Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattungsforderung an Sozialhilfeträger wegen Kosten für Pflegeheim. Rechtsgrundlage. Wohn- und Dienstleistungsvertrag. Vergütungsvereinbarung. Kostenübernahmebescheid. Schuldbeitritt. sachliche Zuständigkeit. Verweisung

 

Leitsatz (amtlich)

Gegen einen Verweisungsbeschluss nach § 17a Abs 2 Satz 1 GVG ist die Beschwerde zum LSG statthaft. Gegen die (Rechtsweg-)Entscheidung des LSG steht den Beteiligten die Beschwerde an das BSG zu, wenn diese im Beschluss des LSG zugelassen worden ist.

Hat die Forderung des Trägers einer Alten- und Pflegeeinrichtung ihre Grundlage nicht im SGB XII, sondern im mit dem Leistungsberechtigten geschlossenen Wohn- und Dienstleistungsvertrag, handelt es sich um eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit.

Die Vergütungsvereinbarung nach §§ 75 ff SGB XII kann nicht als Rechtsgrundlage der Forderung des Trägers der Alten- und Pflegeeinrichtung fungieren. Denn die Vereinbarung begründet keine eigenen Ansprüche oder Rechtspositionen des Trägers als Leistungserbringer gegen den Hilfeempfänger oder den Sozialhilfeträger.

Der Träger der Alten- und Pflegeeinrichtung kann auch nicht direkt aus dem Kostenübernahmebescheid auf Zahlung klagen; denn dieser hat keine so weitgehende Drittwirkung, dass er direkt aus sich selbst einen öffentlich-rechtlichen Zahlungsanspruch gegen den Sozialhilfeträger gibt. Er hat nur insoweit Drittwirkung, als er dessen Schuldbeitritt zur Zahlungsverpflichtung aus dem Wohn- und Dienstleistungsvertrag bewirkt. Der Schuldbeitritt macht den mithaftenden Dritten zum Pflichtigen dieser privatrechtlichen Beziehung.

Eine Verweisung wegen Unzuständigkeit setzt nicht voraus, dass zuvor die nach dem Verfahrensgegenstand notwendigen Beiladungen vorgenommen werden (BSG vom 25.02.1999, B 1 SF 9/98 S juris Leitsatz 2).

Die sachliche Zuständigkeit ist von Amts wegen zwingend zu beachtende Prozessvoraussetzung und kann nicht von den Beteiligten bestimmt werden.

 

Normenkette

SGB XII § 35 Abs. 2, § 61; SGG § 51 Abs. 1 Nr. 6a, § 59; GVG § 17a Abs. 2 S. 1, Abs. 4 S. 3, § 13

 

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 29. August 2012 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.765,80 € festgesetzt.

IV. Die weitere Beschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

In der Hauptsache (Verfahren beim Sozialgericht Bayreuth - SG - mit dem Az. S 4 SO 137/11) begehrt die Klägerin vom Beklagten wegen des Aufenthalts des Herrn C. (W), geb. 1937, in der klägerischen Einrichtung für die Zeit vom 01.11.2007 bis zum 30.11.2009 die Zahlung von 11.531,60 € zuzüglich Zinsen. Vorliegend geht es um die Beschwerde gegen den Beschluss des SG betreffend die Verweisung dieses Verfahrens an das Landgericht Bayreuth.

Die Klägerin ist Trägerin einer Alten- und Pflegeeinrichtung. Sie begehrt vom Beklagten als Sozialhilfeträger die Erstattung ihrer Aufwendungen in Höhe von 11.531,60 € für die Pflege des W in der Zeit vom 01.11.2007 bis zum 30.11.2009. Die Klägerin nahm W am 01.11.2007 in ihre Einrichtung auf und schloss mit ihm einen Wohn- und Dienstleistungsvertrag vom 12.12.2007. Mit Schreiben vom 05.12.2007 und vom 12.12.2007 teilte die Klägerin dem Beklagten die Aufnahme und die Höhe der Leistungen der Pflegekasse mit. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des W blieben zunächst ungeklärt.

Mit an W adressiertem Bescheid vom 29.09.2009 übernahm der Beklagte für die Zeit ab 05.02.2009 anlässlich der Unterbringung des W die "im p.s.R. A-Stadt, A-Straße, A-Stadt nach dem SGB XII erforderlich gewordenen Leistungen in der für die Sozialhilfe maßgebenden Sätzen: -Sonstige Hilfe zum Lebensunterhalt als Barbetrag zur persönlichen Verfügung -Hilfe zur Pflege". Mit Schreiben vom 19.12.2011 beantragte die Klägerin die Überprüfung dieses Bescheides nach § 44 SGB X in Verbindung mit § 18 SGB XII. Der Beklagte habe am 05.12.2007 die Mitteilung über den Bewohnereinzug und per 12.12.2007 die Kostenbeteiligungsmitteilung der Pflegekasse vom 08.11.2007 erhalten. Den Antrag lehnte der Beklagte mit an die Betreuerin des W adressiertem Bescheid vom 05.12.2011 ab. Die vor der Mitteilung des Heimes erforderliche überschlägige Bedürftigkeitsprüfung sei nicht durchgeführt worden. Mit Schreiben vom selben Tag teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass diese keinen rechtswirksamen Antrag nach § 44 SGB X stellen könne, so dass eine Bescheiderteilung auf den Antrag vom 11.07.2011 entbehrlich sei.

Die Klägerin erhob am 15.12.2011 Klage zum SG und führte aus, das Recht der Berufsausübungsfreiheit sei verletzt, wenn ihre Leistungen durch den Sozialhilfeträger nicht erfüllt würden. Es bestehe ein Bruttoanspruch des Einrichtungsträgers gegenüber dem Sozialhilfeträger ohne Anrechnung des vom Leistungsberechtigten zu erbringenden Eigenanteils in eigenem Namen.

Mit Beschluss vom 29. August 2012 hat sich das Sozialgericht Bayreuth nach Anhörung der Beteiligten, die übereinstimmend die Zuständigkeit des SG bejaht...

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