bestimmungen quartalsbezogen abzurechnen (Abschnitt 1 Teil E Ziff. 2 HGV09). Abschnitt 1 Teil E Ziff. 1 HGV09 verpflichtet darüber hinaus die Antragsgegnerin, an jedem fünften Bankwerktag des Monats für den Vormonat Abschlagszahlungen in Höhe von 30 % der auf das Quartal entfallenden vorläufigen morbiditätsbedingten Gesamtvergütung und der Gesamtvergütung nach Einzelleistungen zu bezahlen. Im Übrigen - Restzahlung 10 % - erfolgt am Quartalsende eine Endabrechnung der vorläufigen Quartalsgesamtvergütung unter Beachtung berücksichtigungsfähiger zwischenzeitlicher Veränderungen, wie z.B. der Versichertenzahlen (Abschnitt 1 Teil E Ziffer 2 HGV09).

In Abschnitt 1 Teil A Ziff. 8 HGV09 ist bestimmt, dass eine im Hinblick auf Selektivverträge erforderliche Bereinigung der MGV gemäß den Verfahrensrichtlinien des Bewertungsausschusses zu erfolgen hat.

Die auf die Monate April, Mai und Juni 2009 zu leistenden Abschlagszahlungen belaufen sich danach unstreitig auf EUR 158.615.400,00 EUR (vorläufiger Rechnungsbrief vom 20.03.2009). Die Antragsgegnerin leistete zum Fälligkeitstermin 08. Mai 2005 lediglich eine Abschlagszahlung für April 2...

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